Miyagi – Weiterentwicklung

 

Credit: Jonas Loose

Unser letztes Gespräch mit Robert Wagenknecht aka Miyagi führten wir im Herbst 2018. Gesprächsthemen waren nicht nur sein damals erschienenes Remix-Album „Scene From A Dream“ oder der offizielle FAZEmag-Downloadmix, für den Wagenknecht damals verantwortlich zeichnete. Auch ging es ausgiebig um sein im gleichen Jahr gefeiertes Debüt auf der Mainstage des Fusion Festivals sowie seinen abermaligen Besuch beim Burning Man. In diesem Jahr war es Tour-technisch aus allseits bekannten Gründen eher ruhiger, dafür hatte Miyagi Zeit, im Studio aktiv zu werden. Dabei herausgekommen ist sein dritter Langspieler, der mit dem Titel „Good Night Planet“ bereits im Dezember auf Katermukke erschienen ist. Stilistisch changiert er auf den elf Titeln dabei erneut zwischen deepen, flächigen Tunes bis hin zu technoiden Beats. Mit Allies For Everyone, Shawni, Eleonora und Haptic kollaborierte er auf vier Stücken.

Robert, wie ist es dir seit unserem letzten Gespräch im Jahr 2018 ergangen, sowohl beruflich als auch privat? Was ist seither passiert?

Unglaublich viel, aber wahrscheinlich nicht nur bei mir. Corona hat die Welt auf den Kopf gestellt und wir müssen versuchen, die Situation, so gut es geht, zu meistern. Wenn man dieser ganzen Geschichte überhaupt etwas Positives abgewinnen möchte, dann, dass man mehr Zeit für Familie und Freunde hatte – den strickten Lockdown mal außen vor gelassen. Das Privatleben litt schon ein wenig unter dem DJ-Job, aber ich will mich nicht beklagen, denn ich habe den Beruf sehr gerne ausgeübt. Trotzdem musste man erst einmal schauen, wo man bleibt. Anfangs dachte man: „Okay, dann haben wir jetzt alle mal zwei bis drei Monate frei.“ Niemand hat damit gerechnet, dass daraus eineinhalb Jahre werden. Und leider sind wir ja noch nicht am Ende. Zum Glück gab es in dieser Zeit Soforthilfen durch den Staat, Nebenjobs und die stetige Hoffnung auf bessere Zeiten.

Dein drittes Album trägt den Titel „Good Night Planet“. Was bedeutet dieser für dich?

Der Titel passt natürlich super in die aktuelle Zeit. Tatsächlich stand der Name des Albums aber schon vor der Pandemie fest und soll in erster Linie zum Träumen einladen. Ich habe diesen Titel gewählt, weil er viel Raum für Spekulationen lässt. Man kann selbst entscheiden, wie man „Good Night Planet“ interpretiert.

Es gibt elf Songs, darunter vier Kollaborationen – erzähle uns von deiner Zeit im Studio.

Die ersten Ideen zum Album entstanden Ende 2019 im Studio in Hamburg. Auf meiner anschließenden Indien-Tour habe ich dann jede freie Minute im Taxi, Hotel oder Flieger genutzt, um am Arrangement der Melodien zu arbeiten. Die finalen Drums habe ich mit einem Freund im Sommer 2020 ausgearbeitet. Danach stand das grobe Konstrukt des Albums eigentlich fest und im darauffolgenden Jahr habe ich sehr viel Zeit mit den Feinheiten verbracht. Für die Features habe ich meinen New Yorker Freund Allies For Everyone und die Berlinerin Eleonora gewählt. Mit beiden habe ich auch schon vorher zusammengearbeitet. Hinzu kam Haptic mit seinen einzigartigen Vocals für „Aphorism“ und Shawni mit ihrer Engelsstimme für „Hello Darkness“. Von beiden bin ich schon länger Fan. Umso mehr freue ich mich, dass die Features auf dem Album auch geklappt haben. 

Wie, würdest du sagen, hat sich dein Sound im Vergleich zu „Scene From A Dream“ entwickelt?

Alle sagen immer, dass ihr Sound erwachsener geworden ist. Genau diese Antwort würde ich hier auch geben. „Good Night Planet“ ist die Weiterentwicklung bzw. Fortsetzung von „Scene From A Dream“. Hier steckt mehr Arbeit im Detail, die Melodien sind umfassender ausgearbeitet, und überhaupt ist der rote Faden, die sich durch das Album zieht, hier noch deutlicher zu erkennen als beim Vorgänger.

Auf welche Produktionstools, wie Synthesizer, Plug-ins und Co., hast du in diesem Fall gesetzt?

Am meisten Wiedererkennungswert hat sicherlich der Vermona-14-Synthesizer. Die Bässe und Leads ziehen sich durch alle Albumtracks. Der analoge und kompromisslose Sound ist wirklich fett. Außerdem durfte natürlich nicht mein All-time-Favorite „Omnisphere“ fehlen. Dieser Synthesizer ist seit Jahren fester Bestandteil all meiner Produktionen.

Du hast äußerst lange in Hamburg gelebt, bist kürzlich aber erneut an den Rand von Berlin gezogen, wo du ursprünglich herkommst.

In der Tat, ja. Hier bin ich groß geworden, hier habe ich meine Wurzeln. Trotzdem fühle mich noch als Hamburger und ich würde auch jederzeit wieder dorthin zurückkehren, wenn die Umstände passen. Die vergangenen 15 Jahre und die damit verbundene Liebe zur Stadt werde ich immer in mir tragen. Aber ich freue mich jetzt auch auf einen neuen Lebensabschnitt in Berlin und bin gespannt, was die Zeit hier mit sich bringt.

Hast du während der Pandemie neue Hobbies entdeckt oder Dinge getan, für die du vorher keine Zeit oder Muße hattest?

In den ersten Monaten der Pandemie bin ich mehrmals die Woche Fahrrad gefahren und dann auch immer mindestens 50 Kilometer. Das war’s aber auch schon. Die restliche Zeit habe ich mit der Familie, Nebenjobs oder „Good Night Planet“ verbracht.

Von einem Licht am Ende des Tunnels zu sprechen, trauen sich bei Omikron und Delta ja gerade nur wenige – was sind nichtsdestotrotz deine Pläne für die kommenden Wochen und Monate? 

Als Optimist würde ich definitiv von einem Licht am Ende des Tunnels sprechen. Ich glaube, wir starten spätestens im Sommer wieder alle durch. Die nächsten Wochen und Monate werde ich also viel arbeiten und mich auf genau diese Zeit vorbereiten. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Im Sommer sind schon verschiedene Festivals bestätigt und das Transahara Festival in Marokko wird eines dieser Highlights werden. Dort kann man mehrere Tage in Zelten und Oasen mitten in der Sahara verbringen und dazu zu feinster elektronischer Musik verschiedenster internationaler Künstler*innen tanzen. Daumen drücken!

Aus dem FAZEmag 119/01.22
Text: Triple P
Credit: Jonas Loose
facebook.com/00miyagi