Wir läuten eine weitere Runde „Four To The Floor“ ein und stellen euch vier aufregende Acts aus dem elektronischen Business vor. On Board: reichlich Frauenpower und zwei kongeniale Duos.
Inox Traxx
Vom legendären Ben Sims unter die Fittiche genommen bahnt sich Inox Traxx seit 2019 ihren Weg durch die Technoszene. Ihr außergewöhnliches Talent führt sie mittlerweile regelmäßig ins Berghain.
Meine Anfänge: Im Jahr 2014 hörte ich einen Track von Radio Slave namens „N.I.N.A.“, der mich umgehauen hat. Ich fragte mich, was das ist, und begann, tiefer zu graben. Ich erhielt immer mehr Inspirationen und mir wurde klar, dass ich Musik machen wollte. Ich bat meinen Freund, Ableton auf meinem Laptop zu installieren, und verbrachte Tage und Nächte damit zu verstehen, wie es funktioniert. Ich bin ein autodidaktischer Mensch. Am Anfang war es schwer, aber danach wurde es einfacher und auch das Lernen des DJings war ein natürlicher Prozess. 2019 habe ich schließlich meine erste EP auf Overbalance veröffentlicht.
Über meine neue „Indicators“-EP: Es geht um Träume und Gefühle. Die Tracks sind in einer anderen Zeit entstanden, in einer anderen Stimmung und einem anderen Zustand. Meine Favoriten sind „Indicators“ und „She Is a Nymph“. Ich bin Ben Sims sehr dankbar, dass er Vertrauen in meine Musik hatte und sie bei Symbolism unter Vertrag genommen hat.
Meine Einflüsse und Inspirationen: Inspirationen kommen von überall und aus den verschiedensten Richtungen. Mal lasse ich mich von der Musik anderer Artists leiten, mal installiere ich ein neues Plug-in und schöpfe daraus neue kreative Ansätze. Das passiert meist unerwartet. Ich bin nicht die Art von Musikerin, die jeden Tag im Studio verbringt. So funktioniert das bei mir einfach nicht.
Mein schönstes Erlebnis als Künstlerin: Mein erster Gig im Berghain. Ich konnte die Liebe in der Luft spüren und die Connection zur Crowd war unfassbar stark. Es war ein unglaubliches Erlebnis.
Mein schlimmstes Erlebnis als Künstlerin: Ich kann nicht sagen, dass ich schlechte Erfahrungen gemacht habe. Ich kann nur sagen, dass die Leute vielleicht nicht die gleiche Vision haben wie du. So ist das Leben.
Mein Start ins Jahr 2023 war … lebensverändernd! Ich bin dankbar für meinen Neuanfang in Berlin und Europa und für die Möglichkeiten, die sich mir nun bieten.
„Indicators“ ist am 20. Januar via Symbolism erschienen.
Anna Kost
Nach ihrem erstklassigen Release auf dem Hotflush-Schwesterlabel Who Whom darf die talentierte Anna Kost endlich auf dem Main-Imprint von Scuba ran und serviert eine würzige Debüt-Scheibe.
Meine Anfänge: Ich hatte schon immer einen starken Bezug zu Musik, von klein auf. Viele Jahre lang habe ich Klavier und Geige gespielt. Meine Reise mit elektronischer Musik begann jedoch erst, als ich 2017 nach Berlin zog. Ein paar Jahre später, 2020, habe ich meinen ersten Track auf der „Suburban Avenue VA“-Compilation veröffentlicht, die von Mattia Trani zusammengestellt wurde.
Über meine neue EP „See Life Better“: Ein sehr spezielles Projekt für mich – erschienen auf Hotflush Recordings. Ich konnte Scuba bei der Auswahl der Tracks für alle meine EPs auf dem Label wirklich vertrauen. Die Art und Weise, wie er in der Lage ist, eine besondere Geschichte für eine Veröffentlichung zu kreieren, beeindruckt mich immer wieder. Inspiriert vom UK-Bass- und Techno-Sound habe ich versucht, etwas Neues und Unverwechselbares zu schaffen, indem ich verschiedene Elemente kombiniert habe, die mich ansprechen und meine Gefühle auf die ehrlichste Art und Weise ausdrücken.
Meine Einflüsse und Inspirationen: Die meisten meiner Inspirationen kommen von Künstler*innen wie Luke Slater, Regis, Drexciya, Forest Drive West, Djrum … die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Wenn ich ein DJ-Set spiele, ist es mir wichtig, immer vielseitig und vielfarbig zu sein.
Mein schönstes Erlebnis als Künstlerin: Ein Auftritt in Italien, genauer gesagt in Riccione im Cocorico. Der Vibe war unglaublich deep und es herrschte eine äußerst intime Atmosphäre. Außerdem hatte ich in den letzten Jahren immer wieder die Möglichkeit mit großartigen Produzent*innen zusammenzuarbeiten. Dadurch habe ich viel lernen können.
Mein schlimmstes Erlebnis als Künstlerin: Schwierige Momente kommen immer wieder vor, gerade wenn man einen hohen Anspruch an sich selbst hat. Dennoch sind es Erfahrungen, aus denen ich etwas Positives mitnehmen kann.
Mein Start ins Jahr 2023 war … vergleichsweise entspannt. Ich habe mir ein paar Wochen Auszeit genommen, um zu produzieren und nach neuer Musik zu suchen, was mir normalerweise hilft, die Leidenschaft wieder aufzubauen und hoffentlich mit einer viel klareren Vision zurückzukommen.
„See Life Better“ ist am 20. Januar via Hotflush Recordings erschienen.
Between Mermaids And Me
Das dänische Glitch-Pop-Duo ist das personifizierte kontrollierte Chaos. Ihr grenzenloser, experimenteller Sound wird von einer unzertrennlichen Freundschaft zusammengehalten. Musik, die alles ist, aber ganz sicher nicht von der Stange kommt.
Unsere Anfänge: Wir haben von Anfang an unsere eigene Musik produziert – mehr oder weniger. Unser Highlight und Meilenstein ist definitiv unser Debüt „Reality Cravings“. Wir haben das Gefühl, dass es der Zenit unserer individuellen und gemeinsamen Stärken ist – nicht nur in Bezug auf das Ergebnis, sondern auch auf den Prozess und die Art und Weise, wie wir mit den Sounds, der Herangehensweise und den Methoden des gemeinsamen Musikschreibens gearbeitet haben.
Über unsere Debüt-LP „Reality Cravings“: Das Album steckt voller glitchiger Synthies und hektischer Beats – sowohl akustisch als auch elektronisch. Die Songs drehen sich um die potenziell apokalyptischen Bedingungen unserer Zeit und die Depression des digitalen Zeitalters. Die ersten Demos und Skizzen entstanden während des ersten Covid-Lockdowns – online, da wir uns nicht treffen konnten – und dieses Gefühl der Isolation und Ungewissheit über die Zukunft beeinflusste sowohl die Texte als auch den Sound.
Unsere Einflüsse und Inspirationen: Die reichen vom dänischen Underground bis hin zu weltberühmten Acts wie Radiohead. Wenn man die Mühe und Arbeit spürt, die da reingesteckt wurde, sind wir im Grunde süchtig – fast unabhängig vom Genre. Innovative Visionäre wie James Blake oder die Neugierde und der ewige Wunsch, sich neu zu erfinden und weiterzuentwickeln, für die vor allem Thom Yorke steht, sind für uns unerschöpfliche Inspirationsquellen.
Unser schönster Karrieremoment: Kurz nach unserer ersten Show mit unserer Teenage-Band kam ein Fremder hinter die Bühne und sagte uns, dass ihm unsere Musik so viel bedeute, dass er es kürzlich geschafft habe, mit den Drogen aufzuhören.
Der schlimmste Moment unserer Karriere: Die Auflösung eben jener Teenage-Band. Wir haben uns auf eine ziemlich uncoole Art und Weise getrennt und dachten, wir würden nie wieder zusammen Musik machen. Gott sei Dank war dies nicht der Fall.
Unser Start ins Jahr 2023 war … eigentlich ereignislos. Wir machen einfach da weiter, wo wir aufgehört haben, und arbeiten stets an neuen, aufregenden Sachen.
„Reality Cravings“ ist am 28. Oktober via HFN erschienen.
Close Counters
Pumpende House-Synthie-Beats aus Down Under. Das australische Duo, bestehend aus Allan McConnell und Finn Rees, ist bis an die Zähne mit Kreativität bewaffnet und präsentiert mit „SOULACOSTA II“ am 15. Februar ein weiteres Schmankerl für unsere Ohren.
Unsere Anfänge: 2013, im Alter von 16 und 18 Jahren, haben wir in der Wohnung unserer Eltern angefangen, Musik zu produzieren. Es begann mit Hip-Hop- und Pop-inspirierten Produktionen, ehe wir mit Tracks wie „Fluctuate“ (2014) im House landeten. Unser Song „Rollout“ mit Young Franco war letztes Jahr im Spiel „Fifa 23“ zu hören – das war superaufregend.
Über unsere neue LP „SOULACOASTA II“: Das Album erforscht Genres wie Broken Beat und Bruk. Es ist ein Teppich von Samples, die wir beim Durchstöbern von Platten und Filmen auf der ganzen Welt gefunden haben. Stolz sind wir außerdem auf die begleitenden Filmclips, wie etwa für „Get Down!“ oder „Only One“.
Unsere Einflüsse und Inspirationen: Eine große Inspirationsquelle für das Album ist die australische Gruppe The Avalanches. Ihre kaleidoskopischen Wände aus Samples und das Tempo und der Fluss von einem Song zum nächsten auf ihren Platten haben uns sehr beeindruckt.
Unser schönster Karrieremoment: Die Gelegenheit, unsere Musik mit dem Publikum zu teilen, sei es durch Auftritte mit der Live-Band oder wenn wir beide ein DJ-Set spielen. Wir haben das große Glück, auf Reisen zu gehen und in Clubs, Live-Musik-Locations und auf Festivals eine einzigartige Crowd zu treffen.
Unser schlimmster Karrieremoment: Womöglich als wir 2022 nach Brisbane fuhren, um eine Show zu spielen, die wegen Überschwemmungen bereits mehrfach verschoben worden war. Unser Auftritt fiel wortwörtlich ins Wasser und wir mussten Zuflucht im Haus eines Freundes suchen. Die Rückreise mit stundenlangen Verspätungen war eine Qual.
Unser Start in 2023 war … sehr ereignisreich und voller Shows. Großartig war der Gig auf der Collingwood Children’s Farm mit einer tollen landschaftlichen Kulisse und zahlreichen Bauernhoftieren.
„SOULACOASTA II“ erscheint am 15. Februar als Self-Release.
Aus dem FAZEmag 132/02.2023