Nandu – Made in Copenhagen

Foto: Jonathan Damslund

Über die florierende Clublandschaft seiner Heimatstadt Kopenhagen hat sich der dänische DJ und Produzent Rasmus Jensen alias Nandu in den vergangenen Jahren in internationale elektronische Gewässer vorwagen können. Dank einer Menge Fleiß, produktionstechnischen Geschicks und eines unverkennbaren Musikstils stehen in seiner Vita mittlerweile Releases auf Label-Schwergewichten wie Afterlife, Kindisch, TAU, Connected und Innervisions, die den jungen Dänen zu einem der heißesten Eisen innerhalb der melodischen Dance-Musik gemacht haben. Erst kürzlich machte Nandu mit einer neuen EP auf dem von Âme und Dixon betriebenen Erfolgslabel Innervisions auf sich aufmerksam und betreibt mit Out Of Options darüber hinaus sein eigenes ambitioniertes Imprint, das Anfang Oktober neues Compilation-Material hervorbrachte. Höchste Zeit für einen Schnack.

Hey, Rasmus. Lass uns zu Beginn doch ein wenig in deine Geschichte eintauchen. Erzähl uns von deinen ersten Begegnungen mit elektronsicher Musik. Welche waren die ersten Artists und Genres, die dich beeinflusst haben?

Als Kind habe ich angefangen, Trompete zu spielen und habe mich im Laufe der Jahre zusehends für alten Jazz à la Louis Armstrong und Ella Fitzgerald interessiert. Später hörte ich mehr funkige Sachen und viel Pop. Als ich als Teenager irgendwann aufhörte, Trompete zu spielen, begann ich, mich mit elektronischer Musik zu beschäftigen. Die Regeln und Grenzen, nach denen man sonst Musik spielt, wurden mir zu langweilig, und die totale Freiheit, die elektronische Musik bietet, hat mich sehr gereizt. Zu dieser Zeit (2006 – 2007) haben mich vor allem Acts wie Trentemøller und Paul Kalkbrenner, aber auch kommerziellere Artists wie David Guetta und Calvin Harris, begeistert. Gegen Ende meiner Teenagerzeit fing ich an, in Kopenhagen in Clubs zu gehen. Ich verliebte mich sofort in die Tanzfläche als einen Zufluchtsort, an dem ich all meine Sorgen und Verantwortungen vergessen konnte. 

Sprechen wir doch direkt über Kopenhagen und die elektronische Szene der dänischen Hauptstadt. 

Die Szene wächst sehr schnell – vor allem seit Corona – und ist sehr international. Es gibt eine ganze Reihe von fantastischen Clubs, die ihr unbedingt mal auschecken solltet. Zu erwähnen sind explizit Culture Box, Module, Jolene, Hangaren, Den Anden Side und Pumpehuset. Dass wir großartige Clubs haben, ist aber eigentlich nichts Neues. Spannend ist vor allem die Entwicklung der Festivals und Off-Partys im Sommer. Wir haben jetzt eine Szene, die dem dänischen Publikum hochkarätige Künstler*innen präsentiert, und es ist sehr erstaunlich, das mit anzusehen.

Den Club Culture Box hast du bereits angesprochen. Eine sehr prägende Venue für dich, oder? Gib uns ein paar Einblicke in deine Anfänge als DJ und Produzent.

Ja, das stimmt. In der Culture Box hatte ich 2011 meinen ersten richtigen Gig. Seit 2015 bin ich dort zudem als Resident-DJ aktiv. Meine Liebe, vor einem Publikum zu spielen, entwickelte sich bereits während meiner Trompeten-Jahre. Als ich dann anfing, in Clubs zu gehen, wurde mir klar, dass das genau mein Ding ist. Nachdem ich zunächst in kleineren Bars und auf Schulpartys aufgelegt hatte, begann ich, mit meinem Freund Thomas (Radeckt) professioneller an das DJing heranzugehen. Wir gründeten das Duo Leman & Dieckmann und verbrachten den Großteil unserer Freizeit mit dem Auflegen. 2011 buchte uns Tim Andresen schließlich für die Cocktailbar in der Culture Box. Parallel hatten wir außerdem begonnen, selber Musik zu produzieren und zu veröffentlichen. Diese Phase hat den Stein dann ins Rollen gebracht. Wenn man auf die Veröffentlichungen zurückblickt, ist es lustig zu sehen, wie viel seitdem passiert ist.

Was würdest du sagen: Was war deine erste richtig große Platte?

Vermutlich meine „Forever In Our Favour“-EP auf Innervisions. Sie entstand, nachdem ich ungefähr zwei Jahre lang der nervigste Künstler in ganz Nordeuropa war. Ich habe alle meine Tracks – gute wie schlechte – an Âme und Dixon von Innervisions geschickt. Irgendwann fingen sie an, sie zu hören, herunterzuladen und zu spielen. Am Ende stand dann das Signing, das mir seitdem so einige Türen geöffnet hat.

Auf Innervisions warst du erst kürzlich wieder mit einer neuen EP aktiv. Erzähl uns davon.

Diesen Sommer habe ich die „Tell Me“-EP auf Innervisions veröffentlicht, die in Kollaboration mit der dänischen Sängerin Ida Corr entstand. Die EP erscheint im Rahmen der Veröffentlichungsreihe „Quantum Spits“. Das Gesamtkonzept wurde von Dixon entwickelt und sieht die Veröffentlichung einer Reihe von EPs vor, die jeweils einen bestimmten Teil aller Aspekte der House-Musik beleuchten. Mein Beitrag ist sehr energetisch, fast schon Tech-House-artig. Der Titeltrack hat einen sehr funktionalen und angenehmen Vibe. Schwere Bässe, einfache Drums und ein wundervoller und kraftvoller Gesang von Ida. Den Feinschliff und das Arrangement habe ich zusammen mit Dixon gemacht. Seine Fähigkeit, ein Arrangement zu überblicken, ist wahnsinnig. Ich weiß nicht, was er zum Frühstück isst, aber ich brauche etwas davon.

Neuigkeiten gibt es auch auf deinem eigenen Imprint Out Of Options, richtig?

Out Of Option wurde von mir als Zufluchtsort gegründet. Nach meiner ersten Innervisions-EP und meinem ersten Auftritt bei Afterlife hatte ich die Vorstellung, dass die Label Schlange stehen würden, um meine Musik zu veröffentlichen, aber das war bei Weitem nicht der Fall. Ich fühlte mich also ein wenig chancenlos. Das ist jetzt zwei Jahre her, und wir haben gerade unsere zweite Compilation mit großartiger Musik von Künstler*innen veröffentlicht, die ich bewundere. Die meisten Releases werden meine eigene Musik sein, aber wir versuchen, jedes Jahr eine V.A. zu machen.

Gib uns ein paar Einblicke in das Produzentenleben. Sprich: Studiogewohnheiten, Equipment und Workflow.

Das Produzieren muss Spaß machen und spielerisch sein. In den ersten Jahren meiner Karriere habe ich meine ganze Zeit im Studio verbracht (anfangs in einem kleinen Schlafzimmerstudio, später in verschiedenen Studios in Kopenhagen). Diese Stunden haben mich zu dem Künstler gemacht, der ich heute bin. Heute gehe ich nur noch ins Studio, wenn ich Lust dazu habe. Meine Ideen werden dann sehr schnell lebendig. Früher habe ich mich häufig zum Produzieren und zum Überarbeiten von Tracks gezwungen, was nicht ein einziges Mal in einem guten Stück resultierte. Das Studio teile ich mir mit Tripolism und Radeckt. Wir haben hier eine große Auswahl ein Equipment – alte Klassiker und neue Repliken alter Modelle. Dazu eine Menge Pocket-Synths, Percussions und Mikrofone. Ich mache aber auch viel Musik in meiner Küche mit einem Laptop und einem kleinen Midi-Keyboard sowie VSTs. Ich arbeite mit jedem Equipment gerne, denn in der Musik geht es um den Sound, das Gefühl und den Groove. Wenn es gut ist, ist es gut.

Ein kurzer Ausblick auf die nächsten Wochen und Monate?

Mein Tourplan ist momentan ziemlich voll. Außerdem arbeiten wir aktuell daran, die Marken Out Of Options und Nandu enger miteinander zu verknüpfen. Wir planen nächstes Jahr eine Partyreihe unter dem Namen OOO und wollen sogar noch eine dritte Ebene hinzufügen – dazu kann ich aber noch nichts sagen.

„Option II“ mit Beiträgen von Nandu & Radeckt, Samer Soltan, Aldebaran und vielen weiteren Künstler*innen ist am 6. Oktober via Out Of Options erschienen.

 

Aus dem FAZEmag 141/11.2023
Text: M.T.
Foto: Jonathan Damslund
www.instagram.com/nandu_ofc