Nach rund einem Jahr Release-Pause kehrt Nastias NECHTO-Label zurück auf die Bildfläche. Gefeiert wird das Comeback nicht nur mit einer fantastischen EP von Louwave und Splinter (UA) aus der Ukraine, sondern auch mit einem neuen Design, für das sich ein renommierter CGI- und KI-Künstler namens Diego Castro aka MONOMO verantwortlich zeigt. Mit uns hat die ambitionierte Ukrainerin über ihre Pläne mit NECHTO gesprochen.
Hallo Nastia. Wir gehen davon aus, dass der anhaltende Krieg in der Ukraine immer noch ein Thema ist, das dich täglich beschäftigt. Wie geht es dir und wie sieht dein Leben derzeit aus?
Mein Leben ist wie eine Transitzone. Es geht nicht nur um den Krieg in der Ukraine und meine Flucht, sondern ganz allgemein um eine Art Kapitel im Leben. Alles ändert sich ständig und intensiv. Karriere, Aktivitäten, das Leben als Flüchtling. Es gibt keine Gewissheiten. Ich habe mich damit abgefunden und lerne, unter neuen Umständen zu leben, in der Hoffnung, dass dies nicht für immer so sein wird.
Erfreulichere Nachrichten gibt es von deinem Label NECHTO, das nach mehr als einem Jahr Pause sein Comeback feiert. War die Pause mit dem Krieg verbunden oder gab es andere Gründe dafür?
Nun, erstens war es schwierig, die Last, die durch die neuen Bedingungen und Umstände auf mich fiel, allein zu bewältigen. Ich habe mich sehr angestrengt, um nicht verrückt zu werden. Ganz zu schweigen davon, Demos zu hören, Veröffentlichungen zu planen und generell kreativ zu sein. Als ich „aufwachte“, war klar, dass das Label wiederbelebt werden musste. Eine zu lange Pause erforderte einen neuen Ansatz. Jetzt bin ich wieder im Geschäft, mit Ideen und Energie, die ich in das Label investieren kann.
Das Label kehrt mit einem frischen Konzept zurück, vor allem in Bezug auf das Design. Darüber würden wir gerne mehr erfahren. Was waren die Gründe für deinen Wunsch nach einem neuen Design und was macht es so besonders? Wir haben es hier mit einem renommierten CGI- und KI-Künstler zu tun, richtig?
Oft kaufen die Leute Platten nicht nur wegen der Musik. Ich habe immer gewusst, dass es eine bestimmte Kategorie von Leuten gibt, die eine Platte wegen des Konzepts oder des Covers kaufen. Außerdem scheint es mir, dass Kollaborationen und die Zusammenarbeit mit anderen Menschen immer die Möglichkeiten erweitern und die Chancen auf ein erfolgreiches Ergebnis erhöhen. Als Instagram mir einen Inhalt von MONOMO empfahl, dachte ich sofort, dass es cool wäre, wenn er seine futuristischen und fantastischen Artworks für das Label designen würde, denn bei NECHTO geht es genau darum: Zukunft, visuelle Erfahrung und Technologie. Wir pressen nicht viele Platten, aber sie sind allesamt sehr hochwertig und schön.
Gibt es weitere Veränderungen, was die Struktur und das Konzept des Labels angeht?
Ich bin immer noch zufrieden damit, wie ich das Label aufbaue und entwickle. Ich möchte die Möglichkeiten erweitern und jungen Produzenten wieder die Türen öffnen, wie wir es mit dem Projekt Scary Beautiful getan haben, nur jetzt in einem neuen Format. Ich weiß, wie schwer es für neue Namen ist, Aufmerksamkeit zu erlangen und einen Platz für ihre Musik zu finden, und ich wollte schon immer, dass NECHTO ein Label für alle ist, so dass jeder seine Musik darauf veröffentlichen kann. Das Hauptkriterium ist die Musik selbst, die Ideen und die Qualität der Produktion. Im November starte ich NECHTO Bandcamp Exclusive – dort könnt ihr eure Musik unter der Marke des Labels veröffentlichen und erhaltet die vollen Tantiemen sowie einen fairen Beitrag von NECHTO dafür. In Kürze werde ich euch mehr darüber erzählen.
Glücklicherweise gibt es nicht nur ein neues Design, sondern auch neue Musik auf NECHTO, die gerade veröffentlicht wurde. Eine neue EP von Louwave & Splinter. Gerade Splinter ist für dich und das Label keine unbekannte Größe. Erzähl uns mehr über die beiden sympathischen Künstler und ihre neue EP.
NECHTO mit diesen Jungs zu relaunchen war sehr symbolisch und eine echte Ehre für mich. Da hat der Krieg ausnahmsweise mal eine positive Facette, denn die Vereinigung ist das Ergebnis von Timurs (Splinter UA) Versetzung. Er ist mit seiner Familie wegen des Krieges von Odessa nach Lviv gezogen, wo seine Freundschaft mit Anton (Louwave) entstand. Ihre Fusion funktionierte sofort, und ich bewundere ihre Beziehung, die seither pflegen. Als sie letzten Dezember bei der NECHTO-Party in Budapest auftraten, war ich wirklich erstaunt, wie gut sie zusammen waren. Das Konzept der „gleichen Wellenlänge“ trifft zu 100 % auf sie zu. In Anbetracht der Bedingungen und Umstände, unter denen sie arbeiten, da sie immer noch in der Ukraine leben, verleihen sie ihrer Vereinigung noch mehr Bedeutung und Wert. Jeden Tag 4-Hand-Live-Funk-Techno zu den Klängen einer Sirene zu jammen – da muss man wirklich selbstlos und engagiert sein, um seine Arbeit zu lieben. Ich kann meinen Respekt und meine Bewunderung für dieses Naturphänomen nicht in Worte fassen. Ich habe schon lange nicht mehr so sehr an jemanden geglaubt!
Jetzt, wo das Label wiederbelebt wurde: gibt es weitere Veröffentlichungspläne?
Ab dem nächsten Jahr plane ich, alle zwei Monate eine Veröffentlichung zu planen. Das Label wird voll von Vielfalt und Überraschungen sein. Ich habe bereits einige Veröffentlichungen fertig. Aber es wird sowieso immer um Qualität und nicht um Quantität gehen. Das Label war für mich nie eine Geschäftsidee. Es ist in erster Linie eine Mission und Verantwortung, ein Beitrag zur elektronischen Musikkultur. Im Januar steht das Release des vielversprechenden griechischen Produzenten ANNĒ vor der Tür. Davor werde ich das NECHTO Bandcamp Exclusive Projekt ankündigen. Ich kann es kaum erwarten, dass der Krieg in der Ukraine vorbei ist, damit ich zurückkehren und auch weiterhin NECHTO-Veranstaltungen durchführen kann.