Andre Kronert – Musikalischer Allrounder

Andre Kronert by Marie Staggat 01sw grainDJ, Produzent, A&R Manager von decks.de, Labelboss von u.a. Night Drive Music und 3rd Wave Music. Jüngst kam mit seinem neuem Label ODD/EVEN noch ein Projekt dazu. Kurz gesagt: Andre Kronert lebt und liebt Musik. Mit seinen verschiedenen Tätigkeiten im großen Musikzirkus ist er ein Allrounder, was elektronische Musik angeht, und wird auch nach 15 Jahren als Musiker nicht müde immer wieder neue, kreative Ideen umzusetzen. Für uns Grund genug, Andre einmal zu all seinem Schaffen zu befragen.

Erst im September veröffentlichte Andre Kronert seine „Stamina“ EP auf Catz N‘ Dogz‘ Label Step Recordings. Für den Musiker eine erneute Zusammenarbeit mit Grzegorz Demiañczuk und Wojciech Tarañczuk aus Polen, die für ihn eine rundum gelungene Sache ist: „Für mich war es eine großartige Sache. Ich habe schon vorher mit den Jungs gearbeitet, habe Remixe gemacht und war auf ihrer sehr populären Compilation „Friends will carry you home“ vertreten. Ich war von der Idee einer EP sehr angetan. Die Zusammenarbeit war einfach perfekt. Die EP ist sehr vielschichtig. Alle Tracks sind irgendwie anders, sehr unterschiedlich und doch passt alles am Ende zusammen. Ich habe mich dafür ein paar Tage im Studio eingeschlossen und einfach drauf los gearbeitet. Ich mag es von Null anzufangen bei jedem Tune und niemals zu wissen was da am Ende bei rauskommt. Die Auswahl haben wir dann zusammen getroffen und ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Das Label arbeitete dabei sehr professionell und die Resonanz war weltweit großartig.“ Eine neue EP ist für den Workaholic aber kein Grund die Finger von den Tasten und Knöpfen im Studio zu lassen. Zurzeit liegt der Fokus dabei auf seinem neusten Clou: „Ich arbeite gerade an ein paar Songs für mein eigenes Label ODD / EVEN, welches Anfang November das Licht der Welt erblickt. Die erste EP ist von mir mit Remixen von Jonas Kopp und Pfirter. Es wird ein sehr umfangreiches Projekt mit einem genialen Artwork und einem sehr hochgradigen Mastering. Ich will hier Kunst und Musik zusammenführen und arbeite da sehr eng mit Freunden und Künstlern zusammen, die ich extrem respektiere wie z.B. Pär Grindvik, A&S (Dimi Angelis und Jeroen Search), NX1 oder Jesper Dahlbäck.“ Musik entsteht bei Andre Kronert dabei auf folgende Weise: „Ich arbeite im Studio zu 90% analog. Mit Synthesizern, Kabeln, Patchbays, Tasten und Knöpfen und allem was man so anfassen kann und was Sounds erzeugt. Ich jamme eigentlich immer eine Weile mit den Geräten und schaue wohin mich die Reise führt. Diese Jamsessions werden dann aufgenommen und am Rechner danach etwas arrangiert und wenn nötig akustisch optimiert. Das war es eigentlich schon. Die Idee bedarf immer etwas Zeit aber der eigentliche Track entsteht dann am Ende sehr schnell. Ich finde es ist wichtig sich bei einer Produktion nicht zu sehr treiben zu lassen um die eigentliche Idee nicht aus dem Auge zu verlieren, die Essenz. Meine Songs sind recht einfach gestrickt aber die eigentliche Idee dahinter ist das was einen Floor dann zum Tanzen bewegt. Heutzutage wird viel zu viel überproduziert, alles muss rein bis nichts mehr geht. In meinen Tracks geht es hauptsächlich um Energie. Wenn die Energie und die Message stimmen, dann ist der Song eigentlich fertig egal wie einfach er aufgebaut ist. Das Ziel meiner Tunes ist auf einer Tanzfläche oder beim Zuhörer den gewissen Effekt zu erzeugen. Da muss dann nicht hier und da noch gefeilt werden. Ich mag es sehr roh und rauschig, ich produziere Techno ganz ohne Glanz und besinne mich dabei auf das Wesentliche.“ Die Arbeit im Studio ist für den Musiker besonders wichtig, entwickelt er dort doch die meisten Ideen und lässt sich von Technik und dem eigenen Empfingen treiben. „Meine Ideen entstehen sehr oft erst beim Arbeiten. Durch die analogen Synths und deren modularen Aufbau weiß ich vorher oft nicht was am Ende dabei herauskommt da mich die Geräte immer wieder überraschen. Mich treibt oft die Ungewissheit, die Spannung an, die Überraschung und das Glück was ich empfinde wenn ich etwas gefunden habe wonach ich gar nicht gesucht habe. Das hört sich evtl. paradox an aber genau dieser Weg lässt mich immer wieder mit Herzklopfen meine Geräte anwerfen. Ich liebe Spannung!“

Neben seiner Rolle als aktiver Musiker ist Andre A&R Manager von decks.de – ein Job der für ihn eine willkommene Abwechslung neben der Studioarbeit ist, ohne dabei sein gewohntes Territorium zu verlassen: „Ich bin dort die Schnittstelle zwischen Labeln, die wir vertreiben und der gesamten Produktion, entscheide mit dem Team, welche Platten wir releasen und welche Label wir vertreiben. Kommuniziere mit Presswerken, Masteringstudios, organisiere den Cut der Platte, koordiniere Releasedates, höre Testpressungen und trinke viel Kaffee 🙂 .Es ist ein wahnsinnig spannender Job und für mich ist auch sehr viel Passion im Spiel. Ich mag es einfach morgens zur Arbeit zu kommen und die neuen Platten zu hören, E-Mails von Künstlern und Labeln zu beantworten und meine Fühler aus einer Kleinstadt in die Welt zu strecken.“ Dabei hat er im Laufe seiner Arbeit die Wandlungen in der Szene selbst gespürt. Uns hat er ausführlich erzählt, was sich in den letzten 15 Jahren an sich und für ihn persönlich verändert hat: „Es hat sich sehr viel verändert, zum Positiven aber auch zum Negativen. Viele DJs gehen heutzutage zu sehr auf Nummer Sicher. Die Sets sind einstudiert, oft zu sehr durchdacht, berechnend genau und musikalisch wird das Publikum nur bedient um am Ende 100%ig sagen zu können „Ich habe alles richtig gemacht!“ Dabei ist es einfach das Publikum in genau dem richtigen Moment auch mal zu überraschen oder ihm etwas Neues zu zeigen. Wir sind die DJs, wir entscheiden! Früher bestanden die Sets oft aus verschiedenen Styles. Da lief dann auch mal eine halbe Stunde Electro a la Aux88, DMX Crew oder Kraftwerk ohne das das Publikum wechselte. Es fehlt heute oft die Essenz und die Education. Wir haben so viel im Plattenkoffer, warum zeigen wir es den Leuten auf dem Floor nicht einfach was in dieser Kiste steckt. Ich versuche dann in meinen Sets genau von dieser Essenz etwas zu geben. Verschiedene Styles zu vermischen und eine kleine Reise mit dem Publikum zu unternehmen. Wohin es geht weiß ich vorher nie. Mir fehlt heutzutage auch manchmal etwas Feingefühl bei einem bestimmten Publikum. Den DJ mit dem Handy zu filmen, ihn während des Sets nach einem „Titel“ zu fragen den der DJ vor einem gespielt hat und der mit Shazam auf dem Floor identifiziert wurde ist schon etwas verwirrend wenn man die Parties der 90iger miterlebt hat. Damals ging es einzig und allein um Energie, die Leute haben getanzt und manchmal den Wechsel von einem DJ zum anderen gar nicht mitbekommen so sehr waren sie im Raum-Zeit-Kontinuum „verloren“ oder haben sich einfach treiben lassen. Es ging hauptsächlich um die Musik und nicht um das „Bling-Bling“ drum herum. Es sind aber eigentlich nur vereinzelte Gäste (manchmal ein paar mehr) die das nicht ganz verstehen. Die Szene ist sehr groß geworden was ich sehr positiv finde. Viele Ideen, viele Innovationen und viele Gedanken zeigen neue Wege auf. Es wird sehr viel kommuniziert und alles ist sehr freundschaftlich, jedenfalls erlebe ich es so. Ich komme aus einer Kleinstadt und lebe da mit meiner Frau und meinen beiden Kindern. Hier bin ich ein Exot. Das macht mein Umfeld und meine Arbeits- und Denkweise frei von Einflüssen und Ellenbogen. Ich nutze die Großstädte und Reisen als Inspiration aber die Kraft hole ich mir aus der Ruhe meiner Umgebung.“

Für die Zukunft hat Andre Kronert schon wieder allerhand geplant: „Es stehen viele weitere spannende Gigs vor der Tür. Es ist auch wieder eine Tour in Vietnam, Miamar und Thailand geplant. Viel Genaues kann ich hier noch nicht sagen da meine Agentur alles koordiniert. Musikalisch sind ein paar Kooperationen mit anderen Künstlern geplant, was ich sehr, sehr spannend finde. 2015 werde ich anfangen an einem Album zu arbeiten, konzentriere mich weiterhin auf mein Label ODD / EVEN, werde ein paar Remixe machen und mit Spannung immer wieder mein Studio oder den nächsten DJ Booth betreten.“

picture by Marie Staggat

 

 

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