Eulbergs heimische Gefilde: Wie Pflanzen kommunizieren

Könnten Pflanzen Töne von sich geben, herrschte in Wald und Flur ein überwältigendes Stimmengewirr, ein Geflüster und Geschrei. Auf den ersten Blick sind Pflanzen scheinbar schlecht für die Kommunikation geeignet, und dennoch sind sie äußerst mitteilsam. Mithilfe ihrer ganz eigenen, raffinierten Methoden der Kommunikation können sie ihre Vermehrungschancen steigern, auf Verletzungen reagieren, sich vor Feinden schützen oder Helfer anlocken. All diese Verständigungswege beruhen ausschließlich auf chemischen Signalen und optischen Reizen.

Für die Fortpflanzung mancher Pflanzen ist es unabdingbar Helfer wie Bienen und Schmetterlinge auf sich aufmerksam zu machen, um ihre Pollen zur Bestäubung verteilen zu können. Hierbei bedient sich das Gewächs oftmals verschiedenster Locksignale. Meistens benutzen Pflanzen bunte Farben und betörende Düfte, die einer großen Zahl verschiedenster Insekten signalisiert „Hier gibt es süßen Nektar, nun kommt schon her!“.

Der Einfallsreichtum in der Kommunikation, trägt auch zu dem Überleben der Gewächse bei. So signalisieren einige Pflanzen schon durch ihr Erscheinungsbild, mit Hilfe von Stacheln, Wiederhacken und Dornen „Lass mich in Ruhe, sonst steche ich dich!“.  Andere Spezien bedienen sich der chemischen Keule und reichern sich mit Giften oder unangenehm schmeckenden Substanzen an, um zu kommunizieren „Wenn du mehr von meinem Blatt frisst, wird es dir übel bekommen!“.

Geraten Pflanzen mit Fressfeinden in Kontakt können sie bis zu 50 verschiedene Hormone in ihre Umwelt abgeben. Manche Pflanzen benutzen diese Hormone direkt um in Raupen in ihrer Umgebung lebensbedrohliche Mutationen hervorzurufen und sich so vor ihnen zu schützen. Wird einen Tabakpflanze von Schmetterlingsraupen befallen nutzt sie diese chemischen Botenstoffe als genialen, heimlichen Hilfeschrei…

Beschädigt Wind oder Hagel eine Tabakpflanze, passiert nichts, da das kluge Gewächs registriert, dass aufwendige Abwehrreaktionen keinen Sinn hätten. Erst durch die Kombination aus Fraßrhythmus und Speichel, läuft die Abwehrmaschinerie der Pflanze schon nach wenigen Minuten auf Hochtouren. Der erste Hilfeschrei besteht aus Duftstoffen, die aus der Wunde der Pflanze strömen und sich über den Wind kilometerweit verbreiten. Nach einer Stunde werden dann die ersten Gene in der Pflanze umprogrammiert, und nach fünf Stunden kann die Produktion von Giftstoffen zur Abwehr anlaufen, vorausgesetzt, sie ist sinnvoll: Die Pflanze bildet nämlich nur dann giftige Substanzen, wenn diese den knabbernden Raupen auch etwas anhaben können. Erkennt eine Tabakpflanze jedoch beispielsweise den Speichel eines Tabakschwärmers, lässt sie die aufwendige Produktion gleich bleiben, denn dessen Raupen sind immun gegen das Nervengift Nikotin, mit dem die Pflanze sich sonst wehren würde. Stattdessen bildet sie verdauungsstörende Eiweiße und einen Cocktail von Duftstoffen, mit denen sie „Alliierte“ in Form von parasitischen Wespen herbeiruft. Diese räuberischen Wespen legen ihre Eier im Körper der Raupen ab, deren geschlüpfte Larven dann die Raupen von innen heraus verspeisen und somit unschädlich machen.

Aber nicht nur sich selbst helfen die Pflanzen mit diesen Hilferufen, sondern auch ihren Artgenossen in der Nachbarschaft, welche ebenfalls die Signale wahrnehmen können, um sich vor der präsenten Bedrohung zu schützen. Genetisch veränderten Pflanzen fehlt jedoch oftmals die Fähigkeit ihre Nachbarn noch zu verstehen. Auf Grund dessen werden sie ungleich mehr von Schädlingen befallen als ihre unveränderten Artgenossen. Durch die extremen Züchtungen sind so viele der heutige Nutzpflanzen chemisch stumm und dadurch praktisch hilflos gegenüber Insekten geworden. Wenn der Mensch also lernt, die Pflanzensprache zu verstehen, kann er diesen Pflanzen möglicherweise wieder beibringen zu kommunizieren, und so den Einsatz von Pestiziden verringern.

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