Elektron Analog Four MKII – Hotbox

Vor mir liegt eines dieser Instrumente, die mich zuerst ratlos gemacht haben und dann unverzichtbar geworden sind. Irgendwie ist dieses Urteil ja fast ein Klischee die schwedische Firma Elektron betreffend, deren neuester Streich Analog Four MKII bei uns zum Test ist.Analog steht dabei für, naja, was wohl: analoge Klangerzeugung aber unter vollständiger digitaler Kontrolle, Reproduzierbarkeit und ein raffiniertes Interface. Four steht dabei für ganze vier analoge Klangerzeuger in einem Gerät, die sich dasselbe Interface teilen. MKII ist die konsequente Weiterentwicklung des Vorgängers in einem schnelleren und smarteren Workflow im neuen Elektron-Design sowie mit einem deutlich fetteren und heißeren Grundsound.

Das Konzept des Analog Four MKII ist eine Einheit aus Sequenzer, Effekt-Sektion und vier einzelnen vierstimmigen Synthesizern. Der Sequenzer kann jedoch nicht nur die vier internen analogen Synthies steuern, sondern über vier CV/Gate-Ausgänge und zwei MIDI-Ausgänge sämtliche Vintage-Synthesizer, Modularsysteme, Sampler, Drummachines oder Softwares steuern und syncen. Damit öffnen sich einfach unglaublich viele Optionen, die ich gleich kurz vorstellen möchte. Vorher aber eine Art Warnung, die gleichzeitig auch eine Empfehlung sein soll: Wenn ihr normalerweise einen Synthesizer à la Moog, Korg, oder Roland vor euch habt, ist sofort klar, welcher Knopf was macht – man kann einfach sofort loslegen. Hier ist aber ein richtig ausgefuchster Sequenzer mit vier ebenso ausgefuchsten und vielseitigen Synthesizern unter einer Oberfläche, die nicht viel größer ist als die oben genannten Geräte. Daher lohnt es sich, die Bedienungsanleitung ein paar Mal als Gute-Nacht-Lektüre zu lesen, sich Shortcuts zu merken und den Analog Four als Instrument ernst zu nehmen, das man erlernen muss. Dann kommt der Spaßfaktor jedoch sofort und man benutzt die Fülle der Möglichkeiten ganz intuitiv.

Einer der großartigsten Knobs ist zum Beispiel der „Quick Performance Amount“: Auf diesen Macro-Regler kann man verschiedenste Parameter der Effekte und Synthesizer mappen und blitzschnell Spannung aufbauen, indem man den Bass rausnimmt und einen Hall-Riser aufbaut. Mit einer kleinen Fingerbewegung ist der Bass wieder drin und alle Hände im Club oben. Es gibt so viele Arten, Sound aus dem Analog Four rauszubekommen. Möchte man einfach nur die internen Synthesizer als Klangerzeuger in einer ansonsten digitalen Studioumgebung nutzen, kann man mit Elektrons kostenloser Overbrigde-Software blitzschnell MIDI rein- und Audio rausschicken, über ein einzelnes USB-Kabel. Hierbei kann man die internen Synthies über die Software wie Plug-in bedienen, das zudem auch ziemlich gut designt ist. Automationen in der DAW? Kein Problem.

Intern kann man Sounds einerseits über den Step-Sequencer triggern. Das Besondere hierbei: Auf jeden Step kann man einen komplett anderen Sound programmieren, was bei möglichen 64 Steps eine riesige Klangvielfalt ermöglicht und Patterns aus dem Analog Four extrem lebendig macht. Klassische Sequenzer-Features wie Accent, Glide oder Swing sind natürlich an Board. Die zweite Möglichkeit, Klänge zu sequencen, ist der Live-Recording-Modus. Zum Aufnehmen bietet sich das interne „Keyboard“ oder jeder externe Controller, der über MIDI oder USB angeschlossen ist. Die Aufnahme kann on-the-fly wahlweise quantisiert oder so abgespielt werden, wie sie ist. Über den Step-Sequencer kann das Ergebnis auch wieder editiert werden, z. B. durch das Einstellen des Micro Timings. So kann man also ziemlich tief in Grooves einsteigen und alles an einem Hardware-Gerät anpassen. Darüber hinaus kann man das Tool auch als Effektgerät benutzen und externe Sounds durch die Filterschaltungen samt Verzerrung und die FX-Sektion laufen lassen.

Wie alles klingt? Bei diesem Synthie ist es schwer, ein endgültiges Urteil zu fällen, denn der Analog Four zeigt sich sehr vielschichtig: Es ist möglich, auf ersten der internen Synthesizer eine Kickdrum zu programmieren, die durch einen warmen Body viel Druck erzeugt. Das sagt aber noch lange nichts über das seidige, eher digital klingende Pad auf der zweiten internen Spur. Trotzdem würde ich den Grundsound als nicht zu feurig und trotzdem analog, charaktervoll und doch präzise bezeichnen. Also, ab an die Bedienungsanleitung!

 

Aus dem FAZEMAG 110/04.2021
Text: Bastian Gies
www.elektron.se