Helmut Dubnitzky – Weniger Hits, mehr Ehrlichkeit

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Authentizität bewahren ist eine Fähigkeit, die vielen Künstlern mit steigendem Erfolg abhanden kommt. Bei Helmut Dubnitzky muss man sich darüber eher keine Sorgen machen. Im Gespräch zeichnet er sich vor allem durch seine Bescheidenheit aus, die er mit einer äußerst ruhigen Stimme rüberbringt, und es wird schnell klar, dass Dubnitzky eine Person ist, die sich immer neu herausfordert und Wandel als Chance sieht, sich neu zu orientieren. So wohl auch im Jahr 2000, als er zum ersten Mal mit dem Viervierteltakt in Berührung kommt.

Schon seit Jahren ist er im Clubleben unterwegs. Damals im Cinderella in Tübingen hat er als passionierter Hip-Hop-DJ gedient. Doch mit seiner persönlichen, im Jahr 2000 neu entdeckten Liebe zu House und Techno sollte sich das ändern. „Ich habe auf dem Land gelebt und kannte diese Art Musik gar nicht. Von Anfang an dachte ich mir: Das ist ja verdammt cool!”, erinnert er sich. „Danach habe ich dann wirklich einen krassen Schnitt gemacht und alle meine Hip-Hop-Platten verkauft. Und ich hatte wirklich viele Platten.” Seitdem widmet sich Dubnitzky der elektronischen Musik und ihm war sofort klar, dass diese von nun an sein Leben begleiten soll. „Ich habe mir gesagt: Entweder funktioniert das jetzt mit dieser Musik oder ich lasse es ganz sein.”

Neun Jahre später entschloss er sich, gemeinsam mit Frank Nova das Label Brise Records zu gründen. Die Labelarbeit war für ihn da schon nichts Neues mehr. Zuvor hatte er bereits – neben seinem damaligen Job bei DigDis – als Label-Manager bei Martin Eyerers Label Session Deluxe gearbeitet. Er verfügte über die Basics und hatte die richtigen Kontakte. Mit Brise lief es von Anfang an recht gut und die Releases erreichten anständige Platzierungen in den Charts. Seiner Meinung nach war es zu der damaligen Zeit auch einfacher, ein Label zu führen, als heute. „Die Musikindustrie unterliegt ja einem ständigen Wandel und du musst immer wieder deine Strategie überdenken. Mittlerweile pressen wir z. B. keine Vinyls mehr. Nicht, dass es sich nicht rentieren würde, aber diese Wartezeiten und die ständigen Verzögerungen sind mir zu nervig”, resümiert Dubnitzky. „Einem Künstler sagen zu müssen, man könne den Track zwar schon digital kaufen, aber die Platte dazu komme erst in vier Wochen, obwohl alles pünktlich rausging, war einfach frustrierend. Ich bin zwar auch mit Vinyl aufgewachsen, aber ich persönlich finde das alles nicht mehr zeitgemäß.”

Er selbst hat dem Vinyl eh schon vor längerer Zeit abgeschworen. Damals wechselte er schnell zu einem DVS-System und ein Midi-Controller diente ihm beim Auflegen für zusätzliche Effekte. Aber auch das reizte ihn nicht mehr. „Nur noch Tracks übereinander zu legen und zu pitchen, ist mir, ehrlich gesagt, zu langweilig geworden.” Hybrid-DJing ist das Thema, mit dem er sich aktuell beschäftigt. „Natürlich haben sich die Produzenten bei jedem Track und dessen Aufbau etwas gedacht. Aber ich möchte halt auch gerne eingreifen können und was Neues bieten.”

Wenn man Dubnitzky trifft, spürt man sofort eine gewisse Bodenständigkeit. Mit seinem schwäbischen Akzent erzählt er von seiner Heimat und dass Musik zwar ein großer Teil seines Lebens ist, jedoch nicht sein Leben dominiert. Der gelernte Ton- und heute als Zahntechniker Tätige schwärmt davon, wie sehr er sich damals für das Bergsteigen begeisterte und sich immer freut, wenn er in einem Skigebiet auflegen darf. So komme er wenigstens einmal im Jahr zum Skifahren, sagt er. „Früher habe ich zeitweise nur Musik gemacht. Heute bin ich froh, dass ich nebenbei auch noch einen anderen Job habe. Ich lege wahnsinnig gern auf und feiere auch gerne, aber ich weiß nicht, ob ich das bis 60 durchhalte. Oder ob ich es will. Ich mache es, solange ich Bock darauf habe.”

Sein nun erschienenes zweites Album „Authenticity” spiegelt einen klar hörbaren Reifeprozess wider, der in den letzten Jahren bei seinen Produktionen stattfand. War sein erstes Album „We Walk” aus dem Jahr 2011 noch sehr viel minimaler gestaltet, so flossen hier Aspekte der unterschiedlichen elektronischen Genres zusammen. „Mir gefallen so viele Sparten der elektronischen Musik, dass ich einfach mal was anderes probieren wollte. Es ist ein Album, keine EP. Da darf es auch ein wenig kommerzieller zugehen mit Lead-Vocals und Streichern”, argumentiert er scherzhaft.

Die mit 13 Titeln bestückte Trackliste liest sich, als ob Dubnitzky sich eh nicht ganz ernst nehmen würde. „Like This, Like That”, „Hypno Power” oder „Plastic Fantastic” sind nur drei der kuriosen Titel. Und doch ist genau das Gegenteil der Fall: „Viele der Titel haben eine kleine persönliche Geschichte. ,Hello Met’ z. B. ist meiner Frau zu verdanken. Die nennt mich immer Met. An meinem Geburtstag habe ich einfach mal ein Mikrofon im Studio aufgebaut und alle Gäste durften aus Jux etwas reinsprechen. Daraus habe ich dann einen Track gemacht und das ist daraus entstanden. Das war ein großer Spaß!”

Auch „No Hits” ist einer dieser Titel, bei denen man sich fragt, warum genau dieser Name das Backcover des Albums ziert. „Ganz einfach, die Nummer soll kein Hit sein. Ich meine, wenn Leute nur Musik produzieren, um Hits zu landen, dann sind sie meiner Meinung nach eh total durch.”

Keine Frage, Helmut Dubnitzky ist einer der Künstler, die sich auf die Wirkung ihrer Musik konzentrieren, ohne um sich herum eine künstliche Fassade aufzubauen. Keine unnötige Show und keine erfundene Heldengeschichte. Auch der geschickt gewählte Albumtitel „Authenticity” ist daher keine Blindpackung. Doch warum rückt er diese Eigenschaft so in den Vordergrund? Fehlt es der Szene etwa an Authentizität? „Es gibt Künstler, die musikalisch immer von einem Stil zum anderen wechseln, nur weil dieser gerade im Trend ist. Man sollte ehrlich sein und sich selbst treu bleiben. Das war der Hintergedanke und ist die Kernaussage des Albums.”

Und kaum ist sein zweites Album fertig, denkt er innerlich schon an sein drittes: „Das wird bestimmt noch weniger für den Club und noch verspielter im Sound. Die EPs dürfen dann für den Club sein – beim Album kann ich meine ehrliche Seite zeigen.”

Aus dem FAZEmag 055
Text: Janosch Gebauer
Foto: Erick Mayorga
www.dubnitzky.de