Markus Kavka scheint gleich mehrere Personen in sich zu vereinen, denn während andere gerade mal einen einzigen Job mit Ach und Krach auf die Reihe bekommen, meistert er gleich mehrere, und alle gleichermaßen erfolgreich. Bekannt wurde der gebürtige Ingolstädter in Zeiten, in denen Musikfernsehen hierzulande noch eine wesentliche Rolle spielte – in den Neunzigern. Nach einer Weile als Journalist beim Metal Hammer wurde er Moderator bei VIVA, dann VIVA2, ehe er später zum (damals noch) Mitbewerber MTV wechselte. Heute ist er Host der Sendung „Number One“, einer der wenigen noch relevanten Musikshows überhaupt, in denen er für die ZDF-Sendergruppe wahre Rockkoryphäen wie Marilyn Manson, Sting, Joe Cocker, Metallica, Ozzy Osbourne, Patti Smith, Jack White und Depeche Mode interviewte. Fundiert und doch unkonventionell gelingt es ihm immer wieder – mit den meisten Künstlern nach 20 Jahren in diesem Business ohnehin längst auf Du und Du – eine persönliche Ebene zu kreieren und ihnen Interessantes zu entlocken. Meint man, dass allein die Vorbereitung für eine solche Sendung bereits ein Fulltime-Job ist, schreibt Herr Kavka aber auch immer mal wieder ein Buch zwischendurch und bringt es so auf inzwischen vier Veröffentlichungen. Da an den Wochenenden außerdem noch ein bisschen Zeit übrig ist, bietet es sich an, auch noch als DJ durch die Gegend zu reisen. Während es auf journalistischer Ebene seit zwei Dekaden in erster Linie um Rockmusik geht, gehört seine private Liebe und seine Passion als DJ der elektronischen. So freuen wir uns besonders, dass Markus Kavka den diesmonatigen Download-Mix für uns gefertigt hat. Mehr dazu, aber auch über ihn und seine sonstige Arbeit verriet er mir im Interview.
Es ist für einen Musikjournalisten schon komisch, einen anderen Musikjournalisten – dazu noch einen der bekanntesten des Landes – zum Interview zu bitten. Ein wenig fühlt man sich wie bei einem Bewerbungsgespräch. Jetzt bloß nichts falsch machen, keine völlig abgedroschenen, 1.000 Mal gestellten Fragen raushauen, keine peinlichen Zoten reißen und sich nicht ständig verhaspeln. Wenn dann direkt zum Start die Skype-Verbindung mehrfach abbricht, fängt das echt schon gut an. Aber natürlich ist Markus Kavka Profi genug um zu wissen, dass technische Probleme vorkommen können, und so starten wir unser Gespräch mit einigen Minuten Verspätung aber dennoch guter Dinge an einem Montagmittag im verschneiten März.
Was hat dich deiner Einschätzung nach zum wohl bekanntesten Musikjournalisten des Landes avancieren lassen? Ehrgeiz, Glück, Durchsetzungsvermögen, das abgeschlossene Studium … Ein Mix aus allem?
Markus Kavka: In erster Linie ist da wohl die Neugier zu nennen. Ich habe mich immer für Menschen generell, und insbesondere jene, die die Musik machen, die mir gefällt, interessiert. Ich habe schon mit 15, 16 angefangen, Fanzines zu machen und beim Radio zu arbeiten. Glück kam bestimmt auch dazu. Abgeschlossenes Studium kannst du vergessen, das interessiert keine Sau. Vieles dann ist auch Erfahrung, denn wenn ich an meine ersten Interviews denke, die würde ich so auch nicht mehr machen. Jetzt mache ich aber schon über 20 Jahre Interviews, da ist man dann irgendwann mal so drin. Eine Grundanspannung ist aber vor jedem Interview schon noch da, denn man kann ja nicht einfach so zu dahin schlurfen und denken, dass die halbe Stunde schon irgendwie rum geht. Wichtig ist, dass man lückenlos vorbereitet ist. Nicht, nur damit aus dem Wissensfundus Fragen stellen kann, sondern weil einem das eine gewisse Sicherheit verschafft. Gerade in Größenordnungen wie Depeche Mode oder U2 muss man Bescheid wissen. Die haben jede Frage schon zig Mal gehört. Dann geht es eher darum, dass man in diesem Interview eine Atmosphäre schafft, in der sie von sich aus erzählen, auch Dinge, die sie sonst noch nie gesagt haben, sogar ohne dass ich danach gefragt hätte.
Neben dem Job als Journalist und Moderator bist du außerdem auch noch Buchautor und DJ. Ist diese selbst gewählte Vielseitig nur Segen, oder auch schon mal Fluch hinsichtlich der Konzentration?
Gerade als ich meinen ersten Roman („Rottenegg“/Rowohlt Polaris 2011) geschrieben habe, musste ich mich aus den anderen Sachen ein wenig herausziehen und habe es bewusst zu einer Zeit gemacht, als ich nicht so viel gedreht habe. Ich habe auch kaum DJ-Bookings angenommen, das erfordert schon volle Konzentration. Man ist so drin in den Schreibprozess und kann wenig Ablenkung gebrauchen. Ansonsten ist es aber schon so, dass ich ein Input-Junkie bin, weil ich mich sonst schnell langweile. Wenn man mal genau hinschaut, sind es auch alles Sachen, die sich gegenseitig inspirieren. Sie sehen erst mal ganz verschieden aus, haben aber sehr viel mit mir zu tun. Was ich beruflich mache, hat eine sehr persönliche Färbung. Wenn ich eine Sendung im Fernsehen machen, bin das sehr ich. So ist es ja auch beim Auflegen. Ich weiß, dass ich technisch nicht die mega Leuchte bin, aber bei mir ist es eher eine Sache des Gefühls. Ich kommuniziere durch die Musik mit den Leuten. So ist es beim Schreiben auch. Mein Roman hatte ja schon autobiografische Züge. Ich könnte auf jeden Fall auf nichts von allem, das ich mache, verzichten. Stattdessen kommt immer noch mehr Kram dazu. Das Drehen ist mein Beruf, meine Hauptbeschäftigung, aber selbst wenn ich viel drehe, brauche ich das Auflegen als Ausgleichssport. Es gibt mir Energie und macht mich glücklich.
Während du auf journalistischer Ebene im Rockumfeld zuhause bist, sehen deine DJ-Sets doch völlig anders aus …
Ja, das bewegt sich relativ strikt im Deep House/Tech House-Kontext. Ich bin eher ein Mann des Gefühls, der versucht, eine Dramaturgie für den Abend zu entwerfen. Ich will eine Geschichte erzählen, statt einfach nur Tracks abzufeuern. So kommt es vor, dass ich auch schon mal Stücke spiele, die zehn oder fünfzehn Jahre alt sind, weil ich denke, das könnte jetzt gut passen. Dann ist es auch völlig egal, worunter die Platte wohl bei Beatport eingeordnet ist. Ich bin mit Rock und Punkrock aufgewachsen, dann kamen New Wave und Indie, aber ich habe immer schon elektronische Musik gehört. Das ging in den 80ern los mit Electropop, dann EBM, Acid House, die ersten Technosachen, Drum’n’Bass … Jobtechnisch hat man mich natürlich immer mehr als Rockonkel wahrgenommen, aber das lief bei mir zu gleichen Teilen parallel. Ich höre auch jetzt noch viel Indiekram, wobei ich aber feststelle, dass es in den letzten zehn Jahren immer mehr Elektronik geworden ist – nicht nur Clubmusik. Ich finde das viel spannender als Rock, wo sich vieles nur noch wiederholt.
Betrachtet man deine Karriere, bist du bisher doch relativ kritikfrei durchs Leben gekommen – im Vergleich zu bekannten Moderatorenkollegen aus der Unterhaltungsbranche. Glaubst du, dass der Musikjournalismus aufgrund seiner spitzen Ausrichtung davon eher unberührt bleibt?
Man muss sich schon immer mit Kritik auseinandersetzen, der stelle ich mich auch gerne. Ich beanspruche nicht für mich, alles richtig zu machen. Wenn man über Musik urteilt oder Leute interviewt, hat das immer eine starke persönliche Färbung. Musik ist Kunst und liegt immer im Auge des Betrachters, und das meine Ansichten nicht von allen Leuten geteilt werden, ist mir vollkommen klar. Aber das ist halt meine Leidenschaft, dafür lebe ich, und daher versuche ich, relativ unbeirrt mein Ding durchzuziehen. Ich will es auch nicht zwangsläufig immer alle recht machen. Musikjournalismus ist mein Ding. Ich hatte ja auch schon Versuche in Politik und Gesellschaft, eine Pilotsendung, die ich mal fürs ZDF gemacht habe. Da habe ich dann aber gemerkt, dass das nicht so meins ist. Da muss man selbstkritisch genug sein …
Du bist immer offensiv mit dem inzwischen auch schon wieder angestaubten Begriff „Berufsjugendlicher“ umgegangen. Ab 40 gehört man in vielen Bereichen bereits zum alten Eisen. Zum Beispiel im Club, gemessen an seinem Publikum.
Ich werde zwar ständig damit konfrontiert, dass ich Mitte 40 bin, aber ich nehme das selbst gar nicht so wahr. Ich habe den Eindruck, dass man sich eher über eine gemeinsame Leidenschaft verständigt, da ist es egal, wie alt jemand ist. Ich würde auch niemanden, der in den Club geht und zu meiner Musik tanzt, als jungen Hüpfer bezeichnen. Es geht mehr um gegenseitigen Respekt, und dann ist es doch egal, ob 20 oder 25 Jahre Altersunterschied dazwischen liegen. Man kommuniziert über die Musik, und wenn beide diese berührt und sie sie schön finden, löst sich der Altersunterschied irgendwie auf.
Du wirst den Download-Mix für April erstellen. Was können wir in Sachen Gefühl und Stimmung hier von dir erwarten?
Er wird relativ deep und auch eher dark und moll. Es wird kein Set werden, das ich so eins zu eins im Club spielen würde, eher als WarmUp. Es liegt maximal bei 123bpm, eher langsamer. Ich bin gerade dabei, einen Track zu produzieren, den ersten unter meinem Namen. Der wird seine Premiere in diesem Mix feiern. Ich finde die DJ-Mixe super, ich habe mir bestimmt locker die Hälfte der bisherigen FAZE-Mixe gekauft. Schories, Koletzki, Alle Farben, Adam Port … Ich empfinde es als große Ehre, jetzt auch einen machen zu dürfen. Das war eine super Gelegenheit, mich endlich mal hinzusetzen und einen Track zu basteln. Ich habe das immer auf die lange Bank geschoben, und als die Anfrage kam, passte es zeitlich auch gerade. / Nicole Ankelmann
Hier findet ihr den Mix von Markus zum Download.
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