Fatboy Slim – 20 Jahre Big Beach Boutique

Fatboy Slim – 20 Jahre Big Beach Boutique

Es war wohl eine der größten Partys, die Großbritannien je gesehen hat – die größte in der Grafschaft Sussex zumindest. Mehr als 250.000 Menschen kamen am 13. Juli 2002 am Strand von Brighton zusammen, um Fatboy Slims Party „Big Beach Boutique“ beizuwohnen. Doppelt so viele Menschen also, als es Einwohner*innen in Brighton gibt. Waren es im Vorjahr noch 40.000 Besucher*innen, die zu dem kostenlosen Event strömten, so gab es ein Jahr später einen Rekord, mit dem so niemand gerechnet hatte. Es trafen sich First-Time-Raver*innen, alte Rave-Hasen und natürlich die lokale Bevölkerung, um einen Tag zu zelebrieren, der in die Geschichtsbücher einging. Nun erscheint pünktlich zum 20-jährigen Jubiläum eine besondere Jubiläumsbox, bestehend aus einem 48-seitigen Deluxe-Buch mit Fotos und einem Vorwort des Hauptprotagonisten selbst, einem neuen und exklusiven DJ-Mix mit 24 Tracks, einer Original-Konzert-DVD, den originalen DJ-Mix-Compilations von 2002 mit 17 Tracks sowie von 2012 mit 28 Tracks, einem Essay von Ralph Moore mit Fotos und Zitaten sowie vier 12 x 12 Inch-Kunstpostkarten.

Den mittlerweile legendären Tag und auch die Zeit danach hält sich Norman Cook, wie Fatboy Slim bürgerlich heißt, immer wieder vor Augen: „Das war wie ein Woodstock-Moment. Es war wie ein Moment, in dem die Idee unserer Kultur oder das, was wir taten, plötzlich größer und gar unkontrollierbar wurde. Ich bin stolz, wenn die Leute es als ,historisch‘ bezeichnen, ich denke, wir haben Geschichte geschrieben, ja. Es hat meine Beziehung zur Stadt gefestigt”, sagt er über den wegweisenden Rave. Er beschreibt sich selbst als „eine Art Junge von hier, der es zu etwas gebracht hat. Die Vorstellung davon, was in den letzten 20 Jahren mit mir und meinem Leben passiert ist, wie sich die Szene und das Musikgeschäft in den letzten 20 Jahren verändert haben”, sagt er. „Und ja, es ist ganz schön, Bilanz zu ziehen. Anstatt die Tage zu zählen, bis ich das hier mache, habe ich mir überlegt, was es bedeutet, 20 Jahre später zurückzukommen und es zu machen. Wir dachten einfach, dass so ein historisches Ereignis nach 20 Jahren gefeiert werden sollte. So viele Leben wurden an diesem Tag verändert und die Beziehungen waren so eng, dass wir daran erinnern sollten.“

Die Idee bzw. der Ursprung zur Veranstaltung lag dabei bei einem vorherigen Event, einer Afterparty eines im TV übertragenen Cricket-Spiels, erinnert er sich: „Channel 4 hatte gerade die Rechte für die Übertragung der Cricket-Testspiele im Sommer erworben. Zur Feier des Tages stellten sie in Parks und an Stränden in ganz England eine große Leinwand und ein Soundsystem auf, um fünf Tage lang Cricket zu zeigen. Als sie in Brighton waren, fragten sie mich, ob ich mit ihnen etwas veranstalten wolle. An dem Tag des Events hatte Brighton gerade das Spiel verloren, aber das schien niemanden zu interessieren. Wir hatten die Veranstaltung im Vorjahr gemacht und es kamen etwa 45.000 Menschen, was einfach wunderschön war, und alle hatten einen perfekten Abend. Im nächsten Jahr rechneten wir mit etwa 60.000, aber wir hatten Notfallpläne für bis zu 100.000 Personen. Am Tag selbst waren es allerdings 250.000 Menschen.“ Ein Umstand, der sich logistisch an einigen Stellen zum Problem und sogar zum Risiko entwickelte: „Wir hatten nicht genug Toiletten, Alkohol, Polizei oder Straßen, um uns um alle zu kümmern. Die Polizei sagte mir, dass es potenziell gefährlich sei, aber dass es gefährlicher sei, die Veranstaltung abzusagen, also mussten wir weitermachen, obwohl wir nicht für die Sicherheit aller garantieren konnten. Am Ende haben sich alle benommen, und obwohl es eine Menge Chaos gab, war die Veranstaltung für alle Beteiligten sicher.“

Doch nicht nur sein und das Leben aller veränderte sich in den letzten zwei Jahrzehnten, auch die Musikindustrie wurde durch das digitale Zeitalter revolutioniert: „Als wir recherchierten und uns an die Zeit vor 20 Jahren erinnerten, konnten viele Leute nicht glauben, wie wir ohne soziale Medien so viele Menschen anziehen konnten. Der Dokumentarfilm wäre so viel anders, wenn die Leute dort Fotohandys gehabt hätten. Die Bühne und die Beleuchtung wären besser gewesen, also denke ich, dass das digitale Zeitalter der krasseste Gegensatz war. Während meines Sets Platten aufzulegen, sieht jetzt prähistorisch aus. Ich habe zwei Kinder großgezogen und eine Ehe verloren, aber ich bin ziemlich stolz darauf, dass ich 20 Jahre später immer noch hier bin und es genieße, für Menschen, die ich liebe, Musik zu machen.“ Vom 21. bis 24. Juli fand mit „On The Beach“ ein Event am glorreichen Ort statt – Fatboy Slim führte dabei zwei Abende als Headliner an. Darüber hinaus waren Acts wie Carl Cox, Eats Everything, Andy C und viele weitere zugegen. Alle vier Tage waren binnen weniger Stunden ausverkauft: „Es war einfach schön, meine Beziehung zu meiner Heimatstadt zu feiern. Es kamen so viele Leute, die schon bei der ersten Veranstaltung dabei waren, und so viele Kinder, die bei der letzten Veranstaltung noch im Bauch ihrer Eltern waren. Das war wirklich aufregend für mich. Generell war es ein sehr arbeitsreicher Sommer, ganz im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen. Während des Lockdowns habe ich gemerkt, wie sehr ich meinen Job liebe und wie sehr er mich ausmacht, deshalb genieße ich jetzt jeden Moment. Es ist eine Ehre und ein Vergnügen, um die Welt zu reisen und Menschen zu begeistern. Das ist für mich nie selbstverständlich.“ Dafür lässt sich Fatboy Slim immer wieder besondere Highlights einfallen – aktuell steckt der Engländer in Planungen für ein neues Indoor-Festival, das im November stattfinden soll. Der Name: All back to Minehead.

Aus dem FAZEmag 127/09.2022
Text: Triple P
www.instagram.com/officialfatboyslim