Ick mach Welle – für mehr Inklusion in der Szene

Ick mach Welle – für mehr Inklusion in der Szene

Seit 2018 setzt sich das Berliner Label Killekill im Rahmen des Projekts „Ick Mach Welle“ für die Inklusion von Menschen mit Behinderung in der elektronischen Musikszene ein. Die Verantwortlichen, die in der Hauptstadt außerdem das Krake Festival organisieren, haben es sich zum Ziel gemacht, die Artists bei der Musikproduktion zu unterstützen und ihnen ein größeres Gehör im Club- und Event-Sektor zu verschaffen. Wir haben mit Nico Deuster, dem Gründer von Killekill, über „Ick Mach Welle“ gesprochen.

Hallo, Nico. Kannst du uns die Anfänge von „Ick Mach Welle“ skizzieren? Wann und wie ist der Startschuss für das Projekt gefallen?

Vor einigen Jahren teilten uns die Verantwortlichen von Musicboard mit, dass sie in Zukunft nur noch Festivals fördern wollten, die Menschen mit Behinderung buchen. Nach zwei Tagen des Nachdenkens fielen mir gerade einmal zwei Künstler*innen-Gruppen ein, die sich Inklusion auf die Fahnen geschrieben hatten. Das fand ich krass und ich dachte: „Das muss man ändern!“ Wir sind dann an die Lebenshilfe Berlin herangetreten, weil ich wusste, dass es da coole Leute gibt, die zum Beispiel auch die inklusive Spaceship-Partyreihe in Berlin veranstalten. Gemeinsam haben wir dann „Ick Mach Welle“ ins Leben gerufen, das zunächst als Workshop gestartet ist. Mittlerweile haben wir neun musikalische Projekte, bestehend aus einer Band, DJs, Solo-Live-Acts und mehr.

Wie betrachtet ihr die Entwicklung von Inklusion im Kontext elektronischer Musik im Allgemeinen? Welche Fortschritte wurden erzielt? Wo besteht noch Handlungsbedarf?

Es hat sich einiges getan und es wird immer öfter über Barrierefreiheit auf Seiten des Publikums gesprochen, das ist toll. Andererseits sind in den meisten Programmen nach wie vor kaum Menschen mit Behinderung vertreten, und das ist traurig – für die Künstler*innen selbst, aber auch für das Publikum. Menschen mit Behinderung haben eine sehr interessante Perspektive auf die Welt und eine Menge zu sagen. Was ist eigentlich ein „Mensch mit Behinderung“? Was ist, wenn ein DJ einen Unfall hat und dann im Rollstuhl sitzt? Ist er dann auch ein Artist mit Behinderung? Beeinflusst das sein Schaffen? Das ist doch irgendwie absurd. Diese Menschen brauchen vielleicht etwas mehr Hilfe, damit sie ihre Arbeit und Kunst machen können, aber das sind wir ihnen und uns doch schuldig, oder?

Was können Label, aber auch die Künstler*innen selbst, tun, um Inklusion innerhalb der Szene voranzutreiben?

Einfach mal etwas bemühen. Vielleicht hier oder dort mal ein Risiko eingehen und nicht einfach nur dem nächsten Hype hinterherrennen.

Was hattet ihr beim diesjährigen Krake Festival geplant, das ja gerade zu Ende gegangen ist?

Wir waren mit einer großen Anzahl an Künstler*innen vertreten, darunter unserer Band Wellen.Brecher, Bläck Dävil, DJ Marla Roots sowie mit einigen unserer Mentor*innen – Isa Bassi, Triqi und Gina D’Orio. Wir haben uns bemüht, auch internationale spannende Acts zu finden, bei denen Menschen mit Behinderung dabei sind. Hierzu zälhlen in diesem Jahr Drag Syndrome, 21 Downbeat, Wheelman und das Pariser Rap-Duo Choolers Divison.

Zu eurer Familie gehört auch der Artist Schrunzel, den ihr als den wohl eigenwilligsten Künstler in euren Reihen beschreibt. Ein paar Worte zu ihm?

Schrunzel ist ein echter Multimedia-Künstler. Er hat eine äußerst individuelle Art zu arbeiten (nur selbst erstellte Samples, keine vorgegebenen Raster wie Takt oder Tempo, nur Free-Software) und verfügt über einen sehr speziellen, humorvollen Blick auf die Welt. Er macht wirklich großartige Musik mit fantastischen dadaistischen Texten.

Am 7. Juli erscheint mit der „Schnäll Schnäll“-EP von Bläck Dävil das nächste Release eines Ick-Mach-Welle-Members.

 

Aus dem FAZEmag 137/07.2023
www.killekill.com