Yeah But No – Mehr als nur „Sänger und Produzent“

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In Berlin lebt das mittlerweile zur Band avancierte Projekt Yeah But No von Douglas Greed und Fabian Kuss auf spannende Art und Weise die Energie und die Schönheit eines Neubeginns, die in jedem Wandel steckt. In cleveren Kompositionen erweckt das Duo wie nebenbei die in Synthesizer und Drum-Machines verborgen liegende Melancholie und erzeugt dabei tiefgehende Electronica-Sounds. Kennengelernt haben sich beide vor vier Jahren, als Greed auf der Suche nach einem Sänger für neue Tracks war – denn Kuss ist studierter Jazz- und Popular-Sänger. Seitdem kollaborierten sie auf Labels wie BPitch Control, Noir und Cocoon Records. Nun veröffentlichen Yeah But No am 10. November ihr gleichnamiges Debütalbum.

„Auf den langen Fahrten haben wir uns gegenseitig musikalisch herausgefordert und unsere Schnittmenge gefunden“, erzählt Kuss. „Und auf all den Konzerten wurde uns immer mehr klar, dass wir unser Projekt zu einer verbindlichen Band machen wollten.“ Greed und Kuss beziehen ihre Energie dabei aus ihren grundsätzlich verschiedenen Herangehensweisen. Greed beschreibt sich als Autodidakt, lässt gern Zufall oder Fehler entscheiden. Kuss hat Gesang studiert, sich mit seinen Bands und Projekten in allen erdenklichen Musikrichtungen von Jazz über Funk oder Pop ausprobiert und lässt jede Menge Außensicht mit in das Projekt einfließen. In diesem Spannungsfeld verschmelzen sie elektronische Musik mit klassischen Songstrukturen zu einem klugen und mitreißenden Hörgenuss. „Es fühlt sich für mich nun an, wie ein Baby in den Händen zu halten. Ehrlich! Nach drei Jahren intensiver Arbeit und des sich gegenseitig Tretens hat man schon etwas Demut vor dem Moment, in dem man die Plastikhülle vom Tonträger pult. Es ist großartig, etwas Reelles, etwas zum Anfassen in den Händen zu halten und nicht einfach nur das Digital-Release bei Spotify zu hören“, so Kuss zum fertigen Werk, ehe Douglas Greed hinzufügt: „Nach einer so langen Zeit und so viel Blut und Schweiß ist es nahezu surreal, das fertige Album in der Hand zu halten. Das ist der ,Point of no return’. Jetzt ist unser Album für immer in Stein gemeißelt, das ist befreiend und angstmachend zugleich. Wenn man sich über einen so langen Zeitraum immer und immer wieder an die Songs setzt und setzen kann, fühlt es sich ein wenig nach Kontrollverlust an. Nun muss losgelassen werden.“

Doch dafür musste erst mal festgehalten werden. Und gefunden. Fabian: „Mario war als Douglas Greed mit seiner Live-Band, bestehend aus ihm, dem Perkussionisten Michael Nagler und der Sängerin Dehlia de France, auf der Suche nach einem Ersatz-Sänger für zwei Gigs. Der eine davon in Brüssel, der andere auf der Fusion-Turmbühne. Als ich angerufen und gefragt wurde, ob ich mir das vorstellen könnte, in so einer Techno-Combo zu singen, war ich erst etwas skeptisch, weil ich noch nicht so den Draht zum Techno hatte. Als ich dann aber erfuhr, dass es um die Fusion ging, war ich sofort am Start. Ich habe mich so gut wie möglich vorbereitet. Bei den Proben für den Fusion-Gig hat Mario mich dann gefragt, ob ich nicht voll einsteigen wolle. Und von da aus haben wir immer mehr zusammen gearbeitet und die ersten Tracks zusammen produziert, unter anderem ,This Time‘. Beim Produzieren merkten wir, dass wir öfter mal an Songs schrieben, die nicht so wirklich auf den Dancefloor passten. Irgendwann kam dann die Idee, mehr Songs in Richtung Electronica zu schreiben, und daraus entwickelte sich der Wunsch nach einem Album.“ Daher auch der Name des Projekts, stammend aus der Feder Greeds: „Mir gefällt der Name, weil er alles offen lässt. Das ist auch das, was ich mit diesem Projekt machen möchte: musikalisch alles offen lassen.“

Zeit zum „Beschnuppern“, wie Kuss es nennt, blieb genug während der Features für Douglas Greeds Solo-Projekte. „Wir haben bei Yeah But No eigentlich nur die Verantwortlichkeiten gleich verteilt und schon ging es los. Mario hatte am Anfang des Produktionsprozesses natürlich viel mehr Erfahrung im Sound- und Beatbereich. Ich habe mich dann eher um Harmonien und Melodien gekümmert. Mittlerweile ist alles zu einem verschwommen. Jeder rührt in den Ideen des anderen. Und wenn das mal nicht gewollt ist, wird das auch klar kommuniziert“, so Kuss. „Ja, mittlerweile sind wir schon eher eine Band als das klassische ,der Sänger und der Produzent‘-Gespann. So lernt jeder was vom anderen und in Konfliktsituationen sind wir auf gleicher Augenhöhe“, fügt Greed hinzu.

Am Album selbst hat das Duo drei Jahre gearbeitet, wobei das letzte wohl das intensivste und am meisten durchgeplante war. Die Challenge dabei sei jedoch gewesen, dass beide in unterschiedlichen Städten gewohnt haben, erzählt Kuss. „Das hat den Prozess sicherlich verlangsamt. Generell ist es immer schwieriger, am Ball zu bleiben und so einen Dauerlauf durchzuziehen, wenn man nicht in derselben Stadt wohnt. Da bleibt doch eher mal etwas liegen und wird auf später verschoben. Unsere größte Herausforderung war der Track ,Hold It All Back‘, von dem wir irgendwann ca. 70 Versionen erstellt hatten. Wir wollten den erst eigentlich gar nicht als Demo zu den Labels mitschicken. Als unser Label Sinnbus dann noch sagte, sie wollten den als erste Radio-Single haben, und den Wunsch äußerte, daraus noch mal eine Radio-Version zu machen, haben wir unseren Computer fast aus dem Fenster geschmissen. 20 weitere Versionen haben wir dann doch noch erstellt …“ Die Connection zu Sinnbus sei über Thomas Sperling von Freude am Tanzen entstanden, berichtet Greed: „Ich bin irgendwann zu denen ins Büro gegangen und wir haben uns bei einem Kaffee beschnuppert. Für mich ist das wahnsinnig interessant, wie die arbeiten. Nach meiner jahrelangen Erfahrung mit House- und Technolabels ist es spannend, zu sehen, wie es da um andere Themen und andere Schwerpunkte geht.“

Bereits seit Ende Oktober befinden sich Yeah But No auf ausgedehnter Album-Tour, die noch bis Ende des Jahres andauern wird. Sie spielen dabei den Support für Zot Woman und Sylcan Esso. „Darauf freuen wir uns unglaublich. Im Juli hatten wir eine kleine, feine Tour mit Odd Beholder. Das waren spannende Tage, in denen wir unsere Live-Show auf Herz und Nieren prüfen konnten. Den Zuschauer erwarten natürlich das höchste Maß an Gefühlen und eine dicke, runde, warme Kickdrum. Und im Dezember geht es dann noch auf eine Italien- und eine Polen-Tour“, so Kuss. Ende September erschien die Single „Sand“, vor Kurzem das Video dazu. Vor wenigen Tagen kam dann die aktuelle Single „The Way We Chose“, ebenfalls inklusive Video. „Und am 09.11. spielen wir unser Release-Konzert im Acid-Bogen im Kater Blau in Berlin. Darüber hinaus wird es noch eine gute Handvoll weiterer Remixe geben. Und dann hoffen wir natürlich, im nächsten Jahr viel spielen zu können; ich glaube, mit MELT! Booking haben wir da einen starken Partner gefunden, der uns einen guten Festivalsommer bereiten könnte. Und wir hoffen natürlich ebenfalls, bald wieder an neuen Ideen und Songs sitzen zu können“, lässt Greed auf das kommende Jahr blicken.

Aus dem FAZEmag 069/11.2017
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