I. JORDAN – Identität & Selbstakzeptanz

Foto: Kairo Urovi

Sie ist wohl eine der aufstrebendesten LGBTQIA*-Künstler*innen aus UK – und am 10. Mai wird sich I. JORDAN mit ihrem Debütalbum „I Am Jordan“ im Kosmos des legendären Labels Ninja Tune verewigen. „Real Hot n Naughty“ führt das Album an und enthält eine Kollaboration mit dem Schauspieler und Rapper Felix Mufti, den Fans von „Sex Education“ als It-Boy Roman kennen werden. Jordans persönliche Reise prägt nicht nur den Klang, sondern auch die Themen des Albums, die sich mit Identität, Selbstakzeptanz und der Kraft der Gemeinschaft auseinandersetzen. Wir haben I. JORDAN zum Interview gebeten.

Jordan, dein Debütalbum „I AM JORDAN“ wird als Feier kollektiver Ekstase und Freude beschrieben, insbesondere im Kontext deiner Erfahrungen als Transperson. Wie hat diese persönliche Reise den Sound und das Album generell beeinflusst?

Ein Großteil meiner Transition und der Reise, die ich als Transperson gemacht habe, besteht darin zu verstehen, wer ich bin, was meine wahre Identität ist und mich selbst zu verstehen. Daher ist die Musik, die aus diesem Prozess entstanden ist, authentisch für mich. Ich bin in den letzten Jahren als Künstlerin und auch als Person gewachsen – diese beiden Aspekte schließen sich gegenseitig nicht aus. Der Albumtitel ist zugleich auch eine Aussage. Das bin ich – das ist die Musik, die ich im Moment gerne mache. Das ist das, was sich für mich echt anfühlt. Ich möchte, dass die Leute sehen, dass I. JORDAN bedeutet: I AM JORDAN. Ein Großteil der Musik wurde in sehr wichtigen Phasen meiner Identität und Selbstentwicklung geschrieben. Der Track „People Want Nice Things“ zeigt meine Stimme, die sich unter Testosteron verändert, und die letzte Aufnahme dafür habe ich im November letzten Jahres gemacht. Man kann buchstäblich hören, wie sich meine Stimme verändert – ich wollte das unbedingt dokumentieren und archivieren. Es fühlt sich sehr besonders an, das als Teil des Albums zu haben.

Das Album zollt verschiedenen Tanzmusik-Genres Tribut, darunter Donk, Hardstyle, Trance und House. Wie bist du an die Integration dieser vielfältigen Stile herangegangen?

Ich war schon immer eine Multi-Genre-Künstlerin, das gehört zu meinem kreativen Wesen. Ich lasse mich von so vielen Genres beeinflussen, dass es für mich seltsam wäre, mich auf eine Sache festzulegen. Das sind die Klänge, mit denen ich aufgewachsen bin, Klänge, die ich immer noch liebe und in Clubs spiele und mit denen ich mich verbinde. Daher war es mir wichtig, dass sie sich in meinem Debütalbum widerspiegeln, da ich ihnen als Künstlerin so viel zu verdanken habe. Einige der Tracks, zum Beispiel der Donk-Track mit TAAHLIAH, sind entstanden, weil ich wusste, dass ich einen Donk-Track machen wollte. Die Idee, dass Ninja Tune einen Donk-Track veröffentlicht, fand ich so lustig, da ich nicht weiß, ob das schon einmal auf dem Label gemacht wurde. Andere, wie die housigen oder experimentellen Tracks („Casino High“, „When Lights Flash“, „Reification“ usw.), entstanden zufällig und waren eher ein kreativer Ausdruck oder Auslass denn ein bewusster „Ich werde x-Genre machen“-Moment.

Das Album wird als persönliches Tagebuch der Tanzmusik beschrieben, das eine Zeit des Umbruchs markiert. Kannst du beschreiben, wie dieses Album ein Spiegelbild deiner eigenen Erfahrungen und deines Wachstums als Künstler darstellt?

Ich habe nie gedacht, dass ich „genug“ Künstlerin bin, um ein Album zu schreiben, ich dachte, ich hätte es nicht in mir. Dann habe ich realisiert, dass ich nur Sachen machen musste, die für mich wahr sind, eine Reflexion meines Lebens und meiner Erfahrungen zu der entsprechenden Zeit, und dann begann das Album Form anzunehmen. Ich bin sowohl persönlich als auch beruflich als Person gewachsen, mein Selbstvertrauen und mein Glaube an mich selbst haben ebenfalls zugenommen, und das ist stark mit diesem Album und seiner Fertigstellung verbunden. Ich bin also sehr stolz darauf, dass ich es geschafft habe, und dass ich es in mir habe und dass ich genug bin.

Die kollaborative Natur des Albums ist offensichtlich, mit Beiträgen verschiedener Künstler*innen und Freunde. Wie hat diese Gemeinschaft den kreativen Prozess und das Endergebnis beeinflusst?

Es war mir sehr wichtig, dass dieses Album andere unglaubliche Trans-Künstler*innen hervorhebt und feiert. Das gesamte kreative Team des Albums ist Trans (Creative Director Aries Moross, Mastering von Russell EL Butler, Fotografie von Kairo Kay, Styling von Sam Noir Smith) – das war mir extrem wichtig. Insbesondere da Ninja Tune ein großes Label und eine große Plattform ist, war es mir möglich, diese Reise mit anderen Trans-Kreativen zu teilen, die in ihren jeweiligen Bereichen massiv unterrepräsentiert sind. Die musikalischen Zusammenarbeiten (TAAHLIAH, Felix & Sister Zo) kommen alle aus einem echten Ort, echter Freundschaft. Das Lernen neuer Dinge und neuer Stile, zusammen mit anderen Künstler*innen, hat mich auch als Künstlerin selbst vorangetrieben, also war es großartig, diesen Prozess mit meinen Freunden zu teilen.

Was sind deine Pläne für die nächsten Wochen und Monate? Hast du weitere Projekte geplant oder einige Shows, auf die du besonders gespannt bist?

Viele DJ-Clubshows und Festivals über den Sommer. Während der Woche bin ich damit beschäftigt, an meiner Live-Show zu arbeiten, die ein riesiges neues Projekt für mich ist. Ich bin extrem aufgeregt und nervös. Das Debüt wird im August sein. Ich pushe mich wirklich darauf hin, lerne neue Techniken und Instrumente, um die Show zu einem echten Erlebnis zu machen. Ich spiele Gitarre, arbeite mit einem Voice-Box-Effekt und neuen Instrumenten, also wird es wirklich Spaß machen, denke ich. Ich arbeite auch immer an neuer Musik, also wird natürlich noch mehr kommen. Im September bin ich wieder in Amerika und freue mich darauf, das Album mit der Welt zu teilen.

Aus dem FAZEmag 147/05.2024
Text: Lisa Bonn
Foto: Kairo Urovi
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