
Geboren und aufgewachsen in Argentinien, zog es den noch recht jungen Jose Bonetto bereits 2019 nach Berlin. Getrieben von der Vision, alles auf eine Karte zu setzen und sich in der Techno-Hauptstadt als Künstler zu verwirklichen, gelang ihm das schon nach wenigen Monaten auf beeindruckende Art und Weise. Er bespielt renommierte Clubs und Festivals in Europa und feierte sein erstes Release im August 2021 mit Single „Decipher“, bei der er mit Freund und Studio-Partner A.D.H.S. kollaborierte. Nach kurzen Abstechern auf Set About, die allesamt genau so wie sein Release-Debüt in den Beatport Charts auf beachtlichen Platzierungen landeten, veröffentlichte der DJ und Live-Act nun mit „Magnetic Fields“ im Juni eine Single auf Spannung, dem Imprint von Lilly Palmer.
Zu Musik kam Bonetto dabei bereits in sehr jungen Jahren, u.a. durch seinen Vater, berichtet er: „Ich würde sagen, dass Musik schon immer da war, seit ich ein Kind bin. Mein Vater war in seinen frühen Jahren DJ, meine Mutter hörte den ganzen Tag zu Hause Musik und mein älterer Bruder, der damals mein Vorbild war, war ein Rock’n’Roll-Fanatiker, also habe ich all das aufgesogen, seit ich quasi denken kann. Mit 14 ging ich dann meinen eigenen Weg und lernte Schlagzeug spielen, wobei ich mich ganz auf Heavy Metal konzentrierte. Ich hatte einige Jahre lang meine eigene Band, bis ich auf elektronische Musik stieß und sich seitdem alles verändert hat.“ Seine Heimat hat seinen Bezug zu Musik zweifelsohne nochmals intensiviert: „Argentinien ist ein sehr leidenschaftliches Land, die Menschen fühlen die Musik auf eine extreme Art und Weise und die Live-Shows dort sind etwas ganz anderes. Die Reaktion des Publikums auf die Musik schafft eine energiegeladene Atmosphäre, die mich von der ersten Minute an in ihren Bann gezogen hat und mich dazu brachte, zu lernen, wie man das auch bei anderen erzeugen kann.“ Dennoch war für ihn der Schritt in die deutsche Hauptstadt unumgänglich. Zu groß war die Neugier und Begierde, sein Wissen über elektronische Musik zu erweitern und auch die eigene Persönlichkeit zu entfalten: „In der ersten Nacht, in der ich ankam, lud mich der Typ, der mir ein Zimmer vermietet hatte, ins Berghain ein und dort explodierte mein Verstand förmlich. Am zweiten Tag lief ich durch die Straßen und fing vor Rührung an zu weinen, als ich merkte, dass ich den Ort gefunden hatte, den ich mein ganzes Leben lang gesucht hatte. Ein Ort voller Respekt und Originalität, ein Ort, an dem die Menschen sich ständig bei jedem Auftritt ausdrücken. In den folgenden Tagen habe ich alles erkundet, was die Stadt zu bieten hat, von der kulturellen und historischen Seite bis hin zur Clubbing- und Kunstszene. Dadurch wurde mir klar, warum ich mich so sehr mit Berlin verbunden fühle und warum dies meine neue Heimat sein musste.“
Die letzten beiden Jahre, bis zur jetzigen EP auf Spannung Records, waren für Bonetto ein einziges Abenteuer: „Ich habe mein Verständnis von Musikproduktion vertieft, indem ich mich mit verschiedenen Künstlern aus der Szene austauschte und mich auch immer mehr mit mir selbst und dem, was ich ausdrücken wollte, auseinandersetzte. Mit Lilly Palmer habe ich vor einigen Jahren durch gemeinsame Freunde Kontakt aufgenommen. Ich identifiziere mich sehr mit ihrem Sound und der Art und Weise, wie sie mit allen Menschen umgeht, deshalb wollte ich meine Musik mit ihr teilen.“
Seinen Workflow im Studio beschreibt er als eine feste Konstante im Leben, die sowohl an als auch abseits von Soft- und Hardware stattfindet: „Durch meine innere Arbeit fühle ich mich die ganze Zeit mit Ideen verbunden. Ich mag es, zuerst abstrakt zu arbeiten, um zu verstehen, was ich kommunizieren will. Ich arbeite gerne in meinem Atelier, aber ich bin auch gerne überall mit meinem Laptop unterwegs und lasse meiner Kreativität freien Lauf. Hauptsächlich arbeite ich ‚in the box‘ mit Ableton Live als DAW zusammen mit verschiedener Software von anderen Firmen. Ich arbeite gerne mit dem Ableton Push Controller und dem Kontakt-Keyboard von Native Instruments. Außerdem nehme ich einige meiner Drums mit der TR 8-S von Roland und meinen eigenen Gesang auf.“
Das Bestreben nach einem möglichst künstlerischen Ansatz unterstreicht auch die Tatsache, dass er für die aktuelle Single einen eindrucksvollen Kurzfilm gedreht hat: „Für mich ist Kunst meine Art auszudrücken, wie ich die Realität, in der wir leben, verstehe, und deshalb habe ich das Bedürfnis, meine Musik mit einem visuellen Aspekt zu begleiten, um das, was ich vermitteln möchte, tiefgründig auszudrücken. In diesem Fall ergänzt das Video die Musik und zeigt den Weg, den du gehst, wenn du nach der Bewusstseinserweiterung suchst und wer du wirst, wenn du dich entscheidest, diesen Weg zu gehen.“ Für die kommenden Monate sind neben des Prozesses des Selbstausdrucks auch weitere Projekte geplant: „Es ist alles miteinander verbunden, indem ich neue Kunstwerke erschaffe, die zum Ausdruck meines eigenen Konzepts beitragen, sowohl musikalisch als auch videotechnisch. Ich werde auf der Symbiotikka-Bühne des Hive-Festivals spielen und auch Teil des Line-ups des Spannung-Trucks bei der Street Parade in Zürich sein. Ich freue mich riesig auf diese beiden ganz besonderen Shows, für die ich etwas wirklich Intensives vorbereite.“
Aus dem FAZEmag 137/07.2023
Text: Triple P
Foto: Alina Pagani
www.instagram.com/josebonetto