AV AV AV – oder auf Deutsch: „Fuck, was für ’ne Nacht!”

Normalerweise tummelt sich auf den größten Festivals Europas alles im Line-up, was Rang und Namen hat – und die Besucher sind Leute wie du und ich. ESNS dreht den Spieß alljährlich um: Hier sind die Stars eher Sternchen und die Teilnehmer sind die Superhelden. Verkehrte Welt in Holland? Keineswegs! Es sind die erfolgreichen Label-Manager, die einflussreichen Produzenten und die Drahtzieher der Musikbranche, die beim ESNS in Groningen auf Talentsuche gehen. Und wen haben sie im Januar unter anderem entdeckt? Drei Jungs aus der dänischen Electroszene. Dürfen wir vorstellen: Eloq, Unkwon und DJ E.D.D.E.H. alias AV AV AV.

„Noch nie gehört?”, fragt ihr euch? Dann wird es höchste Zeit, dass ihr mehr erfahrt. Denn die drei Produzenten und Freunde haben soeben eine äußerst vielversprechende EP veröffentlicht und somit eine neue Serie ins Leben gerufen, die den Spagat zwischen Classic House, UK-House und Electro/Breakbeat mit Bravour meistert. Mit „Fundamental Physics” hat sich das Trio neu erfunden, das mit seinen Liveshows bereits beim Sónar Festival in Reykjavik und beim Roskilde Festival in Dänemark einen bleibenden – und positiven! – Eindruck hinterlassen hat. Auch ich wollte mehr erfahren und habe den drei Jungs in einem ziemlich abgefahrenen und witzigen Interview mal Löcher in den Bauch gefragt.

Euer Projekt AV AV AV spricht man „AU AU AU“ aus. Ich hoffe sehr, ihr wart bei der Namensfindung nicht verletzt. Okay, Witz lass nach … Erklärt doch mal kurz die Bedeutung des dänischen „AV“!

DJ E.D.D.E.H.: Du, eigentlich haben wir nur rumgealbert. Und frag mich nicht warum, aber wir kamen irgendwie auf AV und der Name blieb hängen. Statt „Av“ kannst du auch „Fuck“ sagen. Und dieses „Fuck“ kann beides bedeuten: Gutes oder Schlechtes, wie „Av av av, was war das für ’ne Nacht! Also, fuck, was war das für ’ne Nacht!“

Eloq: Es ist total bescheuert, aber ich denke, wir sind jetzt einfach AV AV AV. Punkt. (lacht)

Den Sound eurer 3-Track-EP „Fundamental Physics Vol. 01″ beschreibt ihr als emotionale Clubmusik, mit Fokus auf der Bassdrum. Frage eins: Was kann man sich darunter vorstellen? Frage zwei: Ihr habt wohl bereits mehrere Volumes in Planung?

Unkwon: Nun ja, wir hatten eine Menge Tracks, die im Grunde genommen Tools für unsere Live-Sets waren. Und diese Tools nahmen immer mehr Gestalt an, bis es letztendlich drei fertige Tracks waren. Und wir entschieden uns, sie zu veröffentlichen.
Eloq: Der springende Punkt bei der „Fundamental Physics“-Reihe ist, dass wir hier eine Art Spielplatz haben, auf dem wir mit clubtauglichem House und Techno experimentieren können, ohne groß darüber nachzudenken.
Unkwon: Und, yeah! Vol. 2 und 3 sind tatsächlich bereits in Arbeit. Vol. 1 wird es übrigens auch als streng limitierte Vinyl-Edition geben.

Mal ganz nebenbei gefragt, Jungs: Warum habt ihr die drei Tracks nicht auf euer nächstes Album gepackt, das in Kürze rauskommt?

DJ E.D.D.E.H.: Nun, wir wollen, dass unser Album eine Geschichte erzählt. Und in diese Geschichte passten die drei Nummern irgendwie nicht rein. (lacht)
Eloq: Das Album ist vollgepackt mit echten Knallern, aber eben auch ein bisschen dunkler und experimenteller als das, was wir mit der „Fundamental Physics“-Reihe bezwecken wollen.
Unkwon: Die Serie ist eine Reise zurück zu unseren Wurzeln. Als wir als DJs in der Clubszene starteten. Wir können hier einfach etwas „normalere“, clubfähige Tracks bauen und kreativ bearbeiten.

AV AV AV besteht aus Eloq, DJ E.D.D.E.H. und Unkwon. Wessen Idee war es, zusammenzuarbeiten, und gab es bereits gemeinsame Projekte?

Unkwon: Es ist einfach passiert, als Martin (DJ E.D.D.E.H.) uns eingeladen hat, ihn für ein paar Tage in seiner Hütte in Norddänemark zu besuchen.

Eloq: Im Grunde genommen wollten wir nur ein paar Tage raus aus der Stadt und hatten eigentlich nicht den Plan, Musik zu machen. Da wir aber alle unsere Laptops dabei hatten, kam eins zum anderen.

DJ E.D.D.E.H.: Und ja, wir kennen uns aus der Kopenhagener DJ-Szene. Viele Jahre, bevor wir AV AV AV ins Leben gerufen haben, spielten wir unzählige Gigs b2b. Anders und August hatten damals auch schon ein gemeinsames Projekt namens Yo Felles, zusammen mit Julius Sylvest.

Lasst uns mal über ESNS reden. Ihr habt im Grand Theater gespielt – wie war es?

Eloq: Großartig! Es ist ja im Vorfeld immer schwierig zu sagen, was man von solchen „Geschäfts-Festivals“ erwarten kann. Aber ich denke, wir haben die Leute von unserem Sound überzeugt und mit ihnen zusammen eine richtig geile Party gefeiert.

Unkwon: Ja, es fühlte sich so an, als hätten wir einen wirklich guten Draht zu den Leuten. Wir sind einfach aufgetreten und haben unser Bestes gegeben. Und das hat gerockt!

ESNS ist eins der wichtigsten Musikfestivals Europas. Und ich denke, dort ist die Chance sehr groß, mit einflussreichen Leuten aus dem Musikzirkus ins Gespräch zu kommen. Wie ist euer Fazit vom ESNS 2018?

DJ E.D.D.E.H.: Wissen wir noch nicht. Wir sind ja vor ein paar Tagen erst zurückgekommen. Aber hoffentlich spielen wir dieses Jahr noch auf ein paar richtig guten Festivals. Mal abwarten, was kommt.

Kurz und knapp:An einem Sonntag, an dem es Schnürsenkel regnet und du auf dem Sofa chillst – welcher Sound erklingt da aus deiner Anlage?

DJ E.D.D.E.H.: Enigma, „Return To Innocence“.

Eloq: Lil Jon, „Yeah“. Und Zelda, „Breath Of The Wild“. Das läuft, während ich auf meiner Nintendo-Konsole spiele. Zelda ist das beste Game überhaupt! Außerdem haben Spiele sowieso immer den besten Soundtrack. (lacht)

Unkwon: Tim Hecker, „Love Streams“.

Die Clubszene in Dänemark …

DJ E.D.D.E.H.: … ist ziemlich oldschool.

Eloq: … hat eigentlich großes Potenzial. Es gibt echt viele gute Leute und neue Talente. Allerdings mangelt es an Clubs. Es gibt einige, die wirklich toll sind, aber unsere Städte sind ja eher klein – da geht kaum ein Eventmanager ein Risiko ein, lange Clubnächte anzubieten.

Unkwon: Es gibt viele gute Sachen in der Underground-Szene. Und jede Menge hochtalentierte House- und Techno-DJs. Aber leider gibt es keine guten Locations.Meine erste CD war …

Unkwon: … wahrscheinlich so etwas wie MC Einar oder irgendetwas anderes aus der dänischen Rap-Szene. Ziemlich übel, ich weiß … (lacht)

Eloq: Gute Frage. Es könnte durchaus „Blue“ von Eiffel 65 gewesen sein. Bombenhit!

 

 

Text: Torsten Widua
Foto: Jason Idris Alami