
Das Live-Trio N/UM besteht aus dem fünffachen Grammy-Preisträger und Produzenten Jeremy Loucas, dem Gitarristen Elias Meister von der weltbekannten Rap-Gruppe Residente (Calle 13) und dem dänischen Multiinstrumentalisten und Produzenten Emil Bovbjerg. Gemeinsam fusionieren sie ihre musikalischen Qualitäten zu einem international gefeierten Act. Ihre vollständig improvisierten Live-Sets bestehen aus analogen elektronischen Instrumenten, Gesang, modularen Synthesizern und live gespielter Gitarre. Eine musikalische Ausnahmeerscheinung ohne Zweifel. Den mitreißenden Spirit ihrer Sessions – wie beim Mixmag Lab zu sehen – haben die drei nun in ihrem neuen Album eingefangen.
Was hat es mit dem Titel eures neuen Albums „Levers of History“ auf sich?
Unser Sänger Emil improvisiert die Texte, sowie übrigens auch die gesamte Musik. Die kleinen Textzeilen stoßen einen oft zum Nachdenken an, ohne dass das Ziel oder die Bedeutung vorgeschrieben ist. „Levers of History“ bezieht auf die Momente wo sich Menschen auf einmal geplant oder auch ungewollt an den ‚langen Schalthebeln der Geschichte‘ wiederfinden.
Tracks wie die Vorab-Single „An Order From The Top“ wurden von euch komplett in einer Session live aufgenommen. Wie kam es zu der Idee und welche Vorbereitung brauchtet ihr dafür?
Schon seit der Entstehung von N/UM improvisieren wir immer unsere Musik. Wir treffen uns im Studio und spielen los, meist ohne uns vorher auf ein Konzept zu einigen. Mal sehr lange Sets, mal auch kürzere Tracks. Und dann hören wir später sehr viel Musik durch und nehmen die Tracks raus, die uns am meisten gefallen. Wir arbeiten schon sehr lange an unserem Setup und vor allem auch an unserer Fähigkeit zu improvisieren, kleine Details und Ideen von unseren Mitmusikern schnell aufzunehmen und weiterzuentwickeln. Das Vertrauen und das Verständnis zwischen uns dreien ist unglaublich tief, da wir schon seit fast einem Jahrzehnt auf diese Art Musik machen.
Welche Inspirationen durchliefen die einzelnen Albumtracks und was war Ziel des kreativen Outputs auf dem Album?
Die Tracks sind alle Teil einer langen, ununterbrochenen Aufnahmesession. Wegen des Lockdowns waren wir lange nicht im Stande zusammen zu spielen. In dem Moment der Aufnahme entlud sich sehr viel Kreativität und angestaute Emotionen. Wir wollen eigentlich immer Leute zum Tanzen und Träumen bewegen.
Man kann sehr unterschiedliche Einflüsse auf dem Album erkennen. Von Jazz, über Krautrock bis hin zu Techno und Electronica. Wir kann man sich die Entstehung eines Tracks wie „Supernatural“ oder „Nocturnal Flowers“ vorstellen?
Wie gesagt, die Tracks sind alle improvisiert. Und außer ganz groben Vorgaben, so wie ‚Lass uns mal den nächsten sehr minimal machen‘ oder ‚Let’s go 128bpm for this one‘, besprechen wir auch vorher nicht die Musik. Wir lassen sie aus uns heraussprudeln… und oft kommt in den Momenten der Überraschung oder auch wenn man denkt das etwas eigentlich grad nicht so gut funktioniert, die ‚real magic‘ hervor, wenn man sich darauf einlässt und den klanglichen Moment erforscht.
Es stimmt, dass wir sehr viele Einflüsse haben: Elias spielt Free Jazz, experimentellen Rock, mit dem Rapper Residente aus Puerto Rico… Emil hat viel Jazz-Arrangements gemacht und Rock und Pop gespielt. Jeremy produziert und nimmt alles Mögliche auf: von Jazz, Rock, Avant Garde…
Wann aber diese Einflüsse in der Musik auftauchen, ist jedem einzelnen überlassen. So entstehen eben oft diese Überraschungsmomente. Das macht z.B. unsere Shows auch für uns so interessant. Wir haben die Musik, die entsteht, so wie das Publikum ja auch noch nie gehört. Wir reden eher nachdem wir gespielt haben drüber, und unterhalten uns, was uns getaugt hat.
Begleitet wird das Album von einem minimalistischen Animations-Video der Gruppe Isotone aus Montreal. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?
Die Jungs von Isotone haben wir auf dem Mutek Festival in Montreal kennengelernt. Die haben da die Live Visuals für unsere Show im SAT Dome gemacht. Es war eine unglaubliche Show. Da sie auch viel improvisieren und live machen, hat deren Konzept sehr zu unserer Art Musik zu machen gepasst. Wir wussten sofort, dass wir weiter zusammenarbeiten wollen. Da wir uns aus zeitlichen Gründen dagegen entschieden haben ‚Levers of History‘ auch gleich als Schallplatte rauszubringen, so wie eigentlich alle unsere anderen Releases, haben wir nach einem anderen Medium gesucht, auf dem wir das Album auch veröffentlichen können.
Nur einen Upload für Streaming und Download etc. zu machen, scheint immer etwas zu unbeständig und auch der Musik nicht angemessen. So kam die Idee auch eine audiovisuelle Version zu machen. Wir sind super happy mit dem Resultat. So eine wichtige Visuelle Komponente zur Musik zu haben ist auch etwas, was wir in der Zukunft mehr machen wollen.
Zum Jahresstart 2023 folgt dann noch ein San Proper Remix – wie kam es zu der Kooperation?
San Proper war schon immer auf unserem Radar als Super-Musiker. Er bringt immer ein geiles Punk-Element mit. Emil kannte ihn schon lange aus seiner Zeit in Amsterdam. Als wir dann im Sommer in Garbizc abhingen, kam die Idee mal was zusammen zu machen.
Ihr spielt regelmäßig in New York und seid auch sonst international auf Tour – wie transportiert ihr das Albumkonzept live auf die Stage?
Unsere Shows sind wie auch unsere Aufnahmen improvisiert. Jede ist einzigartig. Und jeder geht mit dem Bewusstsein weiter, etwas Einmaliges gehört und erlebt zu haben. Unsere Gefühle an dem Tag, wie der Raum klingt und vor allem die Energie des Publikums beeinflussen und schaffen die Atmosphäre des Sets und der Musik.
Na klar recyclen wir ab und zu mal unsere eigenen Ideen, aber sie werden immer neu und ungewohnt zusammengestellt. Wir haben ganz am Anfang mal unseren eigenen Stücke wiederholt gespielt. Aber irgendwie ist die Magie, die beim Improvisieren entstehen kann, so viel interessanter und erfüllender, dass wir uns schon lange entschlossen haben, nur noch zu improvisieren.
Acts wie LCD Soundsystem und Darkside (von Nicolás Jaar) kommen aus New York. Inwiefern wird man als Künstler vom künstlerischen Spirit dieser Metropole beeinflusst?
Natürlich irre viel. Die Musikszene (vor allem von anderen Musik als elektronischer) ist unglaublich. Man hört ständig neue und ungewohnte Sounds. Außerdem sind die Musiker im Allgemeinen sehr offen, sich auf neue und andersartige Situationen einzulassen. Das fördert die Kreativität der Szene sehr. Und das hohe Tempo und die Energie der Stadt machen sich auch bemerkbar.
Welche Pläne gibt es für die Zukunft für N/UM?
Da wir eigentlich immer im Studio oder auch unsere Shows aufnehmen, kann es jedesmal sein, dass da ein Track oder Album dabei ist. Wir haben deswegen sehr viel unveröffentlichte Musik, die wir dieses Jahr auf unserem Label NineToFire und anderen Labels rausbringen werden. Wir haben auch ein paar super interessante Acts, die wir auf einem Ninetofire-Compilation veröffentlichen werden.
Wir freuen uns auch sehr dieses Jahr auf Festivals und in Clubs in den USA und Europa aufzutreten. Und natürlich ist unser Set-up und unser kreativer Prozess immer ein ‚work in progress‘. Es gibt immer etwas wo wir experimentieren und neue Klangwelten erforschen.
„Levers of History“ ist am 14. Dezember via Ninetofire erschienen.
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