Erneuter Stress bei den Strezzkidz? 2023 geriet das Hardtekk-Label aus Magdeburg in die Kritik, nachdem mehrere Künstler sich mit offen rechtsextremen Symbolen auf ihren sozialen Netzwerken zeigten. Jetzt gründet das Label eine Newcomer-Agency für junge Nachwuchstalente.
Dass Deutschland und auch andere europäische Länder einen politischen Rechtsruck über die letzten Jahre erfahren haben, ist keine Neuheit. Dass dieser vor allen Dingen in den Gebieten der ehemaligen DDR Anklang findet, lässt sich etwa anhand der Wahlergebnisse der AfD feststellen. Eine naheliegende Frage, vor der man nicht die Augen verschließen sollte, ist, inwieweit auch die als tolerant und weltoffen geltende Techno-Szene offen für derartige politische Gesinnungen ist. Immer mehr junge Menschen lassen sich von rechtspopulistischen und nationalistischen Ideen und Konzepten überzeugen und mobilisieren. Auch in der Techno-Szene?
Eine andere Mobilisierung plant das Magdeburger Label Strezzkidz: 20 Jahre nach seiner Gründung und „hunderten von ausverkauften Veranstaltungen, mit vielen der bekanntesten Acts & DJs und der geilsten Partycrowd überhaupt“ wolle man in „ein neues Kapitel“ der eigenen Geschichte starten. Dazu hat das Label eine Newcomer-Agency ins Leben gerufen, die engagierte und talentierte Newcomer fördern möchte. Das Label ist durch seine Hardtekk-Sounds (auch East-Tekk genannt) bekannt, ein Genre, das besonders im Osten Deutschlands beliebt und dort auch entstanden ist.
Die Problematik dahinter: 2023 stand das Label in der Kritik, da mehrere der dort beheimateten Acts sich mit rechtsextremen Symboliken auf ihren sozialen Netzwerken zeigten. Zahni etwa, der beliebteste Act des Labels, postete ein Foto mit Reichssbürger-Sticker, Haimkind zeigte sich mit Badehose in Reichsfarben, Hunnel sogar noch radikaler mit „I Love HTLR“-Sticker und Hakenkreuz. Da bekommt der Aufruf zu einem neuen „Kapitel in unserer Geschichte“ und der „Zukunft der Szene“ direkt einen vermeintlich ganz anderen Zusammenhang.
Auf der Gegenseite muss man dazu sagen, dass in dem Aufruf explizit steht, dass es bei Strezzkidz „nicht um Politik“, sondern die Musik gehe. Zur Bewerbung für NEWFACEZZ BOOKING, sei es egal, ob man männlich oder weiblich sei, welche Hautfarbe man besitze oder woher man komme. Trotz der negativen medialen Berichterstattung feiert das Label regelmäßig Veranstaltungen, etwa letzten Samstag im Alten Ziehwerk Delitzsch. Dort spielte auch Unicorn on K, ein spanischer DJ, der zuletzt aufgrund des Spielens einer Hardcore-Version von „L’Amour Toujours“ in den Fokus geriet, weil während seiner Gigs in mindestens zwei Locations mehrere Besucher die bekannten Schlachtrufe „Ausländer raus“ skandierten.
Hier der originale Post:
Trotz der Erklärung des Labels bleibt also ein bitterer Beigeschmack, der die Frage aufwirft, wie locker in der Szene mit rechtsextremen Gesinnungen umgegangen wird und inwiefern diese auch in der Techno-Szene inzwischen sogar salonfähig sein könnten. Auch bleibt die Frage offen, inwiefern Labels sich von Künstlern und deren politischen Meinungen distanzieren können, in dem sie sich auf die Musik als Sprachmittel neben den Privatpersonen dahinter fokussieren. Übergreifend steht dahinter die Frage, inwiefern Musik überhaupt von der Person und dem Künstler, die diese produziert oder spielt, losgelöst gesehen werden kann. Inwiefern können Privatperson und Künstler auseinandergehalten werden, auch wenn die Privatperson womöglich rechtsextreme Gesinnungen hat und damit dem eigentlich seit den 90er-Jahren propagierten Usus der Techno-Szene, einer toleranten, offenen Gemeinschaft, widerstrebt?
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