Unsere Berlin-Korrespondentin über ein Jahr in Berlin

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Guten Tag da draußen, während ich hier sitze und meinen Berlin-Bericht für euch tippe, stelle ich etwas sentimental fest, dass sich mittlerweile mein erstes, vollständiges Berliner Jahr dem Ende entgegen neigt. Ein Jahr zwischen beißender Schnelligkeit, Fragen und dem Erleben von Glück. Ein Jahr Berlin, ein Jahr voller neuer Eindrücke und Erfahrungen, ein Jahr unterwegs in den Welten der elektronischen Musik. Ein Jahr, gefüllt mit Nächten, die einem unendlich erscheinen, als hielte in ihnen die Welt kurz an, um die leuchtenden Augen der tanzenden Menschenkinder zu betrachten. Ein Jahr voller lustiger Nächte im Sisyphos, Humboldthain, im Chalet, beim Versteken, in der Arena, auf Festivals oder bei Freunden daheim. Ein Jahr mit Tagen, die, mit einem Blick vom Waterfloor auf die glitzernd, reflektierten Sonnenstrahlen der Spree, begannen. Ein Jahr mit neuen Menschen, die mein Leben, auf die eine oder andere Art beeinflusst haben. In den Berliner Nachtwelten begegnen einem die unterschiedlichsten Menschen. Menschen, die ihren Anzug für eine Nacht an den Nagel des Clubs hängen, um dann am Montag wieder mit resetetem Kopf ihrer Investmentbankertätigkeit nachzukommen. Menschen, die in allmorgendlichen Gesprächen in den Sofaecken der Clubs über den Sinn oder Nichtsinn des Lebens philosophieren. Man erlebt Jungs und Mädels, kaum 18, mit übergroßen, freudig, strahlenden Augen, als hätten sie in sich das erste Mal den Weltfrieden gespürt, freut sich mit ihnen, denkt zurück, und betet insgeheim ein Stoßgebet zum Himmel, dass das mal gut gehen möge. Menschen, verschiedenster Nationen, die mich daran denken lassen, dass ich mein Englisch aufbessern sollte. In der Szene stößt man auf etliche Menschen mit denen man lacht und tanzt, man stößt auf unzählige Menschen, die für kurze Momente, im Sinne dieser Momente, inspirierend und bedeutsam sind, Menschen, derer Namen man sich am nächsten Tag kaum erinnern wird, Menschen die dich an ihrem Theaterstück der Nacht teilhaben lassen und bei denen man sich nicht sicher ist ob sie es schaffen werden ihre Manege je wieder zu verlassen, und man trifft hin und wieder auch auf Menschen, die zu realen Freunden werden. Menschen, die gerade in diesem überfüllten, tosenden Berlin wichtig sind um nicht selbst irgendwann in einer, selbst kreierten Manege verloren zu gehen. Wenn man eine Weile in der Szene unterwegs ist, beginnt man auszusortieren.
Ich habe hier einige tolle Menschen kennen lernen dürfen, die geblieben sind, die mir auch in meinem „wirklichen“ Leben wichtig wurden, Menschen die für mich, in dieser Masse der „Momentmenschen“ zu einer Art kleinen Familie geworden sind. Darunter auch Künstler, die mich musikalisch und menschlich über ein Wochenende hinaus beeindruckt haben. Zu ihnen gehören die Jungs von ABBY, Markus Klee, Mr. Schug aka Bondi, ianic, VomFeisten, Stefan Mint, Jazzil, Dexx. und die Jungs von The Reason Y. Diese Musiker sind quasi maßgeblich the reason y I still love to go out in Berlin.
In diesem Artikel mag ich euch zwei dieser Künstler vorstellen, called, „The Reason Y“. Frederik Laaser und Andreas Quiring. Die Zwo, die euch schon vom Titelbild, fotografiert übrigens von Jacob Waak, so brav entgegen strahlen. Sets der beiden hab ich bisher in der Hammahalle des Sisyphos, auf der ersten Verstek und nicht zuletzt bei der Boiler Room im Watergate, gehört. Jedes einzelne Set hat mich begeistert, was ungewöhnlich ist, da ich leider zu oft zu der (nervigen) Meckerfraktion im Club gehöre. Hier wäre das allerdings der gröbste Quatsch! Sieht man Fred und Andreas hinter den Decks gewinnt man in gewissen Momenten fast den Eindruck, die beiden würden mit ihrer Musik verschmelzen. Man erlebt, dass das was sie machen echt ist. An der Art wie sie Hand in Hand ihre musikalische Erzählung aufbauen, erkennt man ihr jahrelanges Zusammenspiel und ihre technische Versiertheit. Eine dunkle, technoide, stetig nach vorn rollende Bassline, die den Clubgänger in ihren Bann zieht und ihn mit auf eine Reise nimmt. Schon in den ersten Gesprächen und im für euch geführten Interview wurd mehr als klar, dass Musik, das ist was für beide das absolut Wichtigste im Leben darstellt, wo sich ihre ganze Leidenschaft und ihr ganzes Denken zentriert. Ich konnte kaum eine Frage stellen, da waren beide schon wieder dabei an einem Track zu basteln und mir begeistert von ihrem neuen Midigerät zu berichten. Darauf angesprochen kam nur ein verschmitztes Grinsen seitens Fred, „ja die Musik, das Auflegen, sei, trotz Umwegen übers Studium, immer das gewesen was sie wirklich machen wollten. Es hätte für beide noch nie etwas gegeben was sich so richtig angefühlt hätte“. Dass, das für beide absolut stimmig ist, bestärkte jedes weiter gesprochene Wort. Und diesen Weg gingen sie konsequent, von Beginn an bis heute.
Auf die Frage wo sie das erste Mal mit elektronischer Musik in Berührung gekommen seien, erzählte Fred grinsend von seinem ersten Moment. Der Moment des Erwachens sei für ihn ein Erlebnis im damaligen Icon gewesen, einem Berliner Club, der bis 2012, 15 Jahre fest zur Berliner Subkultur gehörte, 2008 sogar zur besten dt. Drum n Bass Location gewählt wurde. Jung, unschuldig und ohne einen Schimmer was ihn erwarten würde, landete er nun im besagten Icon auf einer Drum n Bass Party. Der Schock war perfekt, dort stand ein DJ, und zwar kein DJ WilderWilfried, wie der Wilfried, der auf Omis 70sten die Lieder zum Schunkeln abspielt, sondern eine völlig andere Art von DJ. Der kleine Fred von damals erlebte hier das erste Mal das DJing als etwas bei dem etwas ganz Neues, Eigenes, entstehen konnte.
Dies gehört zu den Dingen, die beide von Beginn an am Auflegen faszinierte, etwas ganz Eigenes und Neues entstehen lassen zu können. Die Möglichkeit zu besitzen, Menschen zu begeistern, sie mit der Musik auf eine Reise mitnehmen zu können, magische Momente zu erschaffen, Momente der Musik, die für so viele das pure Glück bedeuten können…Durch die Musik Momente zu erschaffen, die Menschen verbindet…Sie die Musik fühlen zu lassen und sie mit der eigenen Begeisterung anzustecken… Ich zitiere: “Those magic moments created by techno is the reason why we are doing this“.
Seit bereits 10 Jahren stehen die beiden nun schon, im Sinne jener Mission, zusammen und auch allein an den Decks. Seit ca. einem Jahr als „The Reason Y“. Das Auflegen war immer ihr Traum, und es war auch immer ein Traum irgendwann davon leben zu können. Man lernt viele Menschen kennen, die nach Berlin kommen um Künstler oder DJ zu werden aber ihre Träume schlussendlich doch nur im Rausch der Nacht verfeiern. Der Weg seine Träume zu leben ist zumeist kein leichter. Beide mussten viel Zeit und Geld investieren, sehr lange ohne, dass ein äußerer Erfolg abzusehen gewesen wäre. Gerad in unserer Leistungsgesellschaft sieht man sich dann mit äußeren Maßstäben konfrontiert, oder mit den Erwartungen der Familie, für deren stetige Rückendeckung beide sehr dankbar sind, was ab und an, denk ich, bestimmt kein rosa Zuckerschlecken war. Es stellen sich Fragen nach der Zukunft, nach dem Sinn, trotzdem gab es für beide einfach keine andere Option, sie blieben sich und ihrem Traum treu. Werte und die Vorstellung von Glück hätten sich auf diesem Weg verändert, sie hätten begonnen den Sinn und das Glück vielmehr in der eigenen Verwirklichung, als in materiellen oder äußeren, gesellschaftlichen Maßstäben, zu sehen. Ich glaub, besonders diesen unnachgiebigen Willen und die Energie mit der sie für ihre Musik, ihre Vision vom Leben, einstehen, bewundere ich.
Wenn die beiden über eigene Produktionen, wie z.B. über ihr Release auf der Second State, SNDST008, Hide & Seek EP, sprechen, ist es das für wahre Künstler wohl typische „Sich selbst unter Druck setzen“ und das Streben nach Perfektionismus, was immer wieder durchklingt. Second State ist, falls noch nicht bekannt, das Label von Pan Pot, welches diese im letzten Jahr gründeten, und bei welchem The Reason Y unter Vertrag stehen. Das Label sei für sie wichtigster Supporter und Familie zugleich. Pan Pot hätten, neben vielen anderen Einflüssen, soundtechnisch schon immer eine große Rolle in ihrem DJ Leben gespielt. „Wir erinnern immer gerne an das Pan-Pot Set “Sonar by Day 2011“…das hat uns so derbe geprägt und inspiriert! Umso schöner jetzt Part dessen zu sein und von den „Big Dandys“ supportet zu werden! (…) zu unseren wichtigsten Cluberlebnissen kamen neben den Internationalen, wie auf der ADE, auch in Berlin in diesem Jahr eine Menge dazu! Sicher waren eigentlich irgendwie alle Gigs irgendwie von großer Bedeutung, aber zu unseren besten zählten sicher die Closings im Watergate auf dem Waterfloor, da dieser einfach unser „zweites Wohnzimmer“ ist. Was die Größe und Wucht und Magie angeht, gehörte definitiv unser Hammahallen Debut im Sisyphos zu einem wichtigen Ereignis und großem Erfahrungszuwachs.“ (Das breite, glücklich, verschmitzte Lächeln, sei hier angemerkt!) Ich finde, dass die Zwei sich diesen Erfolg mehr als verdient haben. Zwei, die durchaus wissen wie anstrengend der Kampf eines „kleinen Fisches“ um Getränkemarken sein kann. Zwei Freunde, die unbeirrt ihren Weg gingen und sich dabei immer treu blieben, zwei Persönlichkeiten, die ich kennen lernen durfte und sie neben ihrer Musik besonders für ihren Humor, ihre echte, offene Art und für ihren Tiefgang und ihre Verlässlichkeit schätze. Wenn ihr sie hören und sehen wollt, solltet ihr am kommenden Samstag, dem 19.12., das Watergate aufsuchen. Hier spielen sie auf Pan-Pots, „TheOtherAlbumTour“, mit Nicole Moudaber, Clint Stewart, Kevin Knapp und Wigbert. Nun mögen einige Berliner, die eher die alternativeren, „undergroundigeren“ Clubs bevorzugen, die Nase rümpfen. Denen sei gesagt, dass das Watergate, existent bereits seit 2002, nicht unbegründet zu einer wichtigen Institution der Berliner und der internationalen Clubszene wurde. Neben eigenem Label und zahlreichen Veranstaltungen außerhalb des Clubs überzeugt das Watergate mit grandioser Anlage und stets hochkarätigem Booking. Das Nachtleben Berlins gehört zu den größten Erfolgsgeschichten unserer Hauptstadt, diese Erfolgsgeschichte, ohne die die Szene garantiert so nicht bis heut überlebt hätte, ist sicher auch dem Watergate zu verdanken. Lasst es auf das Wochenende ankommen! Nicht zuletzt der, bereits zu Beginn erwähnte, Ausblick vom Waterfloor auf Spree und Oberbaumbrücke im Sonnenaufgang wird euch fesseln. An diesem Freitag, dem 18.12., wird hier übrigens eine feine Auswahl des „Runner-Barkeeper-Nightmanager-Watergate-Teams“ an den Decks stehen, u.a. Bruno Semrau B2B DEXX, Koljah, Jay Sensuelle, DIRG TRIG und Stefanos. Support your local heroes!!! Wir sehen uns im Club an der Brücke.

Zum Hören:

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