Liegt die Schuld am Clubsterben auch an der Erwartungshaltung der Zielgruppen? So sieht das zumindest ein Club-Boss aus Saarbrücken.
Tim Grothe und sein Team betreiben den Club Ubar & Mauerpfeiffer seit 15 Jahren. Spätestens seit dem Aus des Watergate in Berlin (FAZEmag berichtete) scheint für ihn der Zeitpunkt erreicht, sich äußern zu müssen. In einem offenen Brief kritisiert er dabei Social Media, Gagen und: Gäste.
Das selbst ein kommerziellerer Club wie das Watergate die Pforten schließen muss, sei ein „alarmierendes Zeichen“. „Es wird immer schwieriger, einen Club erfolgreich zu führen und für die Gäste attraktiv zu bleiben“, so der Club-Boss.
„Ein Teil der Problematik liegt natürlich an den immer weiter steigenden Kosten, zu denen auch die Gagen gehören, aber auch am „höher, besser, weiter“-Verhalten der Gäste, das diese Preisspirale weiter antreibt.“
Früher habe man den Clubs vertraut, heute wären Bookings von großen Namen ein Muss. „Diese Mentalität lässt kaum noch Raum für kreative und authentische Veranstaltungen und bremst gleichzeitig echte neue Talente und Partyserien aus.“
Ein weiteres Problem seien Verhandlungen mit Künstleragenturen, die oft einseitig verliefen, so Grothe. „Man bekommt wenig bis kein Entgegenkommen […] Es ist frustrierend, wenn die Gagenforderungen vollkommen unrealistisch sind und nicht zur Größe und den Möglichkeiten der Clubs passen.“
Künstler wüssten oft selbst gar nicht, was hinter den Kulissen bei den Agenturen geschehe. „Es wird immer offensichtlicher, dass es oft nur noch ums große Geld geht und immer weniger um die Kultur und den ursprünglichen Gedanken, den wir alle in der Szene so schätzen.“
Auch bei Ubar & Mauerpfeiffer habe man Probleme, bekannte Acts zu buchen. „Große Namen sind oft nur noch Prestige-Bookings, weil die Kosten explodieren und am Ende zu wenig überbleibt.“
Gute Musikabende ohne große Namen würden weniger besucht, was zu einem Teufelskreis führe. In seinem Statement ginge es Grothe allerdings nicht um Betreiber, Künstler oder Agenturen, sondern um die Gäste.
„Wenn ihr weiterhin die Clubs mit starken Bookings erleben wollt, müsst ihr euch vielleicht bald auf Eintrittspreise von 30-50 Euro einstellen – etwas, das auf Dauer für viele nicht tragbar sein wird.“ Auch im Abschluss seines offenen Briefes findet er deutliche Worte.
„Denkt mal darüber nach, wie und was ihr unterstützt oder seid ihr bereit, solche astronomischen Eintrittspreise zu zahlen, nur um große Namen zu hören? Denn auch uns fällt langsam immer weniger ein, wie wir das anders lösen sollen.“
AKA AKA teilten seinen Beitrag auf Facebook mit den Worten „Hört auf Papa Tim“ und kommentierten mit einem X von Bringmann & Kopetzki, bei dem die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion namens „20 Jahre Techno – Wo ist der Spirit hin?“ aufgrund zu hoher Gage ausblieben.
Quelle: Facebook
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