Noemi Black – Straight forward

Die im polnischen Kędzierzyn-Koźle geborene Noemi Black entdeckte recht früh ihre Leidenschaft für tiefe und industrielle Sounds. Sie bespielte als DJ Clubs und Festivals im ganzen Land – vom Magnetic Sounds in Posen bis hin zur Mental Asylum Night in Warschau oder dem Audiolake Festival in Radkow. Seit 2014 lebt Noemi in Deutschland und setzt hier ihre erfolgreiche Karriere fort. Neben einem international gestreamten Podcast führt die junge Polin auch ihr eigenes Label. Ein Interview.

Noemi, welche Highlights prägten das Jahr 2019 bislang für dich?

Das Jahr 2019 war bisher das beste Jahr in meiner DJ-Karriere, muss ich gestehen. Ich habe so viele Gigs gespielt wie noch nie. Ich war nicht nur in Deutschland unterwegs, sondern auch in Polen, Österreich, Slowenien, Ungarn und Frankreich. Im Juni hatte ich die Gelegenheit, in Beirut aufzutreten. Das war etwas Unvergessliches und neben dem Auftritt auf dem Sea You Festival in Freiburg das größte Highlight dieses Jahres. Außerdem habe ich mich mehr auf die Musikproduktion fokussiert; ich habe mein eigenes Label gegründet.

Wie bist du generell zur Musik gekommen und was hat dich inspiriert?

Musik war immer schon ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Seit meiner Kindheit war ich an vielen Musikprojekten beteiligt, in der Musikschule, der Tanzschule usw. Als ich älter wurde, ging mein musikalischer Geschmack immer mehr in Richtung elektronische Musik. Jedes Mal, wenn ich in einem Club war, habe ich etwas Neues für mich entdeckt. Da war alles dabei, Trance, House, Electro. Aber den größten Eindruck hat eindeutig mein erster Besuch auf der MAYDAY in Kattowitz, Polen hinterlassen. Das hat meine Zukunft eindeutig beeinflusst, ich hörte das erste Mal Techno – und war sofort verliebt!

Erzähl uns mehr davon!

Nun ja, ich habe gedacht: „Ich will auch ein DJ sein!“ Ich habe mir das erste DJ-Pult gekauft und stand dann vor der Frage: „Womit soll ich anfangen?“ Ich habe mir alles selbst angeeignet. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich sicher und bereit für meinen ersten Auftritt war. Ich startete meine Podcast-Reihe „Technical Vibe“. Schnell bekam ich damit sogar Slots in Radios. Das war für mich die Eintrittskarte zu den Clubs im ganzen Land.

Wie würdest du die Szene in Polen beschreiben?

Damals war die polnische Techno-Szene sehr klein und hermetisch. Überall haben immer dieselben DJs gespielt. Es war wirklich nicht leicht, in dieses Karussell einzusteigen. Heutzutage sieht das alles ein bisschen besser aus. In Polen gibt es viele neue Techno-Clubs und -Festivals, insbesondere in Warschau, Danzig, Posen und in Schlesien. Die Szene wächst und Techno wird immer populärer.

Was hat dich dazu bewegt, 2014 nach Deutschland zu ziehen, und wie siehst du die beiden Techno-Kulturen im Vergleich?

Es gab eigentlich nur einen Grund: Techno. Nach meinem Studium hatte ich die Wahl. In Polen bleiben, normal arbeiten gehen und vielleicht mit etwas Glück einmal pro Monat irgendwo spielen – oder etwas Neues probieren. Ich habe auf meine Träume gesetzt, meinen Mut zusammen genommen und bin nach Deutschland gekommen. Es ist schwierig, beide Szenen zu vergleichen, um ehrlich zu sein. Die polnische Szene ist stetig im Wachstum, trotzdem wird es noch eine ganze Weile dauern, bis sie das deutsche Level erreicht. In Deutschland ist einfach viel mehr los, der Markt ist gigantisch und organisatorisch muss Polen erst noch einiges aufholen.

Du bist nicht nur DJ, sondern auch Produzentin. Erzähl uns von deiner Diskografie und davon, was für die Zukunft geplant ist.

Im Juni 2015 habe ich meinen ersten Track „Winged Hussar“ auf Shelter54 veröffentlicht. Das war ein sehr wichtiger Moment in meiner Karriere. Es folgten EPs für Subwoofer Records, Scarlet Carson Records und zwei weitere Remixe. Ich war zu der Zeit nicht ganz zufrieden mit meinem Sound, also habe ich eine kleine Pause eingelegt, um ein paar neue Sachen auszuprobieren. Ich habe noch mehr Zeit ins Lernen investiert und mich musikalisch weiterentwickelt. Ein Meilenstein in meiner Karriere als Produzentin war im Jahr 2018, als zwei EPs für Complexed Records von Drumcomplex und eine EP für Eclipse Recordings veröffentlicht wurden. Ich schlug eine neue Richtung ein, mit der ich sehr glücklich bin.

In diesem Jahr folgte dann das eigene Label Technical Vibe, korrekt?

Genau, dort habe ich bisher die zwei EPs „Eternity“ und „Innocence“ veröffentlicht. Im August kam meine erste EP „Singularity“ für DSR Digital raus. Für Mitte Oktober steht auch schon die nächste EP für mein Label in den Startlöchern. Ende des Jahres ist weiterer Output geplant, coole Remixer inklusive.

Welche Philosophie steht hinter dem Label und was ist hier noch geplant?

Ich habe immer das Problem, passende Tracks für meine Sets zu finden. Ich stehe für straighten und treibenden Techno und heutzutage ist es nicht so einfach, diese Musik zu finden. Das ist die Nische, die ich mit Technical Vibe füllen möchte. Bis jetzt haben wir drei EPs veröffentlicht, zwei Releases von mir und ein drittes mit dem Titel „Total Black“ von einem sehr talentierten Debütanten aus Italien, Black Synth. Das vierte Release kommt am 14. Oktober auf meinem YouTube-Kanal: Die EP wird „Affection“ heißen und kommt von mir. Wir haben dafür ein wahnsinniges Musikvideo gedreht. Als Location haben wir ein Gebäude einer Danziger Werft gewählt. Das war eine tolle Erfahrung für mich.

Wie arbeitest du generell im Studio?

Ich habe mit FL Studio angefangen, bin aber schnell auf Ableton umgestiegen. Meine Lieblings-Soft-Synthesizer sind Arturia, Native Instruments und U-He-Synthesizer. Für die Bearbeitung verwende ich meistens WAVES Plugins. Zum Thema Hardware: Ich liebe den semimodularen Moog Mother 32 und den organischen Analogpuls. Für Drums nutze ich Roland Aira TR-8. Im Studio fange ich normalerweise mit den tiefen Parts an wie Kick, Bass und Groove, die Hi-Hats und die Percussions kommen dazu, dann beginne ich mit dem Zeug herumzuspielen und schaue, was passiert.

In Sachen Bookings bist du Teil von Inside – neben Acts wie Cortechs, Kevin Witt, Sophie Nixdorf und anderen.

Die Zusammenarbeit läuft sehr reibungslos und professionell, ich bin superhappy. Die Agentur kümmert sich um meine Bookings und ich habe Zeit, mich auf die Musik zu konzentrieren. Momentan bin ich in Polen auf Tour. Bald kann man mich aber wieder in Deutschland hören!

Aus dem FAZEmg 092/10.2019
Text: Triple P
Foto: Karolina Orzechowska
www.facebook.com/noemiblack