HOZHO – Die Verbannung des Bösen

HOZHO – Die Verbannung des Bösen / Foto: Agustin Cuello

Er selbst nennt seinen Stil Melodark Minimal. Und in der Tat trifft diese Beschreibung den Sound des 1993 geborenen Portugiesen ziemlich gut. Melodien treffen auf dunkle, treibende, technoide Beats. Dabei avanciert das Genre derzeit zu einem richtigen Hype, eignen sich doch in der Szene nicht selten immer mehr Künstler*innen dessen charakteristische Merkmale an. Joel Monteiro, wie Hozho mit bürgerlichem Namen heißt, hat sein Projekt 2015 lanciert. Seitdem hat er zwei Alben, mehrere EPs, Singles und Remixe veröffentlicht. Sein unverkennbares Markenzeichen auf der Bühne ist dabei seine Pestmaske. Und so gewöhnungsbedürftig diese aussieht, umso positiver ist seine Absicht. Wir haben ihn gesprochen.

Joel, wann begann deine musikalische Reise?

Schon in meiner Kindheit spielte mein älterer Bruder eine wichtige Rolle für mich und das Thema. Ich hörte immer, was er auf der Stereoanlage spielte, vor allem Nu-Metal-Bands wie Korn, Limp Bizkit, Linkin Park und System of a Down. Auch heute noch ist es ein Genre, das ich gerne höre und aus dem ich viel Inspiration ziehe. Nachdem ich drei Jahre lang Musikproduktion als reines Hobby betrieben und verschiedene Genres wie Hip-Hop, Electro und Drum ‘n‘ Bass produziert hatte, habe ich mich melodischem Minimal-Techno gewidmet. Ich hatte irgendwann das Bedürfnis, meine Musik der Welt zu präsentieren. Natürlich hatten meine Songs rückblickend nicht die gleiche Klangqualität wie heute, aber ich bin immer noch stolz auf sie, weil das alles Teil der künstlerischen Entwicklung ist. Boris Brejcha war extrem wichtig und wohl mein größter Einfluss, als ich Hozho kreiert habe. Seit 2015 habe ich meinen eigenen Musikstil stetig entwickelt und verbessert, um etwas Einzigartiges zu schaffen.

Du nennst dein Genre „Melodark Minimal“.

Für mich ist Melodark mehr als nur ein Musikgenre. Seit den Anfängen ist es zu einer künstlerischen Bewegung mit einer emotionalen, motivierenden Botschaft geworden. Für mich ist es ein Lebensstil und eine Philosophie. Musikalisch gesehen zeichnet sich Melodark durch den symbiotischen Kontrast zwischen den schönen Melodien und der Dunkelheit um die Synthies und Basslines aus, die meist auf einem minimalen Techno-Beat basieren.

Geboren und aufgewachsen bist du in Viseu, einem recht provinziellen Ort im Zentrum Portugals. Wie hat sich deine Heimat auf deinen Sound ausgewirkt?

In dieser Stadt gab und gibt es keine wirklich ausgeprägte elektronische Kultur wie in Lissabon oder Porto. Sporadisch gab es jedoch einige Partys, meist House und Techno, mit großartigen portugiesischen DJs wie DJ Vibe, Carlos Manaça und Frank Maurel. Das waren meine ersten Raves und mein Einstieg in die Welt der elektronischen Musik in den Jahren 2008 und 2009. Aber wie schon erwähnt galt meine Leidenschaft damals vermehrt dem Rock und Metal. Ich war früher Bassist in einer Band. Erst später, im Jahr 2012, im Alter von 19 Jahren, fing ich an, andere Stile zu hören und elektronische Musik zu schätzen. Und etwa zu dieser Zeit begann ich, meine ersten Schritte in der Produktion zu machen.

Seit 2015 hast du zwei Alben, mehrere EPs und Remixe veröffentlicht.

Selbst nach sieben Jahren glaube ich immer noch nicht, dass ich alles über Musikproduktion weiß. Es ist ein ständiger Lernprozess. Ich weiß, dass sich die Klangqualität meiner Songs sehr verbessert hat, seit ich mit dem Projekt begonnen habe bzw. seit ich den ersten Track veröffentlicht habe. Aber es gibt immer noch eine Menge zu lernen und eine Menge Chancen zu wachsen. Ich denke, als Künstler ist man ja recht selten vollends zufrieden. Aber das Ziel ist immer, etwas zu schaffen, das besser ist als das letzte Projekt. So ist es zumindest bei mir.

„Yin Yang“ ist 2019 erschienen. Könntest du dir einen neuen Longplayer vorstellen?

Nicht nur das, ich habe bereits mit der Produktion meines kommenden Albums mit dem Titel „Psychological Issues“ begonnen. Meine Fans und Hörer*innen werden einen neuen Sound im Vergleich zu meinen früheren Werken hören können, ohne dass die Essenz von Melodark verloren geht. Dieses Album ist mehr als nur eine Ansammlung von Liedern, es wird eine weniger gute Phase meines Lebens darstellen und ich denke, dass diejenigen, die mir folgen, deshalb einen dunkleren, schwereren und dramatischeren Sound spüren werden. Das Album wird voraussichtlich Anfang 2023 erscheinen.

Der Albumtitel ist nicht zufällig gewählt, nehme ich an?

Ich möchte nicht zu tief in die Materie eindringen, deshalb werde ich das Album veröffentlichen. Denn ich glaube wirklich, dass ich mich durch Musik besser ausdrücken kann als durch Worte. Meine Musik spiegelt meine Stimmung und meine Erfahrungen wider – gute aber auch schlechte Dinge. Dieses Album wird sich mehr auf das negative konzentrieren, aber gleichzeitig soll es eine Botschaft der Überwindung vermitteln, denn ich weiß, dass viele Menschen das Gleiche durchmachen wie ich. Ich möchte, dass du dort draußen das Gefühl hast, dass du in dieser Dunkelheit nicht allein bist, denn selbst in der Dunkelheit gibt es Entdeckungen, Möglichkeiten und Freiheit.

Deine Show ist geprägt von einer sehr markanten Maske. Wie kam es dazu?

Es ist eine Pestmaske, die ursprünglich von Ärzten zur Zeit des „Schwarzen Todes“ in Europa im 14. Jahrhundert verwendet wurde. Eine Theorie besagt, dass die Pest durch böse Geister verursacht wurde. Um die Geister zu vertreiben, wurde die Maske absichtlich so gestaltet, dass sie gruselig aussieht. Wenn ich auftrete, benutze ich die Maske, um all die bösen Energien und Probleme zu verscheuchen, die die Menschen vielleicht haben, sei es auf der Tanzfläche oder in ihrem Alltag. Die Maske, die ich heute benutze, ist ein wenig verändert. Du kannst sehen, dass sie Blut und Narben hat, die für die Schwierigkeiten und Kämpfe stehen, die ich ausfechten musste, um dort zu sein, wo ich heute bin.

Was steht in den kommenden Wochen und Monaten auf dem Programm?

Im Moment konzentriere ich mich zusammen mit meinem Team auf den Release-Plan für meine neue EP „Troubles In Paradise“. Außerdem befinde ich mich gerade auf einer Welt-Tournee. Mittendrin versuche ich, etwas Zeit zu finden, um Songs für das kommende Album zu produzieren. Wie du also siehst, bin ich im Moment sehr beschäftigt. Aber das ist das Leben, für das ich mich entschieden habe. Es kann sehr anstrengend und stressig sein, aber zumindest kann ich sagen, dass ich kein monotones oder langweiliges Leben führe, sondern dass immer etwas Neues passiert. Neue Leute, neue Orte und so viel mehr. Und so hoffe ich, nächstes Jahr auf einem anderen Level zu sein, immer meinen Weg zu gehen und nicht der Herde zu folgen. Ich hoffe, dass ich die nötige Gesundheit und Kraft habe, um weiterhin das zu tun, was ich liebe. Im Moment lebe ich einfach den Moment.

 

Aus dem FAZEmag 128/10.2022
Text: Triple P
Foto: Agustin Cuello
www.instagram.com/hozho