Die neue Roland-Boutique – ein Testbericht von Marc Faenger (M_nus)

 

marcfaenger
Der Club wird nahezu zerborsten von einer Mixtur aus abgrundtiefen Subbässen und durchdringenden Synthesizer-Stabs. Parallel dazu verschwimmt der Floor durch Nebel, elektrisierende Lichtsequenzen und die Bewegungen der Tänzer, die der Sound von Marc Faenger, seines Zeichens M_nus-Artist und absoluter Tastemaker der aktuellen Technoszene, in Ekstase versetzt. Ein Blick auf sein Live-Setup zeigt, dass Marc ständig am Puls der Zeit ist und nur Equipment einsetzt, das sein Set auf ein komplett neues Level hebt.

Im Mittelpunk aller Tools steht dabei der Roland DJ-808, eine Mischung aus klassischem DJ-Controller, einer für den Live-Einsatz optimierten Version der AIRA-TR-Drum-Machine und Standalone-Mixer. Live und direkt fallen erst mal die großen Maße des DJ-808 auf, die Übersichtlichkeit garantieren und verhindern, dass man sich als Künstler nicht durch unzählige Menüs und Bedienebenen suchen muss, um wichtige Funktionen zu erreichen. Doch nicht nur die klassischen Controller-Funktionen im Verbund mit Serato und Ableton lassen Rolands Flaggschiff herausstechen, sondern auch die Möglichkeit, die klassischen TR-Sounds im Arsenal zu haben. „Der Sequenzer ist sehr intuitiv, man kann sehr schnell Patterns programmieren oder mit den Pads aufnehmen. Patterns werden im oberen Segment des Controllers programmiert und auch gespeichert. Wenn man eine 808-Kickdrum benötigt oder eine 909 Open Hat, sind beide nur einen Button entfernt. Das gibt ein sehr kreatives Potenzial für ‚On the fly‘-Remixe.“

Anschlussseitig gibt sich der Controller als Allrounder: Nahezu jedes Setup ist beim DJ-808 möglich, seien es vier CDJs, vier Plattenspieler, zusätzliche MIDI-Tools oder ein Live-Setup mit zusätzlichen Synthesizern über USB-Audio. Sync und Audio streamen dabei über den integrierten USB-Anschluss und können auf den Kanal geroutet werden, den man möchte. Das heißt auch, dass man die eingebauten Effekte des Controllers damit verwenden kann. Dafür sorgt die Standalone-Mixer-Funktion, die so gut wie jede Kombination eines DJ-Setups möglich macht. Stellt sich nur noch die Soundfrage: „Hervorragend! Kristallklar, druckvoll und mit den professionellen Anschlussmöglichkeiten, die man im Club benötigt. Natürlich ist die Auswahl der Soundquelle von Wichtigkeit, ich nutze gerne ,lossless’-Formate wie WAV.“ Währenddessen setzt die Kickdrum aus, der Raum wird dunkler und Marc spielt fast schwerelos einen weiteren seiner Grooves auf der integrierten Drum-Machine ein. Die Lichter gehen wieder an, der Bass setzt wieder ein und alle Hände sind oben.

Wenige Tage später bin ich wieder unterwegs zu Marcs Studio, wo er mir eine Premiere zeigen will. Die Boutique-Serie von Roland macht sich derzeit einen Namen, indem sie ausgesuchte, legendäre Geräte wie den D-50, Jupiter-8, JX-3P und Juno-106 in einem neuen Format und mit neuen, der Zeit angepassten Funktionen wiederbelebt. Gleich werde ich die neuesten und gleichzeitig auch die Geräte, auf die Producer und DJs am meisten gewartet haben, endlich begutachten können: Die SH-01A, die TR-08 und SP-404A.

„Der Sound ist also tatsächlich wie das Original, Marc?“ „Absolut! Zu den Geräten gibt es ja schon 1:1-Vergleiche auf YouTube etc. Dort ist klar erkennbar, dass sich soundmäßig fast keine Unterschiede feststellen lassen. Wenn man sich darüber hinaus überlegt, dass man eine neue Version des SH-101 mit modernen Features wie MIDI, einem 96-kHz-Audio-Interface, Polyfonie etc. für circa 400 EUR bekommt, ist das schon fantastisch.“ Als es darum geht, welche Features Roland den Neuen der Boutique-Serie denn dazugegeben hat, gerät Marc ins Schwärmen: „Beim SH-01A ist das ganz klar die hinzugefügte Polyfonie, da das analoge Original ein rein monofoner Synth ist. Da kann man mit dem Sequenzer grenzenlose Verbindungen von Mono-/Unison-/Poly-Patterns bauen. Die TR-08 verfügt über zwei verschiedene Bassdrum-Modelle – eine etwas mehr ‚gritty‘ als die andere –, welche beide in verschiedenen Szenarien zum Einsatz kommen können, und die eingebaute SubStep-Funktion (32tel) ist für Hi-Hat-Programmierungen sehr hilfreich. Der SP-404A profitiert von der neuen Kompatibilität mit der TR-8: Der SP-404A hat dazugelernt und kann nun von der TR-8 getriggert werden, das ist eine der wichtigsten Neuerungen für den Live-Einsatz, da hier der Spaß vom XoX-Sequencen mit dem umfangreichen Soundpool des SP-404A kombiniert wird. Da ergeben sich neue Nutzungs-Möglichkeiten!“

Nun ist also auch die wichtigste Drum-Machine für die elektronische Musik-Kultur voll und ganz im Jahr 2017 angekommen, bemerke ich überrascht und frage Marc, welches Gefühl er als erfahrener Produzent und Synthesizer-Liebhaber hatte, als er diese Tools das erste Mal ausgepackt hat: „Also, der Formfaktor der Geräte ist ja gerade in einem vollgepackten Studio oder für die Nutzung ‚on the road‘ in Hotelzimmern von Vorteil – und wenn man das dann noch mit der Soundqualität verbindet: Instant buy!“

Spätestens jetzt geht es ans Eingemachte und drückende Grooves kommen aus den Studiomonitoren. Es wird Zeit für die SH-01A, deren Vorbild von unzähligen Techno-Produzenten für drückende Basssequenzen genutzt wird. „Für Bässe nehme ich gerne alle Oszillatoren gleichzeitig (Sub auf 2 Oct down), regle die Filterfrequenz auf ca. 1/3, die Resonanz und die Envelope auch, damit ein etwas perkussiverer Sound entsteht. Attack auf 0, Decay & Sustain auf sehr geringe Werte und das Release geschmacklich anpassen, schon hat man einen sehr funktionalen, clubtauglichen Bass! Übrigens: Bei Leadsounds experimentiere ich gerne mit der Pulsweite und den Modulations-Möglichkeiten und tendiere dazu, den Filter weiter offen zu lassen.“ Gesagt, getan – doch der Sound, den ich jetzt höre, ist mir schon bekannt aus jenem Club, in dem Marc mit dem DJ-808 ein perfektes Set spielte. „Da der DJ-808 Anschlüsse für die Roland-AIRA-/Boutique-Devices hat, nutze ich natürlich gerne Peripherie in Form von Synthesizern. Sehr viel Spaß machen da der SH-01A und die TB-03, da beide einen sehr oldschoolmäßigen Sound haben und sehr schnell auf Soundänderungen ansprechen.“

Es kommen immer mehr Geräte auf den Markt, doch Roland hat mit seiner Gadget-Serie einfach besondere Tools für aufgeschlossene, experimentierfreudige Produzenten und Musiker geschaffen, die den Klang ihrer Vorbilder und noch viel mehr realisieren können. Besonders mit für den Live-Einsatz spezialisierten Geräten wie dem DJ-808 kann man seinen Workflow aus dem Studio direkt mit auf die Bühne nehmen und somit seine Lieblings-Tracks im richtigen Moment mit eigenen Interpretationen und Ideen enorm gut ergänzen.

Keyfacts:

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TR-08 RHYTHM COMPOSER

  • Ultrakompakte Neuinterpretation der legendären TR-808 Drum-Machine
  • Hand-on-Steuerung inklusive Tone, Level, Tuning und Decay
  • Neu: Kompressor, Gain, Tune und Pan für ausgewählte Instrumente
  • Programmierbar über klassische Step- und Tap-Write-Modi
  • Sequenzer mit 16 Steps und jeweils 16 Sub-Steps für detaillierte Pattern und Rolls
  • Die Möglichkeit, Beats zu spielen, während man zwischen den Write-Modi hin- und herschaltet
  • LED-Bildschirm zur vereinfachten Navigation und Feinjustierung von Tempo und Shuffle
  • Zehn separate Ausgänge über USB-Audio

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SH-01A SYNTHESIZER

  • ACB-Technologie bietet Sounds aus dem Synthesizer-Klassiker SH-101, Bass, Lead, Rauschen und Soundeffekte inklusive
  • Neue Unison-, Chord- und vierstimmige Polyfonie-Modi erweitern die originale Soundpalette
  • Interner Sequenzer mit 64 verfügbaren Pattern zum Speichern und Abrufen
  • Einfach zu bedienender Arpeggiator mit drei Wiedergabe-Modi, Note-Hold und Dreiwege-Transponierungsschalter
  • CV/Gate-Ausgang zur Steuerung modularer oder Vintage-Synthesizer
  • Multiple Synchronisierungsoptionen, internes und externes MIDI, USB-MIDI, LFO-Clock und Trigger-Eingang inklusive
  • 64 überschreibbare Preset-Patches für erweiterte Performance-Möglichkeiten
  • Wählbarer, fortschrittlicher LFO mit neuen Wellenformen und erweiterten Clock- Raten


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SP-404A LINEAR WAVE SAMPLER

  • Integriertes Mikrofon und Batteriebetrieb zum Aufnehmen von Samples überall und jederzeit
  • Kann über den 16-Step-Sequenzer des TR-8 Rhythm Performers getriggert werden (ab TR-8 Systemversion 1.50 oder höher)
  • Schwarz-grüne Farbgestaltung zur perfekten Anpassung an die AIRA-Hardware
  • „Sounds by Loopmasters“-SD-Karte beinhaltet mehr als 100 neue Stereosamples, Effekte und One-Shots
  • 29 DSP-Effekte, darunter Filter, Delay, einzigartige Voice-Effekte, Subsonic, Looper und mehr
  • Drei Kontrollregler, 12 Triggerpads und ein Sub-Pad für schnelle Triggerabfolgen
  • Nahtlose Effektübergänge für reibungslose, perfekte Performances
  • Pattern-Sequenzer mit Quantisierungsmodus und Shuffle-Rhythmen
  • Importieren von Audiodateien aus dem Computer und Zuweisen von Samples zu Pads über die kostenlose Mac/Windows-Software

 

Aus dem FAZEmag 069/11.2017