Le petit prince – Hercules DJControl Inpulse T7

Ein DJ-Controller mit aktiven Plattentellern ist zwangsläufig derart teuer, dass er nur eine schmale Schicht gut betuchter Profis anspricht? Hatten wir bis vor einem Jahr auch gedacht. Bis der Technikhersteller Guillemot Hercules auf der NAMM 2023 mit ersten Modellen für einen Preis von weniger 1000 Euro jede vorstellbare Untergrenze sprengen sollte. Nun ja, wir wären alle Millionäre, hätten wir für alle vollmundig beworbenen, aber nie in Serie gegangenen Prototypen einen Euro bekommen. Hercules aber hielten das Versprechen. Mehr noch – sie übererfüllen es. Im übertragenen Sinne gilt für den T7: Wer kein Geld für Brot hat, kann jetzt einfach Kuchen essen.

Innofader-Upgrade möglich
Der Inpulse T7 ist der größte und schwerste Controller, den Hercules je veröffentlicht hat. Wobei das bei dem frankokanadischen Hersteller ja immer relativ zu verstehen ist. Mit seinen Abmessungen von 65 x 35 x 9 cm ragt er lediglich ein klein wenig über beispielsweise den Inpulse 500 hinaus. Und ein nicht unerheblicher Teil der 5 kg sind den zusätzlichen Bauteile geschuldet, die für die aktiven 7“-Jogwheels erforderlich waren. Der Inpulse T7 ist also unverändert ein tourtauglicher Controller und zweifellos der kompakteste, der mit motorisierten Plattentellern auf dem Markt zu finden ist. In den Dimensionen so groß wie nötig, aber eben auch klein wie möglich zu bleiben, war schon immer höchstes Bestreben des Herstellers. Ebenso, bei der Verarbeitung keine entscheidenden Schwächen zuzulassen. Zwar ist der Controller bis auf wenige Ausnahmen komplett aus Kunststoff gefertigt. Angefangen beim Chassis über die Faceplate bis hin zu den meisten Bedienelementen. High-End-Drehregler findet man ebenso wenig wie einen Crossfader der allerhöchsten Güteklasse. In Anbetracht der Preisklasse, in der er spielt, und die Käuferschaft, die er anvisiert, ist er dennoch vorbildlich geraten. Immerhin sind die 2 x 8 Performance-Pads sowie andere wichtige Buttons gummiert, ebenso quittieren sie jede Betätigung mit diesem angenehmen Gnucken. Eine gewisse Eleganz kann man dem Siebener ebenfalls nicht absprechen. Vor allem, wenn er eingeschaltet ist und seine RGB-illuminierten Buttonschriften und Rahmen offenbart. Dort, wo es drauf ankommt, reicht der Controller also über einen Einsteigerstatus hinaus. Und wer den Inpulse T7 tatsächlich als Scratching-Maschine malträtieren möchte, kann die Standardfader inzwischen gegen einen Innofader-Satz tauschen. Macht knapp 150 Euro extra, aber damit wäre auch dieser kleine Makel behoben.

Inpulse T7 uplift
Handeln wir kurz die Anschluss-Sektion ab. Sie liefert für einen Controller Erwartbares. Auf der Stirn befindet sich der Kopfhörerausgang, erfreulicherweise sowohl im 6,3-Klinke- als auch 3,5-mm-Miniklinke-Format. Die Rückseite weist ein Stereo-Master-Out in Cinch und sogar XLR auf, hinzukommen ein 6,3-mm-Klinkeneingang für ein Mic sowie USB-B-Anschluss für die Rechnerverbindung. Das Netzteil befindet sich extern und muss auch angeschlossen werden – nur USB-Power reichte aufgrund der aktiven Plattenteller nicht aus. Ein Einschaltbutton ist ebenso vorhanden, was bei Einsteiger-Tools nicht immer Fall ist. Wie schon der Inpulse 500 besitzt das neue Hercules-Flaggschiff vier große ausklappbare Füße, mit denen sich der Inpulse T7 auf eine Arbeitshöhe von knapp 9 cm aufbocken lässt. Diese Stelzung schützt nicht nur seine Grundfläche vor Feuchtigkeit und Verschmutzung. Sie bietet auch die Möglichkeit, den Controller platzsparend direkt über die Tastatur eines Laptops zu stellen. So macht es den Eindruck, als rage der aufgeklappte Monitor rückseitig aus dem Controller heraus. Very nice!

(S)killing it
Beim Layout zeigt sich der Inpulse T7 absolut klassisch und übersichtlich. Zwei Controller-Decks schließen eine Zweikanal-Mixerunit ein, wobei die Pitchfader jeweils rechts der Plattenteller eingelassen sind. Die Pitcher sind erfreulicherweise volle 100 mm lang und ermöglichen feinste Anpassungen. Allerdings fällt der mittige Einrastpunkt für unseren Geschmack etwas zu fest aus. Unterhalb des Plattentellers befinden sich links eine große Play/Pause- und Cue-Taste, darüber kleine Shift- und (pssst!) Sync-Tasten. Mittig reihen sich die jeweils 2 x 4 Performance-Kissen auf, gekrönt von den 4 Performance-Modi-Wahlbuttons. Über besagte Shift-Taste lassen sich unter anderem die weiteren 4 Performance-Pads in zweiter Ebene erreichen, sodass insgesamt 8 zur Verfügung stehen. Welche das genau sind und welchem Bedienmuster sie folgen, entscheidet sich an der DJ-Software, mit der man arbeitet. Zur Wahl stellt Hercules das hauseigene DJUCED oder aber Serato DJ Lite.


Wer nicht bereits mit Serato arbeitet oder sicher weiß, dass er nichts anderes will, sollte sich DJUCED definitiv anschauen. Es ist kostenlos, hält inklusive Stem-Separierung alle wichtigen DJ-Funktionen parat und wartet mit einem Bonus auf, der vor allem für Neueinsteiger interessant ist: interaktive DJ-Learning-Funktionen, die einem Hilfestellung beim manuellen Beatmatching sowie anderen Skills geben. Ein ausführlicher Teil der Hilfestellung passiert am Laptop-Bildschirm über Software-Popups sowie Video-Tutorials. Wie schon vorangegangene Hercules-Controller hat aber auch die Inpulse T7-Hardware Hilfsfunktionen integriert. Allen voran die beleuchteten Beat-Align-Pfeile unterhalb der Jogwheels sowie Tempo-Weiser an den Pitchfadern. Sie zeigen an, in welche Richtung man Jogwheel und Geschwindigkeitsregler bewegen muss, um den kommenden Track mit dem laufenden zu synchronisieren. Sobald beides passt, leuchten die Beat-Align- und Tempo-Anzeigen grün. Einen zusätzlichen visuellen Hinweis zur Trackgeschwindigkeit geben die fetten Browser-Encoder in den oberen rechten Playerecken. Sie sind in der Basis mit LED-Ringen ausgestattet und pulsieren farblich gemäß dem BPM-Tempo.

Wer später von DJUCED auf Serato Lite und irgendwann das kostenpflichtige Serato DJ Pro umsteigen möchte, wird kaum Schwierigkeiten haben. In Aufbau und Anwendung entsprechen die beiden Applikationen einander sehr. Serato hat allerdings bei der automatischen Stem-Separation die Nase aktuell vorn, da die Trennung von Vocals, Melodie, Bass und Drums klanglich sauberer ausgeführt wird. Die Stems werden dann über die Performance-Buttons verteilt und lassen sich dort getrennt ein- und ausschalten. Ähnlich ist der Umgang mit den restlichen 7 Performance-Modi Hot Cue, Loop Roll, Sampler, Beat Jump, Slicer, Toneplay und Pad-Effekte. Wer lediglich die Vocals isolieren und mit einem anderen Track mashen möchte, findet im rechten unteren Deck-Eck eine Quick-Lösung in Gestalt zweier Tasten mit den Aufschriften „Vocal“ und „Instruments“. An gleicher Stelle sind ebenso eine Auto-Loop-Sektion mit Endlosdrehregler sowie In- und Out-Tasten untergebracht, um die Schleife manuell abzustecken.


Den Riemen auf die 7
Offensichtliche Hauptattraktion des Inpulse T7 sind die motorisierten Jogwheels im 7“-Format. Hier hat Hercules wahrlich nicht gegeizt, denn sie bestehen aus Metall und liegen entsprechend satt in der Hand. Zusammengebaut werden muss (fast) nichts, die Wheels of Steel sind fest im Controller verbaut. Ebenso sind die dreieckigen Spiegelringe an den Jogwheel-Außenkanten mehr retro-dekorativer Natur, denn eine seitliche Strobobeleuchtung besitzt der Inpulse T7 natürlich nicht. Die Ringe werden manchem DJ aber helfen, um den Teller gefühlvoll abzubremsen bzw. anzuschieben. Im Lieferumfang enthalten sind eine Slipmat sowie ein passendes Vinyl für den originalgetreuen Grip. Beide werden über die Spindel gestülpt und sind dank kleiner Klemmen gegen Abheben gesichert. Wer mag, kann jedes andere 7“-Wax aufspannen. Ob Opas kostbare Kraftwerk-Erstauflage oder Omas handsignierten Carpendale-Schlager, spielt keine Rolle. Je nachdem, mit wem man es sich verscherzen will. Die Teller werden übrigens nicht direkt, sondern mittels Riemen angetrieben. Was angesichts der im Vergleich zum 12“ geringeren Plattenmaß jedoch kein Nachteil ist. Innerhalb einer Zehntelsekunde erreicht die Platte laut Hersteller ihr Maximaltempo von 33 1/3 Umdrehungen. Gefühlt stimmen wir dem zu, die Scheibe wirbelt nach einem raketenschnellen Start gleichmäßig kraftvoll unter der Hand. Auf 45 rpm umstellen lässt sich die Geschwindigkeit nicht, aber auch das fällt beim Auflegen nicht negativ ins Gewicht, ja, wäre wahrscheinlich sogar des Guten schon zu viel.

Modernes Paddeln
Die beiden Player werden naturgemäß in der Mixer-Unit zusammengeführt. Sie besitzt im Zentrum 2 Kanäle, die jeweils mit einem Gain-Regler, 3-Band-Kill-EQs, einem Filter-Poti und neunsegmentigen Input-Pegelanzeigen ausgestattet sind. Links des EQ-Streifens ist die Headphones-Sektion mit Lautstärke- und Cue-/Mix-Vorhörregler untergebracht, darüber ragt der Mikrofon-Volume-Poti heraus. Fehlt noch die Masterabteilung mit Lautstärkeregler und leider nur fünfsegmentiger Kontrollanzeige. Sie ist rechts der EQs untergebracht. Unterhalb schließt sich dann die Effektsektion an. Je nach DJ-Software lassen sich entweder pro Deck 3 unterschiedliche Einzeleffekte (DJUCED) auswählen oder beiden Decks insgesamt 6 kombinierbare Typen (Serato) auf Knopfduck zuteilen. Ein globaler Regler übernimmt die Einstellung der Effekttiefe. Zuschalten lassen sich die FX-Sounds pro Deck mit dem angesagten Effektpaddel in bekannter Manier. Bei Oberstellung wird der Effektsound dauerhaft eingeblendet, während der rückzuggefederte Move nach unten den Effekt blitzartig zur Geltung bringt. Sobald man einen Effekt angewählt hat, übernimmt der bidirektionale Filterregler die Aufgabe der Klangveränderung. Sind keine anderen Effekte aktiviert, bearbeitet er immer das Software-Filter. T7-intern ist übrigens ein sehr gut klingendes Audiointerface in 24 Bit/44,1 kHz-Güte verbaut. Das ist wiederum speziell für Rookies ein dicker Pluspunkt, denn nicht jeder wird bereits beim Einstieg über einen Rechner mit Profisoundkarte verfügen. In jedem Falle sollte man den Hercules-Rat beherzigen, die auf der Website bereitgestellten ASIO-Treiber für PC oder Mac zu installieren. Sie gewährleisten die bestmögliche Mehrkanal-Performance in beide Richtungen bei geringstmöglicher Latenz.

Fazit
Alter Schwede, da haben die Franzosen ein kleines Meisterstück rausgehauen – um es mal international auszudrücken. Dass auch Einsteiger*innen mal in den Genuss eines Controllers mit motorisierten Plattentellern kommen würden, hatte wohl niemand auf dem Zettel. Hercules hat es zum konkurrenzlos günstigen Preis vollbracht, ohne dass die Qualität der sonstigen Funktionen auf der Strecke bleibt. Gerade in Kombination mit den Beatmatch-Guide-Funktionen ergeben die aktiven Wheels sogar besonders viel Sinn. Wenn es irgendwie möglich sein sollte, die klassischen Spinning-Skills abseits von echten Turntables zu erlernen, dann mit diesem 700-Euro-Controller. Selbst wenn man die ab Werk verbauten drei Standardfader gegen High-End-Innos tauscht, kommt man mit maximal 850 Euro immer noch geldsackschonend davon. Gutes Teil, das!

Aus dem FAZEmag 144/02.2024
www.hercules.com