Sein Track „F*ck Up The Party“ beendete das Jahr 2022 mit einem Knall und zum Ende des Jahres 2023 rückt er wieder ins Rampenlicht – wenn auch nur indirekt: Frank Tomiczek alias Da Hool. Sein Hit „Meet Her At The Loveparade“ wurde 1997 zur Hymne einer ganzen Techno-Nation und stürmte in die Charts. „Meet Her At The Loveparade” ist für alle Raver*innen das, was „All I Want For Christmas“ von Mariah Carey für alle Weihnachtsfans ist: Ein Klassiker, der jedes Jahr aufs Neue gehört wird. Gehört wird das Stück 2024 allerdings nicht nur in der Originalversion, denn mit Tiëstos neuem Remix erhält der Track eine Big-Room-Frischzellenkur. Für uns Anlass genug, um mit Da Hool, der den Mix des Monats Dezember beisteuert, über die Geschichte der Platte und andere Dinge zu sprechen.
Hallo, Frank. Wie ist der Stand der Dinge bei dir? War 2023 ein erfolgreiches Jahr für dich?
Heyho, alles gut! Ja, 2023 war tatsächlich ordentlich. Ich war sehr viel unterwegs und hatte jede Menge Spaß.
Musikalischen Gesprächsstoff gibt es diesmal primär in Form des neuen Tiësto-Remixes zu deinem Klassiker „Meet Her At The Loveparade“. Erzähl doch mal, wie kam das zustande? Ist Tiësto persönlich auf dich zugekommen?
Sony Music hat jetzt die Masterrechte an „Meet Her At The Love Parade“ und in Folge dessen mit mir über ein neues Remake gesprochen. Den Remix spielt Tiësto ja bereits seit Monaten. Sony Music hat dann sein Team kontaktiert und wir haben uns auf ein Collabo-Release geeinigt. Es wird auch noch eine weitere Version mit Dimitri Vegas und Maddix geben, die jetzt schon im Aftermovie von Tomorrowland zu hören ist.
Von David Guetta bis Carl Cox spielen ja seit jeher fast alle deinen Track. Kannst du ihn selber noch hören und wie viele Remakes braucht die Welt?
Ob ich ihn selber noch hören kann, kommt immer darauf an. Manchmal ja, manchmal nein, aber wenn ich ihn spiele und das Lachen in den Gesichtern der Leute sehe, weiß ich, dass es richtig ist. Wie viele Remakes die Welt braucht, weiß ich nicht, aber wenn Tiësto es macht, wäre ich blöd, nein zu sagen. Irgendwie scheint diese Melodie ja den Zeitgeist und den Nerv der Menschen bis heute getroffen zu haben. Ich bin selber immer wieder erstaunt, wie viele neue Versionen davon auftauchen und wie viele Anfragen wir im Monat bekommen für weitere Remakes. Was die einen gerne als ausgelutscht bezeichnen, sorgt bei anderen für Euphorie. Vor allem die junge Generation scheint wieder richtig Gefallen an dem Track zu finden. Es ist wie Bruce Willis und „Stirb langsam“ jedes Jahr wieder zu Weihnachten im TV. Und den gucke ich mir auch immer wieder an.
Für große Aufmerksamkeit in Zusammenhang mit dem Track hatte 2019 der damals noch unbekannte Joel Corry gesorgt, der ohne Absprache Elemente des Originals für seinen Track „Parade“ kopierte. Obwohl dir das logischerweise überhaupt nicht gefallen hat, ist der Track vor einigen Jahren dann sogar offiziell erschienen. Wie habt ihr euch damals geeinigt?
Ich hatte 2019 die Idee, eine neue Version von „Meet Her At The Love Parade“ zu machen, und genau zu diesem Zeitpunkt kamen aus England in einem Zeitraum von ca. drei Monaten drei Anfragen hintereinander zur Freigabe einer neuen Version von einem gewissen Joel Corry, die wir dreimal freundlich abgelehnt haben, da wir ja unser eigenes neues Release geplant hatten. Dann plötzlich hat er die Nummer einfach ohne Erlaubnis veröffentlicht und sie landete auf Platz eins bei Beatport & Co. Das ist so, als wenn dich dreimal jemand fragt, ob sie oder er mit deinem Auto fahren dürfe, du dreimal ablehnst und die Person dann trotzdem losfährt. Wir haben dann alles stoppen und von Beatport, YouTube usw. entfernen lassen. Daraufhin habe ich auch noch dieses Posting gemacht und die Geschichte öffentlich gemacht, was dann einen großen Shitstorm bei Joel erzeugt hat. Das ging dann leider so weit, dass es sogar Morddrohungen in den Kommentaren gab, was überhaupt nicht cool war! Joel Corry hat mich dann kontaktiert und gebeten, das Posting zu löschen. Er wusste, dass er einen Riesenfehler gemacht hatte und es tat ihm leid. Das habe ich ihm auch geglaubt. Für mich war die Sache dann erledigt. Joel ist tatsächlich ein echt netter Kerl. Zwei Jahre später kam dann Kosmo Music, die ja damals noch die Masterrechte am Track hatten, mit der Idee auf mich zu, den zwei Jahre alten Mix doch offiziell als Collabo zu releasen. Ich war zunächst skeptisch, weil ich zwei Jahre vorher so einen Aufriss gemacht hatte, aber dann haben wir es einfach gemacht …
Bist du im Laufe deiner Karriere schon häufiger Opfer von Track-Diebstahlen geworden?
Meistens handelt es sich immer um den einen Track. Im Internet kursieren etliche Versionen von „Meet Her At The Love Parade“, die alle nicht offiziell sind. Von Techno bis Hardstyle ist alles dabei. Letztlich ist es aber auch eine Bestätigung deines musikalischen Schaffens, wenn andere Menschen sich deiner Sachen und Ideen bedienen. Nur die Kohle sollte gefälligst beim Urheber bleiben.
Drehen wir die Zeit um weitere 22 Jahre zurück. Nimm uns mit auf die Entstehungsreise des Originals.
Es war einmal ein Sonntag, da kam ich aus Berlin von der Loveparade nach Hause und war irgendwie gar nicht müde. Also beschloss ich, in mein Studio zu gehen und ein wenig Musik zu machen. Ich habe herumgejammt, mir einen Beat zusammengebastelt und angefangen, mit der rechten Hand auf meinem Keyboard rumzuklimpern, während ich mit meiner linken Hand die Oszillatoren auf meinem Synthesizer vergewaltigte, bis dann plötzlich dieser Sound da war, mit dem ich diese Melodie spielte. Am Tag danach habe ich den Track im Auto gehört und ertappte mich dabei, wie ich ihn immer und immer wieder von vorne spielte. Ich war echt geflasht. Ich habe ihn dann einigen Labeln angeboten, u.a. auch East West/Warner, wo ich damals als DJ Hooligan einen Major-Deal hatte. Komischerweise wollte den Track aber keiner veröffentlichen. Keiner! Ich habe ihn dann auf meinem eigenen Label B-Sides als Da Hool veröffentlicht und wir sind mit einer kleinen Auflage von 4.000 gepressten Vinyls an den Start gegangen. Plötzlich hat sich die Nummer entwickelt und jeder hat sie rauf und runter gespielt. Als ich einmal in Barcelona auflegte und nach mir DJ Fly von Bonzai spielte, fragte er mich nach dem Track. Ich gab ihm eine Kopie und am Montag darauf hat er mich aus Belgien angerufen, um die Nummer für Bonzai Records zu lizenzieren. Das ging alles wahnsinnig schnell damals. Als die Nummer in den Clubs abging, kamen natürlich alle großen Label und wollten die Nummer signen.
Auf der Loveparade werden wir „her“ wohl nicht mehr treffen. Dafür feierte Rave The Planet, der offizielle Nachfolger der Parade, in diesem Jahr seine zweite Ausgabe. Wir nehmen an, dass du auch vor Ort warst? Wie gefällt dir die Umsetzung?
Ich muss gestehen, dass ich dieses Jahr gar nicht dabei war, weil ich schon auf einem Festival in Belgien gebucht war. Zu dem Zeitpunkt stand der Termin von Rave The Planet noch nicht fest. Ich habe aber viele positive Sachen gehört. Persönlich finde ich die Idee einer offiziellen Loveparade-Nachfolge sehr gut.
Du bist nun schon eine halbe Ewigkeit dabei. Während deiner Karriere hat die Branche eine Vielzahl an Veränderungen durchlebt. Was waren deiner Meinung nach die signifikantesten?
Ich glaube, die wesentlichste Veränderung war die Entstehung des digitalen musikalischen Zeitalters. Also der Sprung von den physischen Tonträgern wie Vinyl und CD zu digitalen Medien wie MP3 und Co. Der Musikkonsum veränderte sich und wurde zum Teil sogar kostenlos, wenn du die richtigen Portale im Internet kanntest. In den 2000ern war das ziemlich katastrophal, weil jeder seine Musik aus dem Netz ziehen konnte, ohne dafür zu bezahlen. Mittlerweile gibt es Streamingplattformen wie Spotify, über die auch viele Leute schimpfen, aber immerhin wird hier wieder für Musik bezahlt, wenn auch mit einem minimalen Wert pro Stream. De facto wird jedoch jedes Mal, wenn dein Track von jemandem gehört wird, Geld generiert. Und das wird ja nicht weniger in der Zukunft. Früher hast du dir einmal eine Vinyl-Platte oder CD gekauft, hast beispielsweise zehn Euro dafür bezahlt, und dann war es das mit den Einnahmen. Dieser Tonträger wurde einmal verkauft, und egal, wie oft er abgespielt wird oder wie oft du den Play-Button auf deiner Gartenparty drückst: Er wird kein weiteres Geld generieren. Das ist mal eine andere Sicht auf das heutige Musikkonsumverhalten. Wir müssen uns mit der heutigen Zeit arrangieren und dürfen nicht dem Gestern nachtrauern.
Bleiben wir beim Thema: die Szene im Wandel. Gibt es da Dinge, die dir missfallen?
Ich kann gar nicht sagen, dass mir etwas missfällt, weil ich vieles gar nicht ernst nehme. Auffällig ist aber, dass es immer wieder dieselben typischen Spielverderber*innen sind, die den anderen den Spaß verderben wollen. Warum ist ein Großteil der Szene so geprägt von Neid und Missgunst? Jeder darf seine Meinung äußern und konstruktive Kritik ist immer gut, aber diese ganzen Hater, Neider und Musiknazis, die immer alles schlecht reden, alles besser wissen oder vorschreiben wollen, was erlaubt ist und was nicht, könnten doch einfach mal die Fresse halten. Oft sind diejenigen am lautesten, die selber nichts auf die Kette kriegen.
Widmen wir uns den positiven Aspekten.
Mir gefällt, dass die Szene so generationenübergreifend existiert. Jung und Alt gehen heute oft auf die gleichen Partys. Unsere Eltern konnten früher mit Techno nichts anfangen, aber heute sind wir die Eltern und hören die gleiche Musik wie unsere Kinder und andersherum.
Wenn du deine Karriere nochmal von vorne beginnen könntest – würdest du etwas anders machen?
Ich glaube, ich würde alles von Anfang an ein wenig professioneller gestalten. Andere Kolleg*innen, die jetzt Superstars sind, haben beispielsweise sehr früh angefangen, mit Manager*innen zu arbeiten, die sich um alles gekümmert haben. Ich hingegen war immer so eine Feierbirne, die ohne Businessplan alles aus dem Bauch heraus gemacht hat.
Wie sieht deine Studioaktivität aktuell aus? Erzähl uns etwas über deinen neuen Track „Little Suzie“.
Ich bin gerade ziemlich fleißig im Studio und arbeite an neuen Sachen. Wenn ich unterwegs bin, habe ich oft meinen Laptop dabei, damit ich Ideen direkt umsetzen oder daran weiterarbeiten kann. Bei „Little Suzie“ war es so, dass ich an einem neuen Beat gearbeitet habe und dann dieses Vocal auf meiner Festplatte gefunden habe, das ich vor ein paar Jahren mal selbst eingesungen hatte. Ich finde es immer noch sehr charakteristisch, weil es wie ein altes Sample von einer Platte klingt. Das Sample habe ich dann in mein Tech-House-Backing eingebaut und später habe ich noch einen schnelleren, ravigen Mix davon gemacht.
Gibt es Ziele oder Projekte, die du in naher Zukunft verwirklichen möchtest?
Ich möchte einfach viel neue Musik machen. Ich bin gerade in so einer Art Aufbruchstimmung und habe richtig Bock. Im Moment arbeite ich an diversen Collabos mit anderen Künstler*innen sowie an eigenen neuen Sachen.
Startest du mit neuen Vorsätzen ins Jahr? Das ein oder andere Laster gibt es doch immer, das man ablegen möchte.
Die einzigen Vorsätze, die man sich doch immer macht, sind, gesund und erfolgreich zu bleiben. Ansonsten mache ich mir nie wirklich Vorsätze, weil man sie sowieso nie wirklich einhält. Typischerweise fängt man am Anfang des Jahres an, sich ein wenig gesünder und bewusster zu ernähren und Sport zu machen, aber umso näher der Sommer kommt, verfällt man wieder in alte Muster …
Willst du uns abschließend mal deine Top 10 des Jahres 2023 nennen?
Elli Brown – Be The One
Peggy Gou – It Goes
Hardwell, Maddix feat. Luciana – Acid
Supermode – Tell Me Why
Purple Disco Machine – Substitution
Hanna Laing – Party All The Time
Creeds – Push Up
Fulljos – Verloren im Weltraum
Rui Da Silva – Touch Me/Kream Remix
Yellow Claw – Sex Drugs Energie
Aus dem FAZEmag 142/12.2023
Text: M.T.
www.hool.tv