Boris Brejcha – Mit oder ohne Maske magisch

Die Zeit vergeht rasend schnell. Künstler, die vor zwei Jahren Geheimtipps gewesen sind, spielen heute in der Superstar-Liga und Artists, die man vor zwei Jahren noch auf jedem Festival antreffen konnte, sind quasi unsichtbar in Deutschland. Als wir Boris Brejcha anlässlich seines bislang letzten Longplayers zum Interview gebeten hatten, ahnten wir schon, dass seine Entwicklung ebenso rasant verlaufen würde. Und ja, vielleicht sollten wir öfter Lotto spielen oder auf den Joker setzen. Im April 2018 ist Boris auch in Deutschland und Europa dort angekommen, wo er in Südamerika schon einige Zeit angesiedelt ist – ganz oben. Umso mehr freuen wir uns, dass Boris für uns einen exklusiven Download-Mix angefertigt und auch noch Zeit gefunden hat, um uns Rede und Antwort zu stehen.

 

BorisBrejcha

 

In unserem letzten Interview hast du gesagt, dass du noch 133 unveröffentlichte Tracks hast. Wie viele sind es denn mittlerweile?

Gute Frage. Ich bin gar nicht auf dem aktuellen Stand. Dadurch dass ich Ende letzten Jahres meinen alljährigen Christmas-Mix herausgebracht habe, sind es wohl weniger geworden. Ich hatte in meinem Urlaub Anfang des Jahres gar nicht so viel Zeit fürs Studio. Zumindest hätte ich mir etwas mehr davon gewünscht. Aber okay, andere Projekte waren erst mal wichtiger.

Es hat sich einiges getan in der Zwischenzeit. Der Superstar-Status, den du in Südamerika schon seit einiger Zeit innehast, ist auch nach Europa hinüber geschwappt. Es gibt aktuell kaum ein renommiertes Festival, das ohne Boris Brejcha auskommen möchte. Wie erklärst du dir diese Entwicklung und inwiefern beeinflusst diese Anfragewelle deinen Booking-Kalender?

Das Wort Superstar stört mich etwas. Das sind Namensgebungen, die ich nicht erschaffen oder kreiert habe. Nur weil mehr Menschen zu meinen Auftritten kommen, muss man ja nicht gleich ein Superstar sein. Eher ein Underground-Musiker, nur etwas bekannter, oder so. Auf der anderen Seite finde ich es schön, dass selbst in Europa immer mehr Menschen meine Musik mögen und auch zu meinen Auftritten kommen – was die Arbeit meiner Booking-Agentur erheblich erschwert und auch herausfordert. Die Menge der Anfragen ist um einiges gestiegen und es wird schwer, so zu entscheiden, dass jeder glücklich damit ist. Wir versuchen auf alle Fälle, auch kleinere Clubs beizubehalten, die mir in der Vergangenheit gefallen haben, auch wenn die Gage eher „smart“ ist. Aber ich nehme das auch ziemlich gelassen. Wer große Bühnen beschallen kann, der kann auch in kleinen Clubs spielen. Das ist wichtig für die Fans und mich selbst. Man sollte nie vergessen, wo man herkommt. Aber um es auf den Punkt zu bringen: Dieses Jahr sind wir mit den Bookings quasi schon durch, soweit ich das auf meinem Kalender sehe. Anfragen für 2019 kann man gerne schon einreichen. Von Jahr zu Jahr werde ich etwas mehr zurückstecken. Das heißt, weniger spielen, dafür mit weitaus mehr Freude und Gelassenheit. Wenn man jedes Wochenende auf Tour ist, kann einen das innerlich ziemlich ausbrennen. Erst letztes Jahr musste ich die Australien-Tour wegen Stress absagen. Das war mir eine Lehre. Mein Ziel ist es, jedes Jahr einen Monat mehr auf meinen Urlaub drauf zu packen. Dieses Jahr hatte ich zwei Monate am Stück Urlaub, nächstes Jahr sollen es dann drei werden – bis ich für mich den perfekten Ausgleich gefunden habe zwischen dem Dasein als DJ und Musiker.

Nicht unmaßgeblich zu deiner gestiegenen Popularität in Europa hat das Cercle-Set vor dem Chateau de Fontainebleau beigetragen. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen und welche besonderen Events oder Locations reizen dich?

Um ehrlich zu sein war ich anfangs dagegen, dort zu spielen, oder vielmehr: Ich wusste nicht, was mich erwartet, als mich meine Booking-Agentur fragte. Wir haben für Frankreich eine spezielle Agentur, mit der wir zusammenarbeiten, und der Manager dieser Agentur meinte nur, es wäre wichtig, dort zu spielen. Ohne Bezahlung. Nachdem sich herauskristallisiert hatte, um was es genau geht und an welchem Platz das Event stattfinden soll, war ich direkt Feuer und Flamme. Solche Events hast du nur einmal in deinem Leben. Die sollte man definitiv mitnehmen. Daran wird man sich sein ganzes Leben lang erinnern. Das war das gleiche Spiel wie mit dem DJ-Set in Prag auf unserer Europa-Bus-Tour, vor den Wasserfontänen. Unbezahlbar und atemberaubend ist so etwas. Aber dass das Cercle-Set am Ende so erfolgreich wurde, konnte niemand vorher wissen. Vor allem weil die Anlage vor Ort eher „bescheiden“ war. Zwei kleine Böxchen auf gut Deutsch. Wenn man fünf Meter davon entfernt stand, als Zuschauer, hat man von der Musik nichts mehr gehört. Das war schon ziemlich crazy. Aber über 10 Millionen Views in unter einem Jahr sind definitiv beachtlich; das hat meiner Karriere einen großen Schub gegeben. Ich denke mal, dass solche Locations für jeden DJ mega sind. Es ist einfach etwas Besonderes. Um so mehr freue ich mich auf den kommenden Auftritt, dieses Jahr in Prag. Da plant der Veranstalter wohl auch wieder eine spezielle Location. Ich bin sehr gespannt.

Mit deinem eigenen Label Fckng Serious warst du vergangenes Jahr auf Europa-Bus-Tournee. Welche weiteren Projekte sind mit deinen Label-Kollegen geplant und was muss ein junger Produzent beherzigen, wenn er mit seinen Produktionen bei Fckng Serious landen möchte?

Die Bus-Tour war der Hammer – und wir sind auch schon wieder mitten in der Planung für eine weitere im September. Diesmal soll es einmal quer durch Frankreich gehen. Das wird wieder ein großer Aufwand, logistisch gesehen, aber wir freuen uns jetzt schon alle darauf. Darüber hinaus werden wir auch wieder einige Label-Nights spielen. Das sind für uns immer die coolsten Auftritte, wenn alle Künstler mit dabei sind und wir zusammen durch die Welt reisen. Es fühlt sich immer wie so ein kleiner Familienausflug an. Diverse Veröffentlichungen wird es dieses Jahr auch wieder geben. Unsere Künstler haben schon einiges an neuen Tracks in der Pipeline. Es gab ein paar kleinere Probleme, die wir erst aus der Welt schaffen mussten, wir sind aber guter Dinge, dass schon bald das nächste Release kommen wird. Ich selbst werde dieses Jahr auch Gas geben – mit diversen Singles und meinem neuen Album wird einiges auf die Welt losgelassen. Auf der Suche nach neuen Künstlern sind wir immer offen. Ich selbst habe zwar nicht so viel Zeit, um kontinuierlich auf SoundCloud die ganzen Demos anzuhören, aber ich gebe mein Bestes. Der beste Weg, uns ein Demo zukommen zu lassen, ist über die „Fckng Serious“SoundCloud-Seite – einfach eine private Nachricht mit dem dazugehörigen Link an uns schreiben. Unter Umständen kann es Wochen dauern, bis man eine Antwort bekommt. Angehört wird in der Regel aber alles. Um bei uns zu landen, muss man einfach Spaß an der Musik haben und das rüberbringen können. Man sollte als DJ seine Musik definitiv selbst produzieren und „Handmade“-Musik wäre natürlich auch von Vorteil. Das heißt, einfach nicht so viele Sample-CDs benutzen. Damit meine ich die bereits fertigen Loops; einzelne Sounds wie Kicks, Hi-Hats gehen natürlich in Ordnung. Das Problem ist, dass man sehr schnell heraushört, ob es ein Loop ist oder nicht. Was das Musik-Genre angeht, sind wir sehr offen. Also sendet uns einfach elektronische Musik, an der ihr Spaß habt! Wenn wir es cool finden, melden wir uns bei euch.

Deine Joker-Maske ist beziehungsweise war dein Markenzeichen. Allerdings spielst du mittlerweile auch gelegentlich ohne die Maske und auch auf Pressebildern sieht man dich des Öfteren „nackt“. Ist es für den Künstler Boris Brejcha an der Zeit, unmaskiert in den Vordergrund zu treten, oder was steckt dahinter? Was ist dein wahres Ich?

Ich denke eher, das ist ein kleines Missverständnis. Ich spiele schon seit jeher die Hälfte der Auftrittszeit mit Maske und die andere Hälfte ohne. Anders ist das, wenn ich meine Maske mal verliere oder sie mir geklaut wird, was schon häufiger vorgekommen ist. Ich finde das um einiges besser, dass meine Fans auch die reale Person dahinter kennen. Immerhin wurde ich ja nicht mit dieser Maske geboren. Ich versuche also immer, ein Gleichgewicht zu wahren. Wenn ich bei Auftritten nach einer Stunde die Maske abnehme, hat das immer einen positiven Touch. Die Fans freuen sich. Daher sind auch die Pressebilder immer ein Mix, mal mit und mal ohne, und die Veranstalter können selbst entscheiden, welches Bild sie für ihr Event nutzen – wobei die Wahl zu 90 % auf ein Masken-Bild fällt. So die Erfahrung, die wir gemacht haben, was aber nicht schlimm ist. Ein guter Vorteil ist auch, dass mich viele nur in Verbindung mit der Maske kennen. Das heißt, ich werde auf der Straße schon mal weniger angesprochen. So behält man sich etwas mehr Privatsphäre, was auch nicht schadet.

Du lebst sehr zurückgezogen auf dem Land, statt in der Großstadt zu wohnen. Wie kam es dazu und wo siehst du Nachteile, verglichen mit dem Leben in einer Metropole? Ist dir dein heimisches Studio noch immer so viel wert, dass du nur dort produzierst, oder bist du auch unterwegs auf Reisen kreativ?

Das stimmt. Ich lebe seit knapp drei Jahren auf dem Land. Und ich muss sagen, dass ich es sehr schätze. Es ist die Ruhe, die mir wieder Kraft für das turbulente Wochenende gibt. Stadt ist immer ein unterbewusster Stressfaktor, den wir in unserer Gesellschaft schon gar nicht mehr wahrnehmen. Dieser stetige Geräuschpegel hat mich über die Jahre wahnsinnig gemacht. Ich wohnte zwar nur in einer kleineren Stadt, das hat mir aber schon gereicht. Bei mir auf dem Dorf mit 300 Einwohnern höre ich nur den Wind und die Vögel. Das ist wie ein kleiner Kurzurlaub unter der Woche und ich kann mich voll und ganz auf das Musikmachen konzentrieren. Zumal Freunde nur noch halb so oft vorbeikommen, ich wohne ja zu weit weg (lacht). Gut für mich. Also, das heißt nicht, dass ich kein soziales Umfeld mehr habe. Meine Eltern sehe ich mindestens einmal pro Woche. Mit meinem besten Freund Deniz gehe ich einmal die Woche Squash spielen und wir unternehmen danach noch was. Ich würde sagen, es ist ein sehr guter Ausgleich zwischen Ruhepol und sozialem Umfeld. Für mich ist das perfekt. Und ich möchte auch nicht mehr zurück in eine Stadt – ich kann ja mit dem Auto hinfahren, wenn ich will.

Auf Reisen Musik zu produzieren, sagt mir einfach nicht zu. Daran hat sich bis heute auch nichts geändert. Ich brauche einfach mein Studio mit der richtigen Akustik und den Monitorboxen mit extraviel Bass. Produzieren soll ja Spaß machen. Ich denke nicht, dass es auf Kopfhörern mehr Spaß macht. Aber am Ende muss das jeder für sich entscheiden.

Als international gefragter DJ bist du viel in der Welt unterwegs. Welche Dinge brauchst du nach einem harten Wochenende, wenn du wieder zu Hause bist? Was ist dir auf Reisen extrem wichtig? Wie sieht dein Rider aus?

Wenn ich nach dem Wochenende wieder zu Hause bin, brauche ich erst mal viel Ruhe und Schlaf. Auf den Reisen versuche ich zwar auch immer, jede freie Minute zum Schlafen zu nutzen, oft klappt es aber nicht. Der Montag ist bei mir der neue Sonntag. Da mache ich gemütlich meinen Papierkram, der gemacht werden muss, und den Rest des Tages relaxe ich. Wenn ich auf Tour bin, lege ich großen Wert auf Gemütlichkeit. Das hört sich immer ein wenig an, als sei man eine „Diva“, ist aber sehr wichtig. Jeder, der so viel reist, wie ich es tue, wird mir Recht geben. Man soll sich ja wohlfühlen, immerhin ist man die Hälfte seiner Zeit nicht zu Hause. Umso angenehmer finde ich es, wenn Veranstalter sich sichtlich Mühe geben und alles passt. Immerhin will der Veranstalter ja auch, dass man wiederkommt, und man sollte sich bewusst machen, dass man als DJ nicht nur zwei Stunden auf der Party ist. Das Drumherum ist das Entscheidende. Während alle anderen schlafen gehen, die Party-Gäste, der Veranstalter, sind wir schon wieder auf dem Weg zum Flughafen, einchecken, fliegen, wenig Schlaf – und die nächste Party wartet schon. Das kann ganz schnell stressig werden. Wer es nicht selbst miterlebt, weiß gar nicht, wie das ist. Wichtig ist also ein schönes, gemütliches Umfeld. Hotelzimmer am besten mit Balkon; so kann man sich im Sommer auch mal raus setzen. Gutes Essen mit einem Glas Wein. Abendessen direkt bei Ankunft und nicht erst zwei Stunden danach. Es sind immer die Kleinigkeiten, die entscheidend sind, um einen Menschen glücklich zu machen. Dazu zählt auch, dass im Backstage im Club die Getränke bei Ankunft schon bereit stehen.

Bei Snap-TV auf Instagram können dich deine Fans rund um deine Gigs am Wochenende oft begleiten und einen Einblick in dein DJ-Leben bekommen. Wie sehen deine Wochenenden aus, wenn mal keine Auftritte anstehen? Mal abgesehen von der elektronischen Musik, was hörst du privat am liebsten? 

Privat höre ich alles querbeet. Von Rock über Pop bis hin zu Hip-Hop ist alles dabei. Es gibt überall gute Musik zu finden. Elektronische Musik höre ich da sehr selten. Das beeinflusst mich zu sehr in meiner Arbeitsweise im Studio. Wenn ich nicht auf Tour bin, sind meine Wochenenden ganz „normal“, würde ich sagen. Was essen gehen, ganz viel relaxen, ins Kino gehen, kochen, Freunde besuchen. Im Februar dieses Jahres waren wir in meiner freien Zeit in Köln und haben Karneval gefeiert. Das war auch ziemlich lustig – zumal es das erste Mal war, dass ich Karneval gefeiert habe.

Deine Fangemeinde in Argentinien und Brasilien ist riesengroß. Zum Jahreswechsel hast du auch das wohl größte Festival dort, das Universo Paralello Festival in Brasilien, bespielt. Inwiefern unterscheiden sich die europäischen Fans von denen in Südamerika?

Es war definitiv nicht das größte Festival, dafür aber ein sehr schönes – und auch das erste Festival, auf dem ich jemals gespielt habe, zu Beginn meiner Karriere. Die Kombination aus Party, Sonne und Strand ist einfach unschlagbar. Der Unterschied, die Fans betreffend, ist ziemlich einfach erklärt. In Südamerika sind die Fans schon ein wenig fanatisch. Es geht nicht nur um die Musik. Die Person dahinter ist sehr wichtig. Es kommt sehr oft vor, dass Fans zum Beispiel eine Story auf Instagram sehen, erfahren, dass ich gerade im Hotel X bin, sich dann auf den Weg dorthin machen und an der Rezeption warten. Einfach warten. Drei Stunden, fünf Stunden. Wenn ich dann mal durch Zufall herunter komme, freuen sie sich und wir machen natürlich auch ein Foto zusammen. Das ist schon alles, was sie haben wollen. Darauf zu warten, lohnt sich für sie. Würde ich nicht erscheinen, wäre das aber auch okay. Das ist schon etwas crazy, aber irgendwie supersüß. Oder Fans reisen teilweise viele Stunden mit dem Auto an, um zu einem Auftritt zu kommen. Selbst ich würde das nicht machen (lacht). Da würde ich lieber auf der Couch zu Hause relaxen. Das heißt natürlich nicht, dass ich Fans und Partys in Europa nicht mag. Ganz im Gegenteil! Die Kultur ist einfach nur anders, und das ist auch gut so.

Du hast für uns einen exklusiven DJ-Mix angefertigt. Worauf dürfen wir uns freuen?

Stimmt. Zuallererst ist er verhältnismäßig lang. Ich mache eigentlich immer nur einen 60-Minuten-Mix. Aber ich hatte große Freude daran. Vor allem weil ich diesmal nicht nur meine eigenen Lieder gespielt habe, was für mich ja wie Butter von der Hand geht. Es wurden Lieder von allen Artists auf meinem Label zusammengewürfelt. Es war für mich eine kleine Competition, die einzelnen Lieder zu einem Ganzen zusammenzufügen. Als Bonus habe ich von mir selbst noch ein unveröffentlichtes Lied beigesteuert. Und auch die anderen Künstler – Deniz Bul, Ann Clue und Theydream – haben mir für diesen Mix noch jeweils einen unveröffentlichten Titel zur Verfügung gestellt. Die wird es auch nur in dem DJ-Mix geben. Sehr exklusiv.

Dein aktuelles Genre wird als High-Tech-Minimal bezeichnet. Was genau hat man sich darunter vorzustellen und was kommt danach? In welche anderen Genres würdest du gerne hineinschnuppern? Immerhin kann man im Internet nachlesen, dass du durch eine Thunderdome-CD dein Interesse an elektronischer Musik entdeckt hast. 

Unter dem Genre kann man sich einen Mix aus allem vorstellen. Also aus allen Genres der elektronischen Musik. In erster Linie war es mir wichtig, ein Genre zu haben, damit meine Fans mich mit einer Musikrichtung identifizieren können. Fans stecken einen ja gerne in Schubladen. Zumindest ein wenig. Für mich ist der Name beziehungsweise das Genre einfach nur eine Weiterentwicklung meiner musikalischen Karriere, da ich zu Beginn ausschließlich Minimal produziert habe. Da ich aber meistens so Musik produziere, wie ich mich fühle, produziere ich nicht nur Minimal. Und auch nicht nur Techno. Es ist ein Mix aus allem eben. Viele Melodien oder auch Electro-Einflüsse. Für mich gibt es da keine wirklichen Einschränkungen. Was gut klingt, ist gut. Daher würde ich auch nie mein Musiklabel Fckng Serious auf nur eine Musikrichtung beschränken. Unsere Künstler sollen frei sein, tun und lassen können, was sie möchten. Musik machen ist wie ein Bild malen. Da gibt es keine Grenzen. Das würde einen Künstler nur einschränken.

2007 hast du ein programmatisches Album mit dem Titel „Die Maschinen kontrollieren uns“ veröffentlicht. Wie stellst du dir die technologische Zukunft vor? 

Spannendes Thema – und ich würde sagen, der Titel ist gar nicht mehr in so weiter Ferne. Aktuell machen diverse Maschinen ja schon ziemlich viel. Wir geben die Kontrolle aus der Hand. Das fängt schon bei einer Spülmaschine an. Superpraktisch so ein Gerät. Habe ich auch. Mit der Hand zu spülen, ist schon ziemlich oldschool geworden. Ich denke, dass da in der Zukunft noch so einiges kommen wird. Darauf freue ich mich sehr, auch wenn die Vorstellung ein wenig erschreckend ist, dass Maschinen uns wirklich eines Tages kontrollieren oder gar künstliche Intelligenz weiter wächst. Superglücklich bin ich aber eher über die Tatsache, dass ich noch die Zeit kenne, in der man kein Handy hatte, keinen Computer, kein Google, kein Internet etc. Auf dem Land, wo ich wohne, fühle ich mich manchmal in diese Zeit zurück versetzt. Meine Internetleitung ist „superlahm“. Damals hat man sich für 5:00 Uhr verabredet und hat nicht vorher noch 20-mal nachgefragt, ob man sich auch wirklich um 5:00 Uhr trifft oder ob es später wird. Man hat gewartet oder sich eventuell mal mit sich selbst beschäftigt. Viele Menschen haben verlernt, auch mal nichts zu tun. Nichts tun heißt auch kein Fernsehen schauen oder auf Instagram stöbern. Sondern eher Augen zu, im Garten sitzen und Gehirn ausschalten. Ich halte es für fatal, dass viele nicht mehr wissen, wie sich das anfühlt, oder dann denken, es sei langweilig.

Du benutzt Cubase als DAW. Welches andere Equipment findet in deinem Studio Verwendung? 

Richtig. Cubase ist mein Baby. Seit Anbeginn ist das Programm an meiner Seite. Mein Studio ist supersimpel. Außer meinem Apple-Rechner findet man noch ganz viele Akustik-Elemente von HOFA, ein Midi-Keyboard von Akai, eine Sound-Karte von Steinberg selbst, Lautsprecher von Adam Audio und ein Mikrofon von Neumann. Hardware besitze ich nicht. Alles spielt sich im Rechner ab. Software-Synthesizer waren schon immer meine Welt, seit ich denken kann. Total Recall, einfach zu bedienen und zukunftsorientiert. Aktuell nutze ich viel den Omnisphere & Trillion von Spectrasonics, Nexus, Fabfilter und mein absoluter Liebling ist der Alchemy von Camel Audio. Schade, dass Apple die Firma aufgekauft hat und es diesen nur noch für Logic gibt. Das heißt, ich darf meinen Computer erst mal nicht neu aufspielen, da ich den Zeitraum verpasst habe, wo man sich die Sicherung herunterladen musste. Das fand ich schon sehr frech von Apple. Aber okay … Früher hatte ich mal den ein oder anderen Hardware-Synthesizer. Nach kurzer Zeit wurden sie dann aber wieder verkauft. Ich bin und bleibe ein Software-Kind.

Was war für dich das Highlight in den vergangenen zwölf Monaten und auf welches Event freust du dich in diesem Jahr besonders?

Das kann man so genau gar nicht sagen. Es gab einfach zu viele Highlights. Das Universo Paralello Festival war mit Sicherheit eines der Highlights. Auch sehr gut war meine Geburtstagsfeier im Hans Bunte Areal in Freiburg. Das war eine richtig coole Party, zusammen mit all meinen Freunden. Für dieses Jahr gibt es viele neue Festivals und Clubs, die ich bespielen werde – dazu gehören unter anderem Timewarp, Love Family Park, Tomorrowland und auch das Exit Festival. Es freut mich sehr, dass das geklappt hat.

Kurz & knapp
Lieblings-Formel1-Fahrer: Ich auf der PSX
Lieblings-Sportwagen: Audi R8
Lieblings-Film: The Wolf of Wall Street
Lieblings-Gericht: Carbonara 
Lieblings-Drink: Kaffee 
Lieblings-Buch: Generation Doof
Drei Dinge, die dich in deiner Freizeit glücklich machen: Schlafen, Sex und gutes Essen

Aus dem FAZEmag 074/04.2018
Text: Sven Schäfer

FAZEmag DJ-Set #74: Boris Brejcha – exklusiv bei iTunes & Apple Music
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