Neben den Decks – Ken Ishii

Nach langer Zeit holen wir das Format „Neben den Decks“ wieder aus der Mottenkiste und werfen einen Blick nach Tokio. Dort ansässig ist die japanische Techno-Ikone Ken Ishii, bekannt für Veröffentlichungen auf Richie Hawtins Plus 8, R&S Records, Sublime Records und vielen weiteren Label-Größen. Die richtige Rezeptur findet der 54-Jährige nicht nur in seinen Sets und Produktionen, sondern seit einigen Jahren auch im Brauereiwesen. Zu seinem 30-jährigen Jubiläum als Künstler hat Ishii nun eine Special-Edition seiner KIKK-IPA-Serie auf den Markt gebracht. Bier und Techno? Geht immer! Beziehungsweise: „kanpai!“

Hey, Ken, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu deinem 30-jährigen Jubiläum als Künstler! Werfen wir einen kurzen Blick zurück, bevor wir uns in die fantastische Welt des Bieres stürzen. Welche waren deine wichtigsten Platten?

Danke! „Garden on The Palm“ auf R&S, „Utu“ auf Plus 8 und „Switch of Love“ auf ESP, die alle etwa zur gleichen Zeit im Jahr 1993 veröffentlicht wurden und mein Künstlerdebüt maßgeblich prägten.

Wie bist du damals mit Techno in Kontakt gekommen? Wie könnte man die frühe Techno-Szene in Japan beschreiben?

In einem Radioprogramm wurde damals die berühmte Detroit-Techno-Compilation namens „Techno! The New Dance Sound of Detroit“ vorgestellt, die 1988 auf 10 Records erschien. Ursprünglich war ich ein großer Fan von YMO, Kraftwerk und 80er-Jahre-Elektropop, aber dieser Detroit-Techno-Sound hat mich total umgehauen und dazu gebracht, diese Art von Musik zu machen. Bis 1995 war die Techno-Szene in Japan noch recht klein. Die größte Technonacht war die des legendären DJ Kudo in einem Club namens Cave in Tokio Anfang der 90er-Jahre. Zu dieser Zeit lernte ich dann Leute wie Takkyu Ishino, Fumiya Tanaka und Co-Fusion kennen.

Lass uns über deine Tätigkeit im Brauereiwesen sprechen. Was genau machst du da eigentlich?

Ich bin Co-Brauer der KIKK-IPA-Serie und arbeite mit der RISE & WIN Brewing Company zusammen. Ich teste dort die Biere, meist IPA (Indian Pale Ale), und entwerfe Bierstile und Rezepte, z.B. welcher Hopfen und welche Hefe wie verwendet werden soll. Außerdem entwerfe ich die Namen, das Konzept und das Artwork der Biere. Ich bin ein großer IPA-Liebhaber und wollte unbedingt etwas mit einem eigenen Rezept machen.

Was ist deiner Meinung nach die größte Herausforderung beim Bierbrauen?

Bier ist ein fermentiertes Getränk, und technisch gesehen weiß man bis zum Ende des Prozesses nie, was dabei herauskommt. Bier ist lebendig und unberechenbar. Bierbrauen ist wie das Musikmachen, technisch und kreativ anspruchsvoll.

Erzähle uns etwas über das Jubiläumsbier. Du hast dich für ein belgisches IPA entschieden. Warum?

KIKK ist ein IPA-Bier, kein typisches japanisches Lagerbier oder Reisbier. Die Abkürzung steht für Ken Ishii KamiKatz, das ist die Region, in der sich die Brauerei befindet. Für ein belgisches IPA habe ich mich entschieden, weil mir damals durch mein Debüt bei R&S in Gent die Tür zur Bierwelt geöffnet wurde. Die Special Edition ist eine Kreuzung aus den Hopfen amerikanischer IPAs mit belgischer Hefe und vereint meine guten Erinnerungen an klassische belgische Biere mit meiner aktuellen Neugierde für IPA.

Wie sieht es mit deutschem Bier in Japan aus? Ist es dort beliebt?

Es ist leider recht unbekannt, da die heimischen Brauereien zu populär sind. Ich persönlich mag jedoch deutsche Biersorten wie Kölsch, Weizen und Gose.

Du hast sicher schon zahlreiche Biersorten probiert. Welche war die beste und welche war die schlechteste?

Orval aus Belgien und Stone IPA aus den USA sind meine absoluten Favoriten. Für mich sind sie wie Techno-Klassiker à la „Strings of Life“. Das schlechteste Bier? Ein neues alkoholarmes Lagerbier aus Japan. Den Namen verrate ich aber nicht (lacht).

Wie sieht es an der musikalischen Front aus?

Kürzlich habe ich den Soundtrack zum Netflix-Anime „Yakitori: Soldiers of Misfortune“ komponiert: eine Mischung aus üblichen Techno-Sounds und berühmter Klassiker. Das war ein ganz besonderes Projekt für mich. Darüber hinaus erscheinen bald Remixe für Cristian Varelas Black-Codes-Label und Kollaborationen mit Dosem, sowie dem japanischen Jazzpianisten Masaki Sakamoto und dem Noh-Performer Manjiro Tatsumi.

Aus dem FAZEmag 144/02.2024

www.kenishii.com
www.top.kikk-ipa.com
www.kamikatz.jp