Danny Avila – Mainstage Techno

Harter, düsterer Techno ist schon seit seiner Geburtsstunde mit langen, dunklen Clubnächten und den entsprechenden Venues verheiratet. Tiefe Basslines schlängeln sich durch die unterschiedlichsten Clubs auf diesem Planeten, knallharte Kick-Drums dröhnen durch kleinere oder größere Warehouse-Raves. Mit Danny Avilas neuem Konzept „MainStage Techno“ erreicht der Underground-Sound nun die größten Arenen und Festivals der Welt. Seine Reputation als weltweit tourender DJ erlangte Avila dabei in den letzten Jahren mitnichten im Techno-Metier, sondern eher in kommerzielleren EDM-Gefilden. Dass seine Wurzeln jedoch im House- und Tech-House-Genre liegen, zeigen seine ersten Jahre, in denen der aus Marbella stammende Danny Avila schon in jungen Jahren auf Ibiza auflegte. Mit 17 Jahren wurde er bereits Resident im Blue Marlin, nur wenige Jahre später ging es in die Staaten, wo er renommierte Clubs wie das Pacha in New York spielte. Nach unglaublich erfolgreichen Jahren, zahlreichen Hits inklusive millionenfacher Streams entschied sich Avila Ende 2020, inmitten der seinerzeit vorherrschenden Corona-Pandemie, zu seiner wahren Passion zurückzukehren. Mit seinem neuen Konzept schlägt der Spanier die Brücke zwischen Underground-Techno und einem breiten Publikum. Auch in Sachen Produktionen knüpft er an dieses Ideal nahtlos an. Mit der Single „Sagrada Familia“, die nach der ikonischen unvollendeten Kathedrale in Barcelona benannt ist, zollt Danny seiner Heimat Spanien Tribut. Anfang 2023 veröffentlichte er seinen mit Spannung erwarteten Remix von John Summits „In Chicago“ auf Off The Grid und landete auf Anhieb auf Platz 1 in den Beatport-Top-100 sowie auf dem dritten Platz der meistgespeicherten Titel bei Spotify. Es folgten mehrere Releases, darunter auf Umeks Label 1605 sowie auf Filth On Acid, seines Zeichens das Imprint von Reinier Zonneveld.

Danny, wie geht es dir und wie war dein Jahr 2023 bis jetzt? Du hattest scheinbar einige tolle Shows, z.B. in Rumänien vor 10.000 Leuten. Außerdem bist du bei Beatport auf Platz 1 gegangen.

Hallo, Leute! Zunächst einmal vielen Dank für die Einladung zu diesem Interview, ich freue mich extrem. 2023 war in der Tat bisher ein tolles Jahr. Die Show in Rumänien war der Auftakt zu ganz vielen weiteren großartigen Events. Ich bin wirklich glücklich, denn alles, woran ich in den letzten Jahren gearbeitet habe, fügt sich im Moment sehr gut zusammen. Die Releases, die Shows, die Leute, die mein neues Projekt aufnimmt. Es sind sehr aufregende Zeiten, um ehrlich zu sein!

Auf dein neues Projekt kommen wir auch direkt zu sprechen. Du hast mit reinen Underground-Sounds im Blue Marlin auf Ibiza und auch im Pacha angefangen und machst mittlerweile seit 13 Jahren Musik. Richtig berühmt bist du allerdings mit EDM geworden. Nun hast du deinen Sound in Richtung Techno entwickelt. Zunächst einmal Respekt, dass du diesen Schritt unter dem selben Namen gehst und damit auch noch Erfolg hast. Dies gelingt gefühlt nur den Wenigsten. Erzähle uns mehr über diese Reise.

Und was für eine abgefahrene Reise das bislang war! Ich habe mit 14 Jahren angefangen, House und Tech-House zu spielen. Meine Karriere begann dann ein paar Jahre später auf Ibiza, wo ich diesen Sound spielte, den ich damals liebte. Aber die Dinge eskalierten förmlich recht schnell. Plötzlich spielte ich richtig große Shows, vor allem in den USA. Und natürlich begann ich, nach Musik zu suchen, die mehr Energie hatte und besser zu dem damals größeren Publikum passte.

Ich erinnere mich, dass es zu diesem Zeitpunkt für mich nichts gab, was mit EDM zu vergleichen war. Ich schloss mich irgendwie einer Welle an, ohne großartig darüber nachzudenken. Es passierte einfach ganz natürlich. In den ersten Jahren war ich sehr glücklich, denn die Musik und vor allem die Energie während meiner Sets waren enorm. Aber nach einigen Jahren begann ich, das Interesse an diesem Hype zu verlieren. Es hat mich nicht mehr begeistert und ich habe gemerkt, dass ich die Kunst und den Grund, warum ich mit dem Auflegen anfing, verloren hatte. Es war mehr eine Performance als ein richtiges DJ-Set. Und dank der Pandemie, als wir alle zu Hause saßen, wurde mir das klar. Zuerst fühlte es sich sehr seltsam an, keine Shows spielen zu können, aber nach einiger war es gut, auf die Stimme in mir zu hören und zu meinen Wurzeln zurückzukehren, wo sich alles so viel besser und realer anfühlte.

Wie ging es dann weiter?

Ich war mir meiner Entscheidung so sicher, dass ich mich entschloss, alles zu geben. Ich wusste, dass es einige Zeit dauern würde, bis die Leute es verstehen würden, aber wenn ich es mit dem Herzen mache und es wirklich bis zum Äußersten fühle, dass die Leute sich dann auf mich und den neuen Sound einlassen würden.

Dein Plan scheint aufzugehen. „Making techno for the Mainstage“ ist dabei dein Motto: Erzähl uns mehr über deine persönliche Interpretation.

Als ich mich entschied, „MainStage Techno“ zu gründen, wollte ich, dass es etwas Anderes und Einzigartiges wird. In den letzten zwölf Jahren meiner Karriere habe ich gelernt, dass man, wenn man Erfolg haben will, aus sich herausgehen und etwas anderes machen muss. Ich habe viele Jahre damit verbracht, Musik zu machen, der man nicht ansieht, dass sie von mir ist. Es hätte auch ein Lied von tausend anderen Künstler*innen sein können. Mit meinem Projekt wollte ich mich also von den anderen abheben und meinen eigenen Weg gehen. Als ich den Sound, den ich vermitteln wollte und meinen persönlichen Geschmack analysierte, wurde mir klar, dass das Ergebnis wie für die Mainstages dieser Welt gemacht war. Viel Energie, große Buildups, große Sounds bei den Drops. Auch ich als Künstler denke, dass ich eine gewisse Energie ausstrahle, die zu dem Sound passt, den ich spiele. Ich will nicht nur auf der Bühne stehen und etwas tun, sondern auch Spaß haben. Und das überträgt sich auch auf die Menge.

Mittlerweile ist dieses Genre zu einem regelrechten Hype avanciert. Wie, würdest du sagen, hat sich Mainstage Techno als Genre seit den Anfängen entwickelt?

Um ehrlich zu sein, denke ich, dass es sich stark entwickelt. Ich persönlich bekomme sehr viel positives Feedback auf den neuen Sound, und zwar aus allen Teilen der Welt. Vor allem aus den USA, aber auch aus Asien und dem Rest der Welt. Die Leute scheinen wirklich sehr angetan davon zu sein. Was das Label angeht, bekomme ich im Moment etwa zehn Demos pro Woche, was mich sehr freut. Wir arbeiten an mehreren Mainstage-Techno-Event-Residencies in Europa und Asien. Das ist spannend, denn wir wollen das ganze MT-Konzept auch auf die Event-Seite übertragen und ganze Nächte in Clubs und auf Festivalbühnen veranstalten. Wir stehen noch am Anfang, aber die Vision, die wir haben, ist sehr vielversprechend und ich habe das Gefühl, dass viele Leute wirklich nach neuen und aufregenden Konzepten und Ansätzen suchen. Und Gott sei Dank scheint „MainStage-Techno“ eines davon zu sein.

Ende Mai wirst du auf der „Stamp Collection“ von Filth On Acid eine Veröffentlichung haben. Erzähl uns mehr über „Diablo“ mit Ramiro Lopez.

Die Kollaboration ist im Prinzip sehr schnell und natürlich passiert. Und genau so sollte es in meinen Augen immer sein. Denn manchmal dauert es ewig, bis eine Kollaboration oder ein Track fertig ist bzw. manchmal wird er gar nicht fertig. Wir haben abgemacht, dass wir zusammen an einem Track arbeiten möchten, da wir beide Tracks voneinander spielen. Also bat ich ihn, mir ein paar Beats und grobe Skizzen zu schicken. Er schickte mir eine wirklich coole Acid-Baseline, die ich später als Hauptelement in den Drop einbaute, sowie einige harte Drums drum herum. Ich verbrachte ein paar Tage mit den Stems, fügte alles zusammen und verwandelte die Idee in einen nahezu fertigen Track. Außerdem bat ich einen Freund, das verwendete Sample neu zu singen, und in etwa einer Woche war der Track fertig. Er ist ein bisschen härter als das, was ich sonst mache, aber er passt trotzdem gut in meine Sets.

Neben diesem Release sind noch weitere Sachen mit HI-LO und Flowdan in der Pipeline, oder?

Ja, ich kann nicht zu viel verraten, da wir gerade noch daran arbeiten, aber wir schrauben alle zusammen an einem Projekt und ich bin sehr gespannt darauf. Ich glaube, das wird ein ganz großes Ding!

Erst kürzlich hast du viele Mainstage-Shows in den USA für die kommenden Wochen bestätigt.

Ich bin wirklich glücklich über die US-Shows, die wir jetzt wieder in größerem Umfang machen können. Während der Pandemie war es extrem kompliziert, mein Visum verlängern zu lassen, es war ein kleines Drama, haha. Vor ein paar Monaten habe ich endlich das neue bekommen und wir konnten endlich wieder mit der Planung der US-Shows beginnen. Das Feedback auf den „MainStage-Techno“-Sound aus den USA ist der Wahnsinn. Die Leute lieben ihn und für mich waren die USA immer einer meiner Lieblingsorte zum Touren. Ich liebe den Vibe und die Menschenmassen dort einfach. Und der Markt hat sich sehr verändert, da der Schwerpunkt wirklich auf House und Techno liegt. Es wird Shows z.B. im Brooklyn Mirage mit John Summit und ansonsten so ziemlich überall geben – von San Francisco, Denver, Houston und zurück nach New York. Das macht wirklich Spaß! Wir planen bereits eine große Mainstage-Techno-Bus-Tour für Ende dieses bzw. Anfang nächsten Jahres. Das wird mega!

Wie ist der Status quo deines Labels?

Etwas, das ich schon sehr lange machen wollte, ist, nicht von anderen Labels abhängig zu sein. Viele Jahre lang habe ich es gehasst, meine Musik an den Geschmack und die Timelines anderer Leute anpassen zu müssen, was mir die Freiheit nahm, die Musik zu veröffentlichen, die ich veröffentlichen wollte. Dieser Fakt kann auch ein großes Problem sein, weil es deine Kreativität extrem einschränkt. Als ich dieses Projekt ins Leben rief, sagte ich mir im selben Atemzug, dass es mein eigenes Plattenlabel sein sollte. So konnte ich die Musik veröffentlichen, die ich wollte und wann immer ich wollte, meine eigenen Strategien dabei entwickeln und alles in Eigenregie entscheiden. Natürlich veröffentliche ich immer noch auf anderen Labels, aber wenn sie aus irgendeinem Grund wollen, dass ich einen Track ändere oder nicht nehmen möchten, kann ich ihn immer auf meinem Label bringen. Ein weiterer wichtiger Grund, warum ich angefangen habe, war, neuen und talentierten Produzent*innen zu helfen. Ich glaube, dass es viele großartige Künstler*innen gibt, die Musik machen und nur ein bisschen mehr Aufmerksamkeit und Leute brauchen, die sich ihre Tracks anhören und sogar an ihnen arbeiten, um sie auf ein höheres Niveau zu bringen.

Jeden Track, den ich auf meinem Label veröffentliche, egal, ob er von mir oder einem anderen Künstler ist, stelle ich fertig, mische ihn ab und mastere ihn, um sicherzustellen, dass er gut klingt und den Standards des Labels gerecht wird. Ich helfe also wirklich gerne anderen mit meiner Plattform. Heutzutage kommt es viel zu oft vor, dass junge Produzenten von bestimmten Labels abgelehnt werden, nur weil sie aus ihrer Sicht noch nicht bekannt genug sind. Das ist meiner Meinung nach der falsche Ansatz. Sollte es nicht um die Musik gehen? Zumindest versuche ich, das Label mit dieser Vision zu führen. Selbst wenn es sich um einen unbekannten Künstler handelt, der einen Track produziert hat, den ich wirklich liebe, werde ich ihn veröffentlichen. Egal, ob er einen einzigen monatlichen Follower auf Spotify hat oder schon fünf Millionen. Ich möchte, dass die Musik viel lauter spricht als irgendwelche Zahlen auf Musikplattformen oder Social-Media-Kanälen. Ich wünschte, mehr Labels würden diese Sichtweise teilen, um ehrlich zu sein, und echten Talenten mehr Chancen geben!

Abgesehen von der US-Tour, über die wir bereits gesprochen haben: Was sind deine Pläne für diesen Sommer? Du hast tolle Shows wie das Lollapalooza und das Airbeat One in deinem Kalender, richtig? Was steht sonst noch an?

Im Sommer werde ich wieder extrem viel reisen. Einige der US-Shows werden auch in unsere Sommerplanung fallen, also werde ich diesen Sommer viel Zeit in den USA verbringen. Außerdem werde ich im Sommer auch zwei Touren in Asien spielen, es wird meine erste China-Tour nach der Pandemie sein. Darauf freue ich mich schon sehr. Es ist auch sehr interessant zu sehen, dass der asiatische Markt heutzutage auch viel mehr auf House und Techno steht. Das höre ich oft, wenn ich dort bin. Und natürlich freue ich mich sehr auf die Shows in Europa diesen Sommer. Ich liebe es immer, im Sommer in Europa zu spielen. Lolla und Airbeat sind auch zwei meiner Lieblings-Events hier. Dieses Jahr spiele ich zum ersten Mal in der großen Techno-Arena beim Airbeat mit Acts wie Reinier Zonneveld, HI-LO, Lilly Palmer, Kölsch und vielen anderen. Neben dem Touren wird es noch eine Menge weiterer Releases geben. Eine großartige Kollaboration mit Heerhorst wird auf Umeks Label 1605 veröffentlicht, was dann meine dritte Veröffentlichung auf seinem Label ist. Eine weitere Single wird auf HI-LOs Hilomatik-Label erscheinen, was ebenfalls spannend ist. Und einer meiner Favoriten wird auf Off the Grid Records, dem Label von John Summits, veröffentlicht werden. Und ich habe vier Singles fertig, die auf MainStage Techno Music kommen. Eine Menge Output also.

Diesen Monat mixt du den offiziellen FAZEmag-Download-Mix.

Ja, und ich freue mich riesig darüber! Ich fühle mich immer geehrt, so etwas mit einem so angesehenen und etablierten Medienpartner wie euch zu machen. Der Mix wird viele eigene Veröffentlichungen und Edits enthalten. Generell denke ich, dass er sehr gut meine Definition von Mainstage Techno widerspiegelt und auch ein Set ist, den ihr von mir bei einer Live-Show erwarten könntet! Ich hoffe, er wird euch gefallen! Wir sehen uns!

Aus dem FAZEmag 136/06.2023
Text: Lisa Bonn
www.instagram.com/dannyavila