Alexander Kotz, wie Elderbrook mit bürgerlichem Namen heißt, ist weit mehr als ein Live-Phänomen. Er ist autodidaktischer Multiinstrumentalist, Produzent und Singer-Songwriter, bekannt für seine Zusammenarbeit mit einigen der größten Namen der Dance-Musik-Szene, wie z.B. Diplo, Camelphat, Black Coffee, Bob Moses, The Martinez Brothers und Carnage. Sein gefeiertes Debütalbum „Why Do We Shake In The Cold?” aus dem Jahr 2020 beinhaltete Hits wie „Numb“ und „Something About You“. Mittlerweile gehört der Brite, der für seinen Mega-Hit „Cola“ mit Camelphat für einen Grammy nominiert war, zu den respektiertesten Acts der Live-Electronic-Szene. Am 31. März veröffentlicht Elderbrook sein mit Spannung erwartetes zweites Studioalbum. Für das Werk, das den Titel „Little Love“ trägt, kollaborierte er unter anderem mit Acts wie Tourist und Vintage Culture. Das Ergebnis sind zwölf gefühlvolle, melodische und zum Teil sogar treibende House-Titel, die der Brite mit seiner Stimme in noch atmosphärischere Welten hebt. Wir haben ihn zum Interview gebeten.
Alex, Gratulation zu deinem zweiten Album. Wie geht es dir?
Vielen Dank, ich bin superglücklich damit. Dieses Album bedeutet mir so viel, weil es thematisch sehr privat ist und von meinen Kindern handelt. Ich habe mir im Studio vorgestellt, dass ich ihnen viele verschiedene Botschaften über das Leben mitgebe und wie man es meistert.
Ein interessantes Thema. Dein erstes Album im Jahr 2020 war ein großer Erfolg. Vielen Künstler*innen fällt es schwer, an dem berüchtigten „zweiten Album“ zu arbeiten. Wie war das für dich?
Ich habe bereits kurz nach dem Release des ersten Albums ganz langsam mit der Arbeit am zweiten Album begonnen und einfach aus Spaß daran geschrieben, also hatte ich das Glück, dass es sich ganz organisch entwickelte. Allerdings hatte ich auch das Glück, in den letzten anderthalb Jahren viel zu touren, was den Zeitdruck für die Fertigstellung erhöht hat. Aber das Schreiben selbst war ein ganz natürlicher nächster Schritt, sowohl musikalisch als auch in Bezug auf die Bedeutung des Themas. Es gab also weder Druck noch Sonstiges.
Wie haben sich sowohl dein Sound als auch du als Künstler in den letzten Jahren weiterentwickelt?
Enorm. Ich habe mich seit den ersten Releases sehr weiterentwickelt. Aber ich glaube, das macht jeder Künstler auf eine gewisse Art und Weise mit jeder Veröffentlichung. Dein Sound verändert sich, je nachdem, wo du in deinem Leben stehst und welche Erfahrungen du machst, und er wird auch von den Menschen geprägt, die du triffst und mit denen du arbeitest. Ich habe als „Möchtegern-Kings of Leon“ in der Schule angefangen und habe jetzt das große Glück, mit einigen der tollsten DJs und Produzent*innen der elektronischen Welt zusammenzuarbeiten.
Wie hat sich deine Art, im Studio zu arbeiten, entwickelt?
Beim neuen Album ist alles ziemlich schnell gegangen, die Songs wurden alle in den letzten zwei Jahren geschrieben. Seit der Pandemie bin ich auf jeden Fall besser darin geworden, aus der Ferne zu arbeiten und zu versuchen, während der Tournee Zeit für die Arbeit zu finden, aber nichts geht über das Schreiben im Studio mit anderen Leuten.
Ein gutes Stichwort. Du bist ein großer Fan von Kollaborationen, dieses Mal hast du mit Acts wie Tourist, Vintage Culture und anderen gearbeitet.
Ja, das stimmt. Mit Tourist hatten wir ein paar wunderschöne Tage in seinem Studio in London. Es ist toll, mit ihm auf einer persönlichen Ebene zu arbeiten. Ein wirklich witziger Mann. Musikalisch ist er natürlich auch großartig. Er hatte definitiv ein Ohr für das große Ganze. Bei Lukas aka Vintage Culture ist es so, dass wir uns schon oft auf Festivals und an anderen Orten über den Weg gelaufen sind und immer gesagt haben, dass wir zusammen schreiben sollten. Also hat er uns während des Lockdowns ein paar Stücke geschickt und wir haben es irgendwie auf diese Weise gemacht. Es hat auf jeden Fall funktioniert!
Du hast erwähnt, das Album sei in den letzten zwei Jahren entstanden, also noch inmitten der Pandemie. Wie würdest du beide Zeiten für dich rekapitulieren?
Mir ist bewusst, dass es sehr unpopulär und glücklich zugleich ist, das zu sagen, aber ich habe die Schließungen wirklich genossen. Ich konnte zu Hause bei meiner Frau sein, während sie schwanger war und die Geburt in vollen Zügen erleben und genießen. Die Pandemie hat mir die Möglichkeit gegeben, im Leben meiner Tochter präsent zu sein, als sie noch sehr klein war, und ich glaube nicht, dass das möglich gewesen wäre, wenn wir nicht „eingesperrt“ gewesen wären. Es gab mir die Möglichkeit, wirklich innezuhalten und darüber nachzudenken, was das alles bedeutet. Ich konnte in meinem Studio und im Garten arbeiten. Ich glaube, weil die Tourneen zeitgleich für alle aufgehört haben, haben sich viele die Zeit genommen, zu schreiben und zu kreieren, wie sie es normalerweise nicht können, was zu einigen tollen Kollaborationen geführt hat. Der Neustart hingegen war hektisch! Es ist toll, so viel zu touren und ich glaube, die Welt holt die verlorene Zeit aktuell wieder auf. Das Publikum ist so toll, seit wir zurück sind, vor allem auf meiner aktuellen Tour zu „Little Love“.
In „Beautiful Morning“ thematisierst du die Zeit mit deinen Kindern. Erzähl uns von deiner persönlichen Bedeutung zum Album-Titel „Little Love“.
Das Album ist wie eingangs erwähnt so etwas wie eine Reihe von Botschaften, die ich an meine Kids richte. Es bietet Ratschläge und Sichtweisen auf die Welt, die ich für sehr wichtig halte. Viele der Songs handeln von den schönen und flüchtigen Momenten, die man als Elternteil erlebt. Dieses Thema hat letztendlich dann zum Titel geführt. In „Beautiful Morning“ geht es darum, dass zwei Menschen Zeit miteinander verbringen. Ein Tag, an dem nichts anderes zählt als der jeweils andere. Als ich anfing, das Lied zu schreiben, hatte ich zwei verliebte Menschen im Kopf. Inzwischen hat das Lied für mich definitiv mehrere Bedeutungen. Es erinnert mich jetzt an den frühen Morgen mit meinen Kindern. Die Stille vom Erwachen um 4:00 Uhr und die Ruhe, gefühlt die Einzigen in der Welt zu sein.
Du bist gerade auf großer Tour, die dich Ende Mai auch nach Deutschland führen wird.
Das stimmt, aktuell sind wir in den Staaten unterwegs. Es ist so toll, all diese neue Musik mit allen teilen zu können. Außerdem macht es riesigen Spaß, wieder zu feiern und gemeinsam eine Party zu genießen. Ich habe es wirklich vermisst, mit Menschen auf der ganzen Welt auf diese Weise in Kontakt zu kommen. Ich freue mich sehr auf die Dates in Deutschland. Ich spiele am 24. Mai in Berlin, am 25. Mai in Hamburg und am 26. Mai in Frankfurt. Ich freue mich darauf zu sehen, was bei den Leuten am besten ankommt.
Was sind deine Pläne für den Rest des Jahres?
Neben den ganzen Shows freue ich mich sehr darauf, wieder im Studio zu sitzen! Auf Tour zu sein, ist toll, aber ich vermisse es, neue Musik zu schreiben. Es ist definitiv therapeutisch für mich.
Aus dem FAZEmag 134/04.2023
Text: Triple P
Foto: WMG
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