GROOZIN – von der Leidenschaft zum Lebensweg

GROOZIN – von der Leidenschaft zum Lebensweg

Elektronische Musik hat die Kraft, Menschen zu verbinden, Emotionen freizusetzen und neue Wege zu eröffnen. Für Sandro aka GROOZIN war sie jedoch weit mehr als das – sie wurde zur Rettung, zur Konstante in einem Leben voller Umbrüche. Ursprünglich war seine Zukunft im Fußball vorgezeichnet, doch eine Verletzung beendete diesen Traum abrupt. Der russische Angriffskrieg zwang ihn schließlich zur Flucht aus seiner Heimat Ukraine. Doch anstatt sich unterkriegen zu lassen, nutzte er diese Herausforderungen, um sich in der Musik neu zu definieren. Heute lebt er in Frankfurt, wo er seine Karriere als DJ und Produzent vorantreibt und mit Sabiash Records eine kreative Heimat gefunden hat.

„Als ich von der Welt des Fußballs in die Musik wechselte, lebte ich in Kyjiw. Damals war die elektronische Musikszene in der Ukraine kaum vertreten. Es gab nur wenige Festivals, und in den Clubs dominierten Pop und R ’n‘ B. Elektronische Musik fristete ein Schattendasein“, erinnert er sich an seine Anfänge. „Auf der internationalen Bühne Fuß zu fassen, war extrem schwer. Doch ich hatte eine Vision. Und als Tiësto unseren Track zum ersten Mal spielte, wusste ich: Es gibt eine Chance. Das war mein Signal, dass ich mich aus dem Schatten herauswagen konnte.“ Seinen ersten Kontakt mit elektronischer Musik hatte er jedoch viel früher. Sein Vater war es, der ihn in die Welt von Carl Cox, Tiësto oder James Zabiela einführte: „Ich erinnere mich noch genau an das erste Konzert, das mein Vater mich besuchen ließ: Es war eins von Tiësto in 2007. Ich war wie hypnotisiert. Tausende Menschen, die sich im gleichen Rhythmus bewegten, als wären sie eins mit der Musik. Das hat mich nie wieder losgelassen.“ Besonders Carl Cox beeindruckte ihn: „Sein ikonisches ,Oh yes, oh yes!‘ hat mich schon als Kind begeistert. Diese Energie, seine Kontrolle über die Dynamik eines Sets, seine Verbindung zur Crowd – das ist pure Magie.“

Trotz der Begeisterung für Musik war zunächst der Fußball Sandros Welt. Erst eine schwere Beinverletzung beendete seine Karriere und zwang ihn zum Umdenken. „Ich hatte keine Wahl. Aber irgendwie wusste ich tief in mir drin, dass Musik immer da sein würde, um mich aufzufangen.“ 2017 gründete er gemeinsam mit einem Freund das Projekt Heyem & Groozin und erlebte erste Erfolge. „Unsere Tracks erschienen auf Spinnin‘ Records, Hexagon, Revealed. Doch in der Ukraine zählten diese Erfolge wenig. Wir spielten in Bars fünf- bis sechsstündige Sets, oft mit Musik, die wir selbst nie hörten. Aber es war eine Möglichkeit, Geld zu verdienen und Kontakte zu knüpfen.“ Die Bestätigung kam aus dem Ausland: „Ich werde nie vergessen, wie Armin van Buuren unseren Remix mit Omnia auf dem Ultra Music Festival spielte. Das war surreal.“ Dann kam das Jahr 2022 und mit dem Krieg der komplette Stillstand. „Ich konnte keine Musik mehr hören. Sechs Monate lang. Alles, was ich sah, war Zerstörung. Ich hatte keinen kreativen Funken mehr in mir.“ Die Flucht aus der Ukraine sei die schwierigste Entscheidung seines Lebens gewesen. „Mein Freund Emil aka Heyem und ich standen vor dem Nichts. Ich hatte keine Perspektive. Doch dann kam eine Nachricht von Bachi: ,Bruder, komm nach Frankfurt.’“

In Deutschland fand Sandro nicht nur eine neue Heimat, sondern auch die Motivation, wieder Musik zu machen: „Frankfurt hat mir eine Freiheit gegeben, die ich vorher nicht kannte. Hier kann ich kreieren, was ich will, ohne mich Trends anpassen zu müssen.“ Mit Sabiash Records fand er zudem ein Label, das seine Vision teilt: „Dieses Label ist unser Baby. Wir bauen es mit Menschen auf, die Musik genauso lieben wie ich. Hier habe ich das Gefühl, wirklich anzukommen.“

Mit der Solo-EP „Caucasus“ wagte er einen mutigen Schritt. „Ich wollte nicht mehr dem Mainstream folgen, sondern etwas Eigenes schaffen. Diese EP ist das komplette Gegenteil dessen, was ich vorher gemacht habe. Und genau das macht es so spannend.“ Sein Sound hat sich stark verändert, nicht nur durch den Ortswechsel: „Früher habe ich produziert, um Trends zu folgen. Heute produziere ich, um meine eigene Handschrift zu entwickeln.“ Die größten Inspirationsquellen sind Künstler wie Tal Fussman, Floorplan oder Chris Stussy. „Fussman ist ein Genie, wenn es um Groove geht. Floorplan haben als Vater-Tochter-Duo die House-Welt verändert. Und Chris Stussy? Er ist der König der Atmosphäre. Diese Leute haben mir gezeigt, was möglich ist.“

Die Solo-EP „Caucasus“ von GROOZIN:

Sandro experimentiert viel mit neuen Sounds und entwickelt eine Klangästhetik, die sich von seinen bisherigen Produktionen unterscheidet. „Ich arbeite intensiv daran, meinen Sound noch präziser zu definieren. Es geht darum, eine emotionale Tiefe zu schaffen, die die Hörer auf der Tanzfläche mitnimmt. Ich will, dass meine Musik nicht nur gehört, sondern gefühlt wird.“ Für die Zukunft hat er große Pläne: „Ich arbeite an neuen Tracks und feile an meinem eigenen Sound. In meinen DJ-Sets teste ich viele unveröffentlichte Sachen – und das Feedback ist fantastisch.“ Neben Studioarbeit plant er auch verstärkt internationale Gigs. „Es gibt einige spannende Anfragen, und ich kann es kaum erwarten, meine neuen Tracks auf größeren Bühnen zu spielen.“

Das Ziel für 2025 ist für klar: „Musik, Musik und noch mehr Musik. Ich will auftreten, meine neuen Tracks in die Welt tragen und weiter wachsen.“ Frankfurt ist für ihn zu einem Ort geworden, an dem er nicht nur kreativ arbeiten, sondern auch neue Inspirationen sammeln kann. „Die Stadt hat eine lebendige Szene und bietet mir die Möglichkeit, mit großartigen Künstlern zu arbeiten. Das ist ein entscheidender Faktor für meine Entwicklung.“ Sandros Reise war geprägt von Herausforderungen – von Ablehnung in der Heimat bis hin zur Flucht nach Deutschland. Doch heute ist er stärker denn je. „Ich bin genau da, wo ich sein will. Und das ist erst der Anfang.“

Die EP „Caucasus“ von GROOZIN ist am 13. Dezember 2024 via recordJet erschienen.

Aus dem FAZEmag 158/04.2025
Text: Triple P
Web: www.instagram.com/groozindj