INAMAR – ein Kreis der sich schließt

INAMAR – ein Kreis, der sich schließt. Credit: David Fuchs

INAMAR ist eine aufstrebende Künstlerin, die in Zürich aufgewachsen ist und spanische Wurzeln hat. Ihre Musik bewegt sich irgendwo zwischen melodischem Techno und progressiven House. Marina, so der richtige Name der Produzentin und DJ, hat sich ambitionierte Ziele für ihre Karriere gesetzt. Mindestens eines ihre großen Ziele hat die Künstlerin dieses Jahr bereits erreicht. Welches, verrät sie im Interview, dass wir mit ihr vor ihrem Gig an der Zürcher Street Parade geführt haben.

Hallo Marina, schön, dass du Zeit gefunden hast! Wir befinden uns hier gerade an der Street Parade in Zürich, bei bestem Sommerwetter mit 30 Grad. Die Parade gilt mit knapp einer Millionen Besucher als größte Veranstaltung der elektronischen Musik weltweit. Wie bereitest du dich auf ein solches Event und auf dein Set hier vor?

Ich freue mich riesig auf mein Set und bin auch, ehrlich gesagt, sehr nervös. Es ist nicht nur meine Heimatstadt, in der ich heute auflege, sondern hier sind auch eine Millionen Menschen. Das ist schon ziemlich crazy. Natürlich habe ich deswegen mein Set vorbereitet. Ich habe möglichst Tracks ausgewählt, die abgehen, die Leute zum Tanzen bringen und good vibes verbreiten.

Spielst du zum ersten Mal an der Street Parade?

Letztes Jahr habe ich auf einer Afterparty im Club Bellevue gespielt. Das war auch schon ein besonderes Erlebnis, denn die Menschen kommen von überall her und es ist sehr international. Auf einem der Love Mobiles zu spielen ist aber nochmal etwas ganz anderes.

Du bist in Zürich aufgewachsen. Welchen Stellenwert hat die Street Parade für dich persönlich?

Die Street Parade ist als größte Technoparty der Welt immer ein besonderes Erlebnis. Das so etwas in meiner Heimatstadt stattfindet, bereit mir unglaublich viel Freude. Ich war jedes Jahr hier. Dieses Jahr ist es umso spezieller, da ich nun endlich selbst als DJ spiele. Meine Eltern sind ebenfalls große Liebhaber der elektronischen Musik und gleichzeitig auch meine größten Supporter. Die beiden haben mich schon immer mit an die Street Parade geschleppt. Es war quasi eine Pflicht mit dabei zu sein, eine positive.

INAMAR

Die Zürcher Technokultur ist seit 2012 Teil des immateriellen UNESCO-Weltkulturerbes. Was zeichnet Zürich für dich als Stadt und in Bezug auf die elektronische Musik aus?

Zürich ist eine sehr weltoffene Stadt, deswegen kommen auch so viele Leute aus verschiedenen Ländern hierher. Die Technokultur gehört zu Zürich. Die Liebe zur Musik hier in der Stadt zu spüren ist ein überwältigendes Gefühl. Ich selbst wohne zwar mittlerweile in der italienischen Schweiz, meine Gigs finden aber hier und in der Umgebung statt. In Zürich spielt die Musik.

Deine Reise in der elektronischen Musikbranche hat in Folge eines Trips nach Ibiza begonnen. Wie kam es genau dazu?

Meine musikalische Reise hat vor sieben Jahren begonnen. Es ist eigentlich eine ganz witzige Story. Ich habe schon immer Gitarre gespielt und gerne gesungen. Allgemein lief bei uns zuhause schon immer Musik. Meine Eltern haben mir dann ein Keyboard geschenkt, weil ich das unbedingt lernen wollte. Via YouTube habe ich mir alles selbst beigebracht, habe allerdings immer die gleichen Melodien und Songs nachgespielt. Eines Tages kam mein Papa zu mir ins Zimmer und meinte, ob ich nicht mal was anderes spielen kann, anstatt immer das Gleiche. Er schlug vor, doch mal meine eigenen Songs zu kreieren. Erst habe ich ihn verblüfft angeschaut, mir daraufhin aber das erste Mal gedacht, dass ich das vielleicht machen möchte. Witzigerweise flog ich genau eine Woche später nach Ibiza. Dort stand ich schließlich im Ushuaïa und es hat mich wie ein Blitzschlag getroffen. Ab dem Moment wusste ich: Ich möchte Musik machen.

Wie ging das dann weiter?

Wieder zuhause angekommen, habe ich mir Logic Pro X runtergeladen, mir unglaublich viele YouTube-Videos übers Musikproduzieren angeschaut, mir Bücher durchgelesen. Ich habe mir alles selbst beigebracht und es hat bei mir eine Leidenschaft entfacht, bei der ich gespürt habe: Das ist das Richtige. Ich habe dann angefangen meine ersten Tracks zu kreieren. Wenn ich so zurückschaue, war es von Track zu Track immer eine kleine Entwicklung, auch in Richtung meiner Idole, die ich nachahmen wollte. Am Anfang waren das Kygo und Avicii. Ich habe mich dann in eine komplett andere Musikrichtung weiterentwickelt. Ich hatte auch ziemliches Glück, dass ich mit einem meiner Songs, „Always Love You“, es in eine Editorial Playlist von Spotify reingeschafft habe, und das, bereits ziemlich zu Beginn meiner Karriere – eigentlich nicht der normale Weg. Das hat mich als Produzentin zusätzlich bestätigt. Wenn man einen Willen hat, findet man auch einen Weg.

Du bist in der Sirup Artist Agency, der Booking-Agentur von Sirup Music aus der Schweiz. Wie ist das zustande gekommen?

Ich hatte das Glück auf einem Event von Dayrise in Zürich zu spielen, in der Hall. Da hat auch Nora En Pure im Line-up gestanden, die ebenfalls bei Sirup Artist Agency unter Vertrag steht. Ich hatte Glück, dass das Management mit dabei war und gesehen hat, wie ich aufgelegt habe. Danach haben die mich angeschrieben und wir kamen in Kontakt. Ich bin sehr happy, ein Label wie Sirup Music als Support zu haben und fühle mich dort sehr wohl.

Du hast auch während der IMS Ibiza, der International Music Summit auf Ibiza gespielt. Wie war diese Erfahrung für dich? Hast du dir neben deinem Auftritt auch Panels angeschaut? Wenn ja, welche?

Mit dieser Erfahrung ist ein großes Ziel von mir, mal auf Ibiza zu spielen, in Erfüllung gegangen. Ich wurde dorthin von Change The Beat eingeladen. Ich habe mir auch Panels mit zur Diskussion angehört. Es war sehr inspirierend Tipps von Künstlern zu hören. Ich habe dort sehr viel gelernt. Genauso an der ADE in Amsterdam. Unter Leuten zu sein, die Musik lieben, erfüllt mein Herz.

INAMAR während einer ihrer Gigs. Credit: MB Photography

Apropos Change The Beat: Du hast beim Remix-Contest der Non-Profit-Organisation gewonnen, die produzierende Frauen und Gender-Non-Conforming-Personen unterstützt. Dafür hast du einen Remix zu „Better In The Dark“ von Eli & Fur beigesteuert. Der Remix wurde im Anschluss auf dem Label Anjunadeep veröffentlicht. Warum hast du dich gerade für diesen Track entschieden und wie war deine Herangehensweise?

Das war ein Remix-Contest von LabelRadar für Anjunadeep mit Eli & Fur. Ich habe das gesehen und es war für mich wie ein Traum, denn die beiden sind für mich große Idole und auf einem solchen Label zu releasen eine große Chance, die ich packen wollte. Innerhalb von fünf Tagen habe ich den Remix kreiert. Alles in mir wollte gewinnen. Dass ich dann tatsächlich gewonnen habe, hat mich sehr stolz gemacht. Darüber hinaus war der Erfolg für mich als Produzentin wie ein Level-up. Außerdem hatte ich nach dem Release die Ehre, Eli & Fur beim Ultra Festival während der Miami Music Week anzutreffen. Dort durfte ich auf einem Rooftop für Sirup Music performen. Das war mein erster großer Schritt in die internationale Welt. Außerdem hatte ich die Gelegenheit, mich Backstage beim Set von Nora En Pure aufzuhalten – ein tolles Erlebnis, mal hinter die Kulisse zu schauen.

Vor dem Interview hast du mir bereits erzählt, dass du heute bei deinem Gig während der Street Parade Techno spielst. Wenn ich das richtig verstanden habe, hast du mit House angefangen?

Naja, House stimmt nicht so ganz. Es war eher eine Mischung aus Deep House, EDM und Melodic. Mittlerweile habe ich meinen Stil gefunden – etwas zwischen Melodic Techno, Techno und Progressive House. Ich versuche immer einen bestimmten Vibe reinzubringen. Sobald ich den Play-Button drücke, bin ich in meiner Welt. Wenn ich sehe, dass die Leute tanzen und lächeln, erfüllt das mein Herz. Ich versuche meinen ganz eigenen Style umzusetzen.

Zu welcher Afterparty geht es heute?

Ich spiele morgen früh noch im Club Bellevue. Meine Playtime geht von vier bis sechs.

Ein Set von INAMAR mit atemberaubender Kaulisse:

Wie ist deine Arbeitsweise im Studio?

Es ist für mich besonders wichtig, dass ich wirklich genug Zeit habe, um an den Tracks zu arbeiten. Es fängt an, indem ich an meinem Keyboard sitze und darauf jamme. Die Resultate übermittle ich dann an Logic. Ich entwickle gerne Melodien und schreibe auch die Vocals aller meiner Songs selbst. Ich singe einfach drauf los. Wichtig für mich ist es, dabei meine Ruhe zu haben, um meine Kreativität ausleben zu können. Dann komme ich in einen bestimmten Vibe, in dem es mir einfach fällt, meine Musik zu kreieren. Ich kann dann nicht mehr aufhören.

Wo nimmst du deine Inspiration her?

Ich mache nach dem Aufstehen Yoga und Meditation, um meine Balance zu halten. Danach bin ich bereit zum Produzieren. Zudem ernähre ich mich gesund. Außerdem habe ich einen Hund namens Jack, er ist zwei Jahre alt. Ich finde es ist wichtig, einen Ausgleich zu haben, um die Kreativität beizubehalten und im Flow zu bleiben. Außerdem ist es mir wichtig, mich mit Leuten zu umgeben, die mir guttun. Meine Familie, meine engsten Freunde, mein Management. Das ist wichtig im kreativen Prozess, zu wissen, da ist jemand, der an dich glaubt.

David Guetta hat einen deiner Tracks supportet und gespielt. Wie hat sich das angefühlt und wie kam es dazu?

David hat meinen Track „Dolce Vita“, mein erstes Release auf Sirup Music, in sein Set mit aufgenommen sowie meinen Track „Midnight Echoes“, ebenfalls über Sirup erschienen, in seiner offiziellen Playlist auf Spotify. Das war für mich eine riesige Ehre.

Deine aktuelle Single „Sky Is The Limit“ ist Ende Juli auf Sirup Music erschienen. Was bedeutet der Track für dich?

Neben der Musik habe ich früher für eine Bank gearbeitet. Seit eineinhalb Jahren setze ich den Fokus komplett auf die Musik. Zu Beginn hatte ich noch sehr viel Gegenwind mit der Frage: Kannst du von der Musik überhaupt leben? Das ist die Bedeutung des Track-Namen: Man muss an das glauben, was man tut. „Sky Is The Limit“ – alles ist möglich. Für den Song habe ich ebenfalls die Lyrics selbst geschrieben. Er ist nun in die Editorial Playlist auf Spotify gekommen. Das bestätigt mich, dass ich den Fokus richtig gesetzt habe.

Welche Releases stehen als nächstes an?

Am 6. September erscheint meine neue Single „A Million Stars“. Den Song spiele ich heute als Überraschung zum ersten Mal live während meines Sets. Die Nummer eignet sich eher für den Club. Sie hat ein wenig Drive. Danach erscheint ein Remix gemeinsam mit Pretty Pink. Das Release kommt im November. Momentan habe ich mir das Ziel gesetzt, jeden Monat einen Track zu produzieren und zu releasen. Die Veröffentlichung eines Albums wäre ein zusätzlicher großer Traum von mir, den ich irgendwann umsetzen möchte.

Hier könnt ihr in die neue Single „A Million Stars“ von INAMAR reinhören und den Track kaufen:

Und Gigs?

Demnächst werde ich wieder auf einem Event von Dayrise spielen. Dort stehe ich mit Eli & Fur im Line-up. Ein Kreis, der sich schließt.

Mit wem würdest du gerne mal zusammenarbeiten?

Anfang des Jahres habe ich mir das Ziel gesetzt, einen Remix mit Pretty Pink umzusetzen. Sie ist ein Idol von mir. Ich mag ihre Musik und ihre Bodenständigkeit. Dieser Wunsch ist bereits in Erfüllung gegangen. Sie supportet mich. Eine absolute Wunschvorstellung wäre eine Zusammenarbeit mit Tiësto.

Welche Ziele hast du dir für die nächste Zeit gesetzt?

An der Musik dranzubleiben, Kollaborationen mit anderen Künstlern, gute Zusammenarbeiten – und der wichtigste Step: meine Musik auch international präsentieren zu dürfen. Langfristig sehe ich mich weiterhin als Produzentin, mit Freude daran, was ich mache und Musik, die den Leuten Freude bereitet.

Ich denke, da bist du auf einem guten Weg. Danke dir für das Interview und viel Spaß bei deinem Gig an der Street Parade!

INAMAR während ihres Gigs an der Street Parade 2024 in Zürich:

 

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Die Single „A Million Stars“ von INAMAR ist am 6. September via Sirup Records erschienen.

Aus dem FAZEmag 151/09.2024
Text: David Fuchs
Credits: MB Photography, David Fuchs
Web: www.inamarmusic.com, www.sirupmusic.com, www.sirupmusicartistagency.com