Mathias Schaffhäuser – der Spaß am Kreativen

Mathias Schaffhäuser – der Spaß am Kreativen. Credit: Stephan Meyer

Es gibt etwas zu feiern. Ein neues Album, das zehnte Soloalbum und sogar das zwanzigste Album, wenn man alle Band- und Projekt-Alben dazuzählt. Zwanzig Alben erzählen eine lange Geschichte, die Anfang der 90er-Jahre losging, als Schaffhäuser mit der Band Sally Davis Junior seine ersten Releases hatte. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts nahm dann die elektronische Karriere Formen an, er startete sein eigenes Label Ware, veröffentlichte auf Force Inc. und hatte kurz nach der Jahrtausendwende mit seiner Version von  „Hey Little Girl“ von Icehouse einen Hit, der auch die deutschen und englischen Charts enterte. „Singing About It“ heißt der neue Longplayer, auf dem der Wahl-Kölner viel mit seiner Stimme arbeitet und mehr Songs als Tracks abliefert.

„Es fühlt sich gut an, und umso mehr, weil das Album ein besonderes geworden ist, das sich recht deutlich von den vorherigen abhebt“, eröffnet Schaffhäuser. Denn auch wenn sich sein Gesang und Songwriting wie ein roter Faden durch seine Karriere ziehen – das ging mit Sally Davis Junior schon los – so hat er doch solo bisher noch kein Album veröffentlicht, das aus Songs besteht und sich weniger an den Dancefloor richtet. Dabei steckt dahinter gar kein Plan oder Konzept, letztlich hat sich das einfach ergeben: „Ich singe gerne und habe das bei meinen DJ-Gigs in den Jahren vor der Pandemie immer mehr gemacht, und plötzlich waren dann eben all diese Songs da.“

Einige Songs wie „I Fall With You“, „Return (Again)“ und „Cover Me“ haben ihre Wurzeln in seinen Gigs, auf denen er auch Live-Improvisationen performt. Oft merkt er sofort, dass hier Potenzial für einen neuen Song liegt. Diese spontane Kreativität hat einen nicht unerheblichen Anteil auf den Produktionsprozess im Studio: „Es ist dann natürlich immer cool, schon eine Idee als Ausgangspunkt zu haben, das beschleunigt den kreativen Fluss.“ Im Studio arbeitet er ausschließlich mit Ableton Live, den darin integrierten Synths und Effekten sowie mit ein paar spezielleren Plug-ins. „Letztlich bin ich aber überhaupt kein Technik-Nerd, mir macht das Kreative einfach mehr Spaß“, sagt Mathias Schaffhäuser.

Im Vorfeld zum Album erschien bereits bereits die EP „Fancy Grey“ und ein Musikvideo zum Song:

Die Inspirationen für sein Songwriting sind sehr vielfältig. Die schon erwähnte Live-Improvisation spielt eine große Rolle, aber ebenso bietet die regelmäßige Zeitungs- und Buchlektüre viele Anhaltspunkte sowie auch einfach „die Welt, die uns umgibt.“ Direkte Vorbilder in Sachen Gesang und Songwriting hat der Ware-Boss eher nicht, vielmehr sind es bestimmte Stilrichtungen, die ihn faszinieren und die vor allem eher experimentell und schräg sein sollten. Altersbedingt reicht das auch weit zurück in die Musikgeschichte, aber dank regelmäßiger Promo-Versorgung mangelt es nicht an aktuellem Material, das ihn beeindruckt: „Ich finde, es gibt nach wie vor viele tolle neue Sachen aus vielen Stilrichtungen, und die hinterlassen natürlich auch Spuren in meinen Tracks.“

Bleibt natürlich noch die Frage, wie das Publikum auf sein neues Album reagieren wird, wobei er selbst dies sehr entspannt sieht: „Ich mache mir darüber nicht so viele Gedanken, weil ich ohnehin seit Jahren eher Nischenmusik mache, die nicht vom großen Publikum wahrgenommen wird. Ich denke schon, dass viele Fans meine Entwicklung nachvollziehen und mögen werden, zumal ich ja jetzt keinen 180-Grad-Schwenk hingelegt habe.“
Das Album ist letztlich immer noch sehr Schaffhäuser-typisch, nur mit mehr Gesang und weniger Four-To-The-Floor-Kick. Erste Reaktionen aus dem Bekanntenkreis von jüngeren Leuten machen ihn zuversichtlich, dass das Album auch dort seine Fans finden wird.
Eine besondere Anekdote bietet auch das Albumcover, denn hier hat er auf ein Bild zurückgegriffen, das sein Vater in den frühen 70er-Jahren gemalt hat, nach einer TV-Übertragung des Kölner Karnevalszugs, und das ihm schon immer sehr gefallen hat.
„Es ist definitiv mein Lieblingswerk von ihm. Und allein das quadratische Format hat natürlich immer schon um den Einsatz als Cover gebettelt. Und jetzt hat es eingehakt, jetzt war es genau das Richtige. Ich bin superglücklich damit.“

Zum Album-Release gab es eine Live-Präsentation am 30. September, eine weitere findet am Veröffentlichungstag (11.10.) im Blue Shell in Köln statt. Dort wird Mathias Schaffhäuser zu gesondert produzierten und arrangierten Playbacks live singen, eine komplette Live-Umsetzung erweist sich derzeit als zu aufwendig. „Aber ich würde total gerne eines Tages mit einer Band auf der Bühne stehen und das Album, aber auch noch andere ältere und ganz neue Songs spielen. Wobei das dann nicht ‚klassischer‘ – also typisch bandmäßig – klingen soll, sondern sich auch diese Mischung aus verschiedenen Pop- und Song-Spielarten und eben Elektronik weiter entwickeln sollte. Diesen Traum würde ich gerne noch eines Tages umsetzen.“

Tracklist Vinyl:
1. Singing About It (Seite A)
2. Fancy Grey (Seite A)
3. The System, Not The Symptoms (Seite A)
4. Keine Eile, Keine Hektik, Kein Stress (No Hurry, No Hustle, No Stress) (Seite A)
5. We’re Going Wrong (Seite B)6. I Fall With You (Album Version) (Seite B)
7. Don’t Go Crazy With Your Fantasy (Seite B)
8. Cover me (Seite B)
9. Things To Know About A.I. (Seite B)

Das Album „Singing About It“ von Matthias Schaffhäuser erscheint am 11. Oktober 2024  via GMO The Label. Hier könnt ihr das Album vorbestellen.

Aus dem FAZEmag 152/10.2024
Text: Tassilo Dicke
Credit: Stephan Meyer
Web: www.soundcloud.com/mathias-schaffhauser