You spin me right round – Pioneer DDJ-REV7

Denon brachte im Jahr 2003 mit seiner Single-Unit DN-S3000 den Einstieg. 2009 implementierte sie Numark erstmals im Doppel-Controller NS7: motorisierte Plattenteller, die das ursprüngliche Vinyl-Feeling auch bei Digital-Playern gewährleisten sollten. Und obwohl wir uns mit jeder neuen DJ-Generation weiter von klassischen Turntables als Arbeitsschwerpunkt entfernen, war das Thema nie so ganz tot zu kriegen. Vor allem eine Gruppe lässt sich naturgemäß schlecht von der Haptik eines aktiven Antriebs entwöhnen: die Turntablisten. Nachdem sich Pioneer über die all die Jahre heraushielt, folgt mit dem DDJ-REV7 nun doch ein Gerät, das den aktiven Antrieb zum Kernelement macht. Und zwar nicht als Single-Tool, wie der aktuelle Denon SC5000M Prime oder Rane Twelve, sondern gleich als zweikanalige Controller-Schlachtplatte für Serato DJ.

Hybride Anschlussfreuden
Der DDJ-REV7 ist zwar hochanteilig ein Software-Controller, was sich an den zwei USB-Ports für Rechneranbindungen zeigt. Diese arbeiten unabhängig, sodass die Arbeit in Back-to-back-Teams oder nahtlose DJ-Übergaben möglich sind. Gleichzeitig bringt die Doppelunit einige hybride Anteile mit. Beispielsweise lassen sich über rückseitige Cinches pro Deck jeweils ein Plattenspieler und Line-Signalgeber andocken und oberseitig über kleine Switches alternativ zu den Computer A- oder B-Inputs anwählen. Als Bonus gibt es noch einen Aux-in z.B. für mobile Endgeräte, der unabhängig von den Kanälen direkt in die Summe geht. Ebenfalls gedoppelt ist die Mikrofonsektion. Zwei symmetrische Eingänge sind vorhanden: einer im Klinkeformat und einer als XLR/Klinke-Kombibuchse, jeweils mit kleinem Dämpfungsregler. Audio-ausgangsseitig bietet auch dieser Pioneer-Vertreter das gewohnt professionelle Bild mit einem XRL- und Cinch-Paar für den Master und symmetrischem Klinke-Paar für den Booth. Ein kleiner Malus ist der ausgelagerte Netzteilklumpen. Das ist für Pioneer absolut ungewöhnlich – also gehen wir davon aus, dass ein interner Verbau einfach nicht möglich war.

Turntablism-optimiertes Layout
Beim Layout und folglich auch der Bedienung weicht der DDJ-REV7 in wesentlichen Punkten von anderen Pioneer-Doppelunits ab. Es wurde alles im Hinblick auf das Turntablism und somit eine High-Speed-Bedienung optimiert. Wie man es von quer gestellten Turntables kennt, befinden sich beispielsweise die 120-mm-Linefader an der oberen Geräteflanke der Decks, gleich neben den Browser-Encordern und dem Track-Load-Button. Zugordnet sind Knöpfe zur Veränderung der Pitch-Range, Aktivierung des Key Lock, Pitchwert-Rücksetzung und Key Lock.  Die 3-Band-EQ-Sektion wurde zusammen mit dem Filterregler ebenfalls an den oberen Rand des Mixer-Parts verlagert. Das schafft im Mittelfeld extrem viel Freiraum für die Features, auf die es im Turntablism ankommt: die beiden motorisierten Platter, zwischenliegend die 2 x 8 gummierten Kissen fürs Fingerdrumming sowie darunter die Line- und Crossfader-Sektion. Beim Crosser haben sich die Japaner natürlich für das hauseigene Spitzenmodell Magvel Fader Pro entschieden, die Linefader überzeugen ebenfalls durch kontaktlosen Leichtlauf. Wer auf der Faceplate Einstellmöglichkeiten vermisst, wird sie auf der Stirnseite finden. Denn auch diese ist Turntablism-obligatorisch und im Vergleich zu allen anderen Pioneer-Komplettlösungen reich bestückt. Vorhanden sind ein Switch für die Richtungsumkehr der beiden Kanalfaderwege (Hamster) sowie jeweils ein Poti für die stufenlose Anpassung des Blendverhaltens. Auch der CF lässt sich natürlich hamstern, zudem in der Blendkurve stufenlos verändern und im Laufverhalten von light bis heavy anpassen. Fehlen noch Einsteller für die beiden Mikrofone. Hier bietet das Frontpanel getrennte Level-Regler, gemeinsame Low- und Hi-EQs sowie als Besonderheit einen Mic-exklusiven Echo-Effekt, der über einen Parameter-Regler zugeteilt wird. Die rechte Stirnseite ist schließlich noch mit einem Level-Regler für den Aux-in-Kanal besetzt. Zudem kann hier mittels Switch eingestellt werden, ob das Signal eines Line- oder Mobilgeräts eingespeist wird oder der Kanal „off“ bleiben soll.

Display-Wheels-of-steel
Wenden wir uns gleich dem zu, was den DDJ-REV7 zumindest in der Pioneer-Historie zum Novum macht: die aktiv angetriebenen Jogwheels. Sie entsprechen im Durchmesser dem, was bis Ende der 1980er als 7“-Vinylsingle für die Verbreitung einzelner Songs übliches Verkaufsmedium war. Wie man es von klassischen Turntables kennt, bildet ein Aluminiumteller mit vierfachem Stroboskop-Ring die haptische Arbeitsgrundlage. Ein Stroboskoplicht als Entsprechung besitzt der DDJ-REV7 nicht – was aber auch einigermaßen unsinnig wäre, da es dort nicht um die exakte Einstellung einer Drehgeschwindigkeitsvorgabe geht. Mit den flach ausgeführten Spiegelnoppen lassen sich allerdings hervorragend saubere Fingerbremsungen durchführen, weshalb sie mehr sind, als nur retro-optische Garnitur.

Anders als beispielsweise bei den motorisierten Vertretern von Denon oder Rane folgen Jogwheels nicht mehr genau der klassischen Schichtung aus vollem Druckgussteller plus Filzmatte plus Vinyl plus gegebenenfalls Puck. Stattdessen besteht die Tellerbasis lediglich aus einem 20 Millimeter breiten Alu-Ring, auf dem wiederum zwei Slip-Ringe aus Kunststoff aufgesetzt werden, gedeckelt von einer Acrylscheibe als Vinylentsprechung. Letztere ist im Zentrum durchsichtig und muss über einen angebrachten Hohlzylinder in ein tiefer befestigtes Gegenstück eingeklinkt werden. Diese Ringkonstruktion hat natürlich einen Grund: Das eingebaute 3,5 Zoll große Jog-in-Display, welches einen 55 Millimeter langen und 45 Millimeter breiten Sichtstreifen freigibt. Es ist ein sinnvoller Ersatz für ein klassisch (großes) Display, das der DDJ-REV7 ansonsten nicht hat – abgesehen von einer kleinen Parameterwert-Anzeige für die Effektsektion. Wer nicht auf den Laptop-Screen stieren kann oder möchte, weil er oder sie gerade mit komplexen Moves beschäftigt ist, findet hier eine gute Lösung.

Bei den On-Jog-Optionen hat der Hersteller nochmal nachgelegt. Mittels zweier Display-Mode-Taster gleich neben dem Start-Stop-Button kann man per Shift zwischen vier Fenster-Darstellungen schalten: Im Virtual-Deck-Mode wird das jeweilige Serato-DJ-Pro-Deck gespiegelt, inklusive der Taktzahl bis zum nächsten Hot-Cue-Punkt. Hier lässt sich zudem eine virtuelle Nadel ein- und ausblenden. Ebenfalls möglich ist die Anzeige des jeweiligen Track-Covers oder aber jedes andere Logo bzw. Lieblingsbild. Wichtigstes Fenster dürfte für die meisten Anwender*innen wohl der Wellenform-Modus sein. Darin laufen die detaillierten Serato-Wellenformen vertikal durch und lassen sich wiederum per Shift sogar mittels zweier Taster links des Joghwheels zoomen. Ohne Shift sind die +/-Tasten für das Pitchbending vorgesehen und die Display-Mode-Taster für die Einstellung der Laufgeschwindigkeit 33 oder 45 rpm. Bei jedem Fenster hat man Basisinformationen wie den BPM- und Pitch-Wert, die Spielzeit, die Tonart und Loop-Takte im Blick.

Wer stets eine Nadelpositionsanzeige benötigt, kann einen mitgelieferten Aufkleber auf die Acrylscheibe bappen. Was durch die Pioneer-eigene Konstruktion allerdings nicht geht, ist, ein eigenes Vinyl aufzuspannen. Der mitgelieferte Acrylaufsatz funktioniert allerdings absolut tadellos und ist für die realitätsgetreue Haptik sogar gerillt, weshalb gar kein Grund zum Wechsel bestünde. Wer darauf Wert legt, kann immerhin aus einer alten Slipmat einen Ring schneiden und gegen die werksseitigen Kunststoffringe tauschen. Der Hersteller gibt dafür sogar die Maße an – aber auch dazu besteht prinzipiell kein Grund. Für den Direktantrieb sorgt übrigens ein 3-phasiger, bürstenloser Gleichstrommotor mit elektronischer Bremse, ganz wie man es von modernen DJ-Laufwerken kennt. Er entfaltet ein maximales Drehmoment von 1,8 kg/cm und treibt den Teller bei 33 1/3 rpm innerhalb 0,7 Sekunden auf Normalgeschwindigkeit. Das reicht völlig aus, um ein absolut überzeugendes Turntable-Feeling zu vermitteln und seine Skills auszuspielen. Wer möchte, kann die Abbremszeit über einen zugewiesenen Regler stufenlos verlangsamen. Auch die zweistufige Umstellung der Drehstärke von Hi auf Low ist intern möglich.

DJM-S-Effekte
Bei den Effekten konnte sich Pioneer natürlich aus dem Füllhorn bereits erschienener Produkte bedienen. Auch hier ist der DDJ-REV7 ein Hybrid – es lassen sich also sowohl Serato-DJ-Effekte steuern als auch intern verbaute Beat-FX-Typen abrufen, um externe eingespielte Klänge zu manipulieren. Letztere belaufen sich auf stolze 19 Typen, wie man sie vom Battle-Mixer DJM-S11 kennt, plus die drei neuen Duck Down, Fill Out und Helix Out. Über die beiden Decks verteilt sind in Dreierstaffeln die Typen Echo, Spin und Flanger sowie Reverb, Oneshot Brake und Duck Down für die direkte Anwahl abgesetzt. Hinzu kommt ein Filtereffekt pro Kanal sowie ein gesonderter Sampler-Effekt. Wer sie ändern möchte, kann das zunächst einmal nicht mittels Tastenkombi direkt über das Gerät erledigen, sondern muss über eine kostenlose Setting-Utility-Software zugreifen. Hier lassen sich die Belegungen samt Parametervoreinstellungen und einer sogenannten „Smoothing“-Option einstellen – Letztere zieht den Effektsound bei Abschaltung langsam heraus. Die Einstellungen können dann in zwei DDJ-REV7-Bänken gespeichert und fortan über zwei entsprechende Buttons angewählt werden. Die internen Effekte sind Single-Effekte und abrufbar, während sich die Serato-FX auch kombinieren lassen. Eingespielt werden sie über einen Paddle-Hebel pro Deck, wie man ihn ebenfalls u.a. vom DJM-S11 kennt. Nach oben gezogen wirkt der FX dauerhaft, nach unten gezogen nur so lange, wie man den Hebel hält – eine Feder zieht ihn dann automatisch auf Off zurück.

Drum-Pads und Instant Scratches
Als Erweiterung bringt der DDJ-REV7 die von anderen Pio-Controllern oder auch DJM-S-Mixern bekannten 2 x 8 beleuchteten Drum-Pads mit. Die gummierten Kissen reagieren extrem tight und sensibel, sodass man beim Fingerdrumming keinerlei große Kraft für spektakuläre Trommelfeuer aufbringen muss. Von den Battle-Mixern übernommen wurden dabei sinnvollerweise die ebenfalls aufs kreative Turntablism zugeschnittenen Pad-Modi für den Serato-DJ-Zugriff. Dazu zählen beispielsweise bis zu acht gespeicherte Hot Cues, Rolls und Flips, vier Bänke mit jeweils acht Sample-Slots. Der Sample-Abteilung spendierte Pioneer sogar einen eigenen Level-Regler. Auch für Pitch Play ist der DDJ-REV7 ausdrücklich vorbereitet – im Lieferumfang enthalten ist neben der Basislizenz für Serato DJ Pro eine zusätzliche für den erforderlichen Pitch ‘n‘ Time-DJ-Baustein. Episch ausgebreitet wurde schließlich noch die Scratch-Sektion. Denn die Konsole offeriert nicht nur über die Performance-Pads die Option, bis zu acht verschiedene Kratzer direkt auszulösen. Gleich oberhalb der Jogwheels, kaum eine halbe Handbreit entfernt, ist ein neuartiger Deck-Pad-Bereich mit vier gesonderten Instant-Scratch-Tasten angelegt, über die separat auf eine entsprechende Zahl Sounds (oder alternativ Hot Cues, Samples, Loops) zugegriffen werden kann. Wer den Pioneer-Schützling mit einer anderen Software oder nur mit externen Zuspielern einsetzen möchte, steht bezüglich Scratches keinesfalls blank da. Geräte-intern sind vier immerwährende Kratzklänge vorhanden, die sich jederzeit über die Tasten einspielen lassen.

Gewicht und Preis sind relativ
Das alte Problem des hohen Gewichts direkt angetriebener Laufwerke konnte natürlich auch Pioneer beim DDJ-REV7 nicht komplett auflösen, aber mit knapp elf Kilogramm auf ein erträgliches Maß begrenzen. Im Vergleich zu zwei Einzellaufwerken plus Mixer ist es sogar ein Klacks. Wer den Hybriden tatsächlich regelmäßig touren möchte, kann zudem in ein bereits erhältliches Pioneer-Flight-Case mit Rollen für 299 Euro investieren. Der DDJ-REV7 selbst kostet knapp 2.000 Euro, wobei nicht nur die überzeugenden Direct-Drive-Platter sondern das aufs Turntablism zugeschnittene Gesamtkonzept den Preis rechtfertigen. Sowohl das abweichende Bedien-Layout als auch die aufs Scratching, Sampling und Fingerdrumming zugespitzte Funktionsauswahl erweisen sich selbst für Skill-Extremisten als absolut praxistauglich.

Aus dem FAZEmag 122/04.2022
www.pioneerdj.com