Die „Zukunft“, einer der bekanntesten Clubs der Schweiz, schließt nach fast zwei Jahrzehnten seine Türen. Der Club im Zürcher Langstraßenquartier, liebevoll „Zuki“ genannt, hat das Nachtleben der Stadt maßgeblich geprägt.
Doch nun muss er einem Neubau mit teuren Wohnungen weichen (FAZEmag berichtete). Die Eigentümer des Grundstücks, die Kornhaus-Verwaltung, haben beschlossen, das Gebäude abzureißen. Für die Betreiber und die zahlreichen Gäste bedeutet dies das Ende einer Ära, in der die „Zukunft“ nicht nur ein Club, sondern ein kulturelles Zentrum war. Die letzte Party findet Ende März statt, dann werden die Lichter für immer ausgehen.
Der Club galt in der Szene als ein Ort, der Generationen verbunden hat, doch nun muss er der modernen Stadtentwicklung weichen. Die Neue Züricher Zeitung hat der „Zukunft“ eine ausführliche Reportage samt Rückblick gewidmet. In Gesprächen mit DJs, Veranstaltern und Musikschaffenden wird dort deutlich, wie sehr die „Zukunft“ das Leben vieler Menschen geprägt hat. Künstlerin und Musikerin Palma Ada, die seit ihrer Jugend mit dem Club verbunden ist, beschreibt ihn als „große Konstante“ in ihrem Leben. „Menschen kamen und gingen – die ‚Zukunft‘ blieb bei mir“, sagt sie. Für sie war der Club nicht nur ein Ort zum Feiern, sondern auch eine Plattform für künstlerische Entfaltung. Sie trat hier als Sängerin auf und veranstaltete eigene Soiréen. In den letzten Monaten vor der Schließung betreibt sie im Dachgeschoss des Clubs ein Pop-up namens „Büro“, das mit seiner verspielten Atmosphäre einen Kontrast zu den dunklen, technolastigen Räumen im Erdgeschoss bildet.
Die vier Inhaber der „Zukunft“ – Markus Ott, Alex Dallas, Sacha Winkler (DJ Kalabrese) und Michi Vollenweider – blicken mit gemischten Gefühlen auf das Ende ihres Clubs. „Mir hat es das Herz gebrochen, als die Kündigung kam“, sagt Dallas. Doch sie hatten Zeit, sich auf das Ende vorzubereiten, und nutzten diese, um Abschiedsfeste zu feiern, die noch intensiver waren als sonst. „Wie ein Patient, der die Diagnose einer tödlichen Krankheit bekommen hat und seine verbleibende Zeit noch in vollen Zügen genießen will“, beschreibt es Dallas. Die „Zukunft“ sei für sie nicht nur ein Geschäft, sondern eine Leidenschaft, die sie über zwei Jahrzehnte hinweg antrieb.
Die Geschichte der „Zukunft“ begann in der Tat bereits 2005 in einem fensterlosen Kellerlokal an der Dienerstraße 33. Damals war das Langstraßenquartier noch ein rauer Ort, geprägt von Rotlicht und Drogen. Die Gründer, allesamt in der alternativen Zürcher Partyszene verwurzelt, wagten den Schritt und schufen einen Club, der schnell zum Anlaufpunkt für Künstler, Musiker und Partygänger wurde. Mit einem vielfältigen Musikprogramm, das von Techno über House bis zu Live-Konzerten reichte, zog die „Zukunft“ Menschen aus der ganzen Schweiz an. Die Offenheit für neue Talente und die Förderung junger DJs hielten den Club lebendig und sorgten für ständig neues Publikum.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Junge Menschen gehen heute anders aus, trinken weniger Alkohol und feiern seltener bis in die frühen Morgenstunden. Die Pandemie hat diese Entwicklung noch verstärkt. Die „Zukunft“ reagierte darauf, indem sie ein Awareness-Konzept einführte und mehr weibliche DJs buchte. Doch trotz aller Anpassungen konnte der Club den Veränderungen in der Clubkultur nicht entgegenwirken.
Die Schließung der „Zukunft“ steht sinnbildlich für das weltweite Klubsterben, das durch die Pandemie, steigende Mieten und veränderte Konsumgewohnheiten beschleunigt wurde. Für die Inhaber sei das Ende der „Zukunft“ auch eine Gelegenheit, Bilanz zu ziehen.
„Man muss aufhören, wenn es am schönsten ist“, sagt Winkler. Sie seien stolz auf das, was sie geschaffen haben, und hoffen, dass ihre Arbeit eine Lücke hinterließe, aus der etwas Neues entstehen kann.
„Es ist ja auch schön, wenn wir eine Lücke hinterlassen, dann wird den Leuten bewusst, was sie hatten – daraus kann wieder etwas Neues entstehen“, sagt Ott. Der letzte DJ, der in der „Zukunft“ auflegen wird, ist Kalabrese. Seine Fans werden tanzen, bis die Bagger kommen. Und dann wird an dieser Stelle eine neue Coop-Pronto-Filiale eröffnen.
Quelle: Neue Züricher Zeitung
Auch interessant:
Saarländer Kultclub Flash St. Wendel schließt nach 41 Jahren