BACHI – Optimismus

Foto: Max Coga

Erst im März letzten Jahres ist Bachana Sabiashvili, besser bekannt als Bachi, aufgrund des Angriffskrieges von Russland gegen die Ukraine mit seiner Familie aus Kiew nach Deutschland geflüchtet. Dabei ist die Flucht vor russischen Truppen nicht die erste, die der begnadete DJ und Produzent erlebt, bereits 2007 ist die eigentlich aus Georgien stammende Familie kurz vor dem damaligen Einmarsch in das Land geflüchtet. Endlich in Sicherheit angekommen, ist Bachi, der mit seinem Bruder in der Ukraine einen Club sowie mehrere Bars und Restaurants geführt hat, zum festen Resident im legendären Frankfurter Club Pik Dame geworden. Einer seiner größten Supporter ist Clubinhaber Max Coga. Dieser Tage veröffentlichte Bachi mit „90 Seconds to Midnight“ sein Debütalbum, das den Wahl-Frankfurter unter Garantie auch über die Stadtgrenzen der Main-Metropole führen wird.

Bachi, erzähle uns gerne etwas von deinen Wurzeln und deinem ersten Kontakt mit Musik.

Ich wurde in Tiflis, Georgien, geboren. Seit meiner Kindheit hatte ich ein Klavier, eine Gitarre und verschiedene Schallplatten zu Hause. Von Michael Jackson bis hin zum georgischen Chanson. Aber wie meine Mutter gerne erzählt, habe ich es geliebt, mich ans Klavier zu setzen, die Gitarre zu nehmen und zu versuchen mitzuspielen. Für mich war es eher ein unterhaltsames Spiel. Dann zog ich in die Ukraine und machte dort Parkour, in der Community dort hörten wir hauptsächlich Drum ’n‘ Bass und Breakbeat.

Wie und wann hast du dich intensiver mit dem Auflegen beschäftigt und entschieden, aus dem Hobby einen Beruf zu machen?

Als ich jung war, habe ich mich immer intensiver für das Auflegen interessiert und angefangen, Partys und kleine Events zu veranstalten. Das positive Feedback der Menschen motivierte mich, meine Skills weiterzuentwickeln. Die ersten Partys veranstalteten wir unter freiem Himmel, wir waren damals erst 15 Jahre alt. Zu unserer ersten Party kamen allerdings weit über 2.000 Menschen. Alle waren schockiert, meine Eltern auch. Mit der Zeit wurde mir klar, dass Musik eine enorme Energie hat und ich einfach nur spielen wollte. Mir gefiel es einfach, diese Vibes zu lenken und Menschen mit meiner Musik zu berühren. Dann eröffneten meine Familie und ich einen Nachtclub, anschließend gab es Partys in ganz Kiew sowie in der ganzen Ukraine.

Du stammst aus Georgien, warst wie schon erzählt lange in der Ukraine und bist nun in Frankfurt. Wie haben dich diese Orte geprägt, nicht nur als Mensch, sondern auch musikalisch?

Die Orte, an denen ich gelebt habe, haben definitiv meine Persönlichkeit und meinen musikalischen Stil geprägt. Jeder Ort brachte eine einzigartige kulturelle Vielfalt mit sich, die meine musikalische Palette erweiterte. Georgien brachte mir traditionelle Klänge, die Ukraine brachte eine Mischung aus Ost und West, und Frankfurt bietet mir Zugang zu einer pulsierenden elektronischen Musikszene. All diese Einflüsse spiegeln sich in meiner Musik wider und formen meinen Stil enorm.

Sowohl aus deiner Heimat Georgien als auch aus der Ukraine musstest du aufgrund der dortigen Umstände fliehen.

Das stimmt, die Situation in beiden Regionen ließ mir bzw. uns keine andere Wahl. Diese Erfahrungen waren eine Feuerprobe und prägend zugleich. Sie haben mich gelehrt, mich anzupassen und in schwierigen Situationen standhaft zu bleiben und immer nach Lösungen zu suchen. Die Flucht hat mich auch dazu inspiriert, meine Emotionen und Erlebnisse in meiner Musik auszudrücken, was zu einer tieferen Verbindung zu meinen Tracks geführt hat. Jeder Schritt auf meiner Reise hat mich als Künstler und Mensch geformt.

Trotz der schrecklichen Momente, die du erlebt hast, ist dein Sound äußerst funky und fröhlich. War bzw. ist Musik eine Art Happy Place für dich?

Absolut, Musik ist für mich mehr als ein Happy Place. Sie hat mir geholfen, schwierige Zeiten zu überstehen und positive Emotionen zu fördern. Wenn ich Musik mache oder auflege, kann ich meine Gedanken und Gefühle ausdrücken und gleichzeitig andere Menschen glücklich machen. Die Energie der Musik und die Reaktion des Publikums sind für mich eine Quelle der Freude und Inspiration, die mich immer wieder motiviert. Musik bedeutet mir alles.

Du bist Resident im Pik Dame in Frankfurt. Angefangen hat alles mit einer Mail, die du an den Club bzw. an den Betreiber Max Coga geschrieben hast.

Es war das beste Treffen in meinem Leben, um ehrlich zu sein. Das kann nur das Universum! Es ist wie eine Parallelwelt, haha! Ich hatte mit meinem Bruder ja auch einen Club in der Ukraine, und als ich zur Pik Dame kam, wurde mir klar, dass hier auch zwei Brüder am Werk sind und es einen sehr ähnlichen Hintergrund wie bei mir gibt. Dazu liebe ich die Familiengeschichte des Clubs sehr. Familie ist mir sehr wichtig, denn sie steht für Zusammenhalt, und das verkörpert Max mit seiner Familie sehr. Pik Dame ist seit 1959 der älteste Nachtclub von Frankfurt. Ich habe eine Plattform bekommen, auf der ich mich mit anderen Top-DJs präsentieren darf. Anfangs war die Kommunikation nicht einfach, aber wir alle spürten diese Verbindung und konnten uns quasi auch ohne Worte verstehen. Ich bin den Jungs sehr dankbar, dass sie mir eine Chance gegeben haben. Nach allem, was passiert ist, wollte ich einfach nur Musik spielen und versuchen, mit meinem Leben weiterzumachen. Jetzt bin ich von Menschen umgeben, die Musik so lieben wie ich, und dafür bin ich dankbar. Ich spüre unsere Verbindung und wie wir wachsen. Das ist unglaublich.

Vor Kurzem ist dein Debütalbum „90 Seconds To Midnight“ erschienen. Was bedeutet der Titel für dich?

Das sind quasi die Stunden des Weltuntergangs, und diese Zahlen symbolisieren den aktuellen Zustand unserer Welt vor dem Jüngsten Gericht. Die Doomsday-Uhr wurde 1947 erfunden, und wir waren nie zuvor so nah an der 12 wie jetzt. Für mich symbolisiert der Titel „90 Seconds To Midnight“ die Dringlichkeit und Intensität der kritischen Zeit. Es ist eine Erinnerung daran, wie nah wir großen Veränderungen im Leben sind. Wir müssen leben, lieben, uns freuen und tanzen, Momente teilen und noch etwas mehr nachdenken. Musik bedeutet mir alles und ich glaube daran, dass Musik das Medium ist, um Menschen miteinander zu verbinden und um zu verändern.

Wie lange hast du am Album gearbeitet und wie ist dein Workflow im Studio?

Ich habe gleich nach dem Krieg angefangen, dieses Album zu schreiben. Ich hatte traurige Spuren und dann inspirierten mich die Ukrainer, die trotz Krieg und Beschuss auch irgendwie weiterlebten. Sie versuchten auch zu feiern, während draußen die Sirenen heulten. Sie tanzten weiter, egal, was passierte. Das ist Macht, und wir Menschen haben genau diese in der Hand. Es bleibt uns überlassen, das zu tun, was wir lieben. Lieben, genießen und glücklich sein, sollte die Devise sein.

Was sind deine aktuellen Pläne für die nächsten Wochen und Monate?

Am 14. September habe ich zwei Shows auf Ibiza, darauf freue ich mich sehr. Außerdem sind weitere Singles geplant. Im November erscheint schon das zweite Album. Es hat sich eine Menge Musik angesammelt und ich möchte sie mit den Menschen teilen. Die Pläne für die Zukunft bestehen darin, zu spielen, zu leben und zu versuchen, den Menschen durch Musik Emotionen zu vermitteln. Musik schweißt zusammen und mit ihr möchte ich es den Menschen möglich machen, für ein paar Stunden alle Probleme zu vergessen.

Aus dem FAZEmag 139/09.2023
Text: Triple P
Foto: Max Coga
www.instagram.com/bachidj