Four To The Floor: Biocym, KIDSØ, Carla Durisch & Sensu

Wir haben wieder vier spannende Artists für euch im Gepäck – wie immer kurz und knackig porträtiert in unserem Four-To-The-Floor-Format. Diesmal mit dabei: Biocym, KIDSØ, Carla Durisch und Sensu.

Biocym

Der Mailänder Biocym umgarnt seine Hörerschaft mit einem dichten, nicht selten mystisch und bedrohlich anmutenden Deep-Techno-Sound. Das Natürliche und das Übersinnliche verschmelzen in seiner Musik zu einer packenden Symbiose.

Deine Anfänge als DJ/Producer:

Ich war schon immer ein großer Fan von elektronischer Musik. Nachdem ich begonnen hatte, in meiner Freizeit mit Freund*innen aufzulegen, entwickelte ich nach und nach eine Faszination für die Materie und entschied mich schließlich für ein Sound-Engineering-Studium. Seit 2019 produziere ich unter dem Namen Biocym und veröffentliche auf Labeln wie Agos, Circular Limited oder Oslated.

Ein paar Worte zu deinem neuesten Release:

„Kof’s Run“ ist eine Deep-Techno-EP mit einem düsteren Mood und vielen Sounds aus dem Tierreich. Sie entführt die Hörer*innen ins Reich des Protagonisten Kof – einer Art Wolf, der sich in den Wald auf die Suche nach seiner nächsten Beute begibt.

Deine schönste Artist-Erfahrung:

Im Mai habe ich in meiner Heimatstadt für ein bekanntes italienisches Kollektiv namens Ways gespielt. Es war ein sehr schönes Erlebnis mit tollen Leuten und viel positiver Energie.

Deine größten Einflüsse und Inspirationen:

Ich befinde mich immer auf der Suche nach neuen Artists und Tracks, um neue Musikstile zu entdecken. Eine große Inspirationsquelle sind für mich Spaziergänge in der Natur, bei denen ich die Klänge um mich herum auf mich einwirken lasse.

Welche Philosophie verfolgst du als Künstler?

Ich möchte mich in einem kontinuierlichen Entwicklungsprozess befinden. Experimentieren, neue Fähigkeiten erlenen und verrückte, unorthodoxe Methoden ausprobieren. Schräge und natürliche Sounds spielen in meinen Produktionen eine wichtige Rolle. Ich möchte die Zuhörer*innen in eine Geschichte voller Spannung und Wendungen eintauchen lassen.

„Kof’s Run“ ist am 14. Juli erschienen.

www.soundcloud.com/biocym 

KIDSØ

Das Münchner Duo KIDSØ – das sind Moritz Grassinger und Martin Schneider – begeistert Liebhaber*innen elektronischer Tanzmusik seit 2017 mit einem eklektischen Mix aus Rhythmik, Melodik und experimentellen Klängen – inspiriert von der borealen Natur des hohen Nordens. Ihren frostigen Sound bringen sie auf Labeln wie Springstoff, Finest Ego und Embassy One zum Ausdruck.

Eure Anfänge als DJ/Producer:

Moritz fing bereits 1993 an, im Speicher seines Elternhauses mit dem AMIGA-Computer an elektronischen Tracks zu schrauben. Der Rechner konnte damals nur vier Klänge gleichzeitig wiedergeben, sodass auf einer Spur Bass, Hat und Kick teilweise im stetigen Wechsel spielten. Spaß gemacht hat es aber dennoch – zum Leidwesen der Eltern.

Ein paar Worte zu eurem neuesten Release:

Wir releasen derzeit nach und nach einige Singles auf Embassy One. Die neueren Songs sind wieder etwas elektronischer und tanzbarer. Wir versuchen immer, mit neuen Sounds, Rhythmen und Vocals zu experimentieren, ohne den KIDSØ-Touch zu verlieren.

Eure schönste Artist-Erfahrung:

Es ist immer schön, wenn uns irgendjemand aus dem letzten Winkel der Welt eine Nachricht schickt und schreibt, dass einer unserer Songs ihn oder sie gerade total berührt.

Gab es auch weniger schöne Erfahrungen?

Bei einem unserer letzten Gigs ist Moritz auf der stockdunklen Bühne mit einem Getränk in der Hand über die Monitorbox gestolpert und lag dann durchnässt und mit einer Schienbeinprellung auf dem Boden. Hat aber zum Glück niemand mitbekommen.

Eure größten Einflüsse und Inspirationen:

4K-Videos von nordischen Landschaften.

Euer derzeitiger Lieblingstrack:

Beatles – I’m Only Sleeping

„Freya“ ist am 26. Mai via Embassy One erschienen.

www.kidso-music.com 

Foto: Xandra M Linsin

Carla Durisch

Carla Durisch hat das DJing im Blut. Ihre Leidenschaft für das Auflegen von bunten House- und Techno-Platten stellt die Schweizerin regelmäßig im Berliner Watergate und den Top-Clubs ihrer Heimat zur Schau, wo sie Residencies im Nordstern (Basel) sowie im Zukunft und Hive (beide Zürich) genießt. Ihr Release-Debüt feierte Carla Durisch kürzlich auf keinem geringeren Label als Damian Lazarus‘ Crosstown Rebels.

Deine Anfänge als DJ/Producer:

Einer meiner größten Durchbruchsmomente war ein Auftritt im Club Zukunft in meiner Heimatstadt Zürich. Ich bin in dem Club aufgewachsen, habe dort alle meine Wochenenden verbracht und meine größten Idole spielen sehen. Ich fühle mich geehrt, diesen Club neben dem Watergate und dem Nordstern zu meiner Liste der Resident-Clubs hinzufügen zu dürfen.

Ein paar Worte zu deinem neuesten Release:

„I Just Wanna Dance“ erscheint auf Crosstown Rebels und ist für mich aus vielen Gründen etwas ganz Besonderes: Es sind die allerersten Tracks, die ich in meinem Leben produziert habe. Ein Remix stammt von einem meiner Vorbilder Seth Troxler, der sich in eine meiner besten Freund*innen verliebt hat. Ich bin jetzt die Patin ihres Sohnes und fühle mich sehr geehrt.

Deine schönste Artist-Erfahrung:

Ich mag die Momente, in denen ich auf musikalische Entdeckungsreise gehen kann. Das passiert vor allem bei längeren Gigs, zum Beispiel bei meinem 9-Stunden-Set im Nordstern in Basel. Manchmal sind es aber auch die einfachsten Situationen, die sich besonders anfühlen: die Musik zu Hause aufdrehen und feststellen: Das ist wirklich mein Job. Da bekomme ich Gänsehaut.

Gab es auch weniger schöne Erfahrungen?

Wie in jedem Job gibt es auch in meinem Beruf viele Herausforderungen. Man setzt sich dann oft stark unter Druck und zeigt sich verletzlich. Die Ungewissheit und Instabilität können eine Menge Angst auslösen, vor allem in Momenten, in denen an der Oberfläche nicht viel passiert.

Deine größten Einflüsse und Inspirationen:

Ich liebe alles an der Kultur der Tanzmusik, von ihrer Offenheit über die Geschichte und die Anfänge in Detroit und Chicago bis hin zu ihren Verbindungen zu Queerness und Freiheit. Ich lasse mich aber auch gerne von anderen Dingen wie Literatur, zeitgenössischer Kunst, Architektur und meiner Umwelt inspirieren.

Dein derzeitiger Lieblingstrack?

DJ Gigola – Ich Bin Ready

„I Just Wanna Dance“ ist am 12. Juni auf Crosstown Rebels erschienen.

www.instagram.com/carladurisch/

Sensu

Und noch eine Schweizerin: Sensu. Die ursprünglich aus dem Hip-Hop stammende Produzentin hat sich mittlerweile einem genreübergreifenden Mix aus Post-D&B, Garage und Electronica zugewandt, der ihr beim Montreux Jazz Festival die „Artist of the Month“-Auszeichnung einbrachte.

Deine Anfänge als DJ/Producer:

Ich habe 2011 angefangen, Sample-basierte Hip-Hop-Beats zu machen und bin zu Beat-Battles gegangen. Nach zwei Jahren habe aber die Inspiration verloren und entdeckte kurz darauf Flume. Ich war so fasziniert von seiner Musik, dass ich merkte, dass ich mein eigenes Genre kreieren konnte und mein Sound keine Grenzen haben musste.

Ein paar Worte zu deinem neuesten Release:

„Numéro LDN“ hat die neue Sensu-Ära eingeläutet und „AM___PM“ ist der nächste Schritt. Zum ersten Mal, seit ich das Sensu-Projekt gestartet habe, fühle ich mich wirklich glücklich und wohl mit der Musik, die ich mache.

Deine schönste Artist-Erfahrung:

Ich liebe es, wenn mir Leute auf der Straße sagen, dass sie meine Musik kennen und mögen. Wenn ich jemanden mit meinem Sound anspreche, bedeutet das, dass ich ihn wirklich berühre. Das ist ein sehr schönes Gefühl.

Gab es auch weniger schöne Erfahrungen?

Vielleicht die Erkenntnis, dass die Laufbahn ein sehr langer und harter Weg sein wird.

Deine größten Einflüsse und Inspirationen:

Das Leben, gute Erfahrungen und andere Künstler*innen.

Welche Philosophie verfolgst du als Künstlerin?

Ich möchte ein Vorbild sein, wenn es darum geht, neue Wege zu beschreiten. Mein Ziel ist es, andere zum genreübergreifenden Musikmachen zu inspirieren und sie zu ermutigen, grenzenlos zu denken. Ich sehe mich als Botschafterin meines Leitsatzes: „Das war’s noch nicht – da geht noch mehr.“

„AM___PM“ ist am 9. Juni via Attack Decay Sweet Release erschienen.

www.instagram.com/sensu

Aus dem FAZEmag 138/08.2023