Patrik Berg – Punch & Exzess

Patrik Berg – Punch & Exzess / Foto: Martin Webelhaus

Tronic, Filth on Acid, Drumcode, Terminal M: Patrik Berg hat Techno durchgespielt. Ihren Zenit hat die Kölner Szene-Koryphäe jedoch noch lange nicht erreicht, weshalb nun etwas Neues her muss. Dieses „Neue“ trägt den Namen Exzess und ist Patrik Bergs frisch aus dem Ei gepelltes Label, das nach über einem Jahr Blut, Schweiß und Tränen das Licht der Welt erblickt. Das Imprint, das Berg zum Launch mit seiner Single „Punchline“ befeuert, betrachtet der studierte Audio-Engineer als logischen nächsten Schritt seiner künstlerischen Karriere, die einst mit der „Synergizer“-EP auf Jannowitz Records begann und seither mit zahllosen Major-Label-Releases bestückt wurde. Mit uns hat der 37-Jährige über seine erste Loveparade-Erfahrung, eine merkwürdige Afterhour-Begegnung und natürlich seine Pläne mit Exzess gesprochen.

Grüß dich, Patrik! Wie kommst du bisher durch den Sommer? Bist du ein Sonnenkind oder verkrümelst du dich bei Temperaturen um die 30 Grad auch gerne mal ins abgedunkelte Studio?

Ich bin ein absolutes Sommerkind. Ich liebe die Sonne und für mich kann es eigentlich gar nicht warm genug sein. Das Gute an meinem Studio ist, dass es direkt an den Garten grenzt und ich einfach das Fenster öffne, die Sonne reinlassen und weiter an neuem Punch-Material arbeiten kann.

Schaut man sich deinen Terminkalender an, sticht ein Date ganz besonders hervor: 8. Juli. Rave The Planet.

Oh ja, das ist ein Date, auf das ich mich sehr freue! Letztes Jahr hatte ich die Ehre, von Kai Tracid und ASYS für den Remix der ersten Rave-The-Planet-Hymne angefragt zu werden. Sie haben sich den Remix angehört und zu meiner Überraschung wurde ich im Anschluss eingeladen, auf dem Main Float der Parade zu spielen. Das war ein wundervoller Tag, der sich am 8. Juli wiederholen wird, denn auch in diesem Jahr genieße ich wieder das Privileg, auf dem Main Float aufzutreten.

Warst du mal auf einer Loveparade?

Mit 15 oder 16 Jahren bin ich mal alleine nach Berlin zur Loveparade gefahren, weil keiner meiner Freunde damals Techno hörte und mich diese Musik schon sehr früh angesprochen hat. Die Szenerie, die ich dort vorfand, hat in gewisser Weise meine künstlerische und persönliche Entwicklung geprägt: Bunte, tanzende Menschen in Hosenträgern, die von Laternen hingen, tiefe Bässe, Chaos und Positivität. Das war ein Modus, zu dem ich eine tiefe Connection verspürte, die bis heute anhält.

Welche Einflüsse haben dich noch geprägt?

Mich inspiriert alles, was mir in meinem Leben so passiert. Da Musik Emotionen transportiert, sind die Gefühle, die in mir resonieren, mein größter Antrieb. Einen großen Einfluss auf meine Produktionen besitzen die Genres Oldschool-Hip-Hop und Classic-House, sowie Detroit-Techno aus den Neunzigern. Auch von Radiosongs, Filmmusik oder Tracks, die ich auf Festivals höre, lasse ich mich gerne inspirieren.

Mit Exzess steht der Launch deines eigenen Labels vor der Tür. Wie ist die Idee dazu entstanden und was sind die langfristigen Pläne mit dem Imprint?

Alles startete mit zwei Brüdern und einem Traum. Wie viele wissen, trägt auch mein Bruder und Manager das Raver-Feuer im Herzen. Wir waren schon lange vor unseren professionellen Karrieren in der Techno-Szene unterwegs und haben frühzeitig begonnen, Musik zu lieben und zu sammeln. Diese Passion und der gemeinsame spezifische Geschmack sind nun in der Gründung von Exzess gemündet – einem Traum, der nach einem Jahr harter Arbeit endlich real wird. Ich möchte hier Musik nach meinem ganz persönlichen Gusto releasen und frei von Vorgaben oder Konventionen agieren. Es ist die logische Konsequenz meines künstlerischen Schaffens und soll mehr als nur ein Musiklabel sein. Exzess ist ein Lebensgefühl.

„Punchline“ lautet der Titel deiner ersten Single auf Exzess. Ein paar Worte zum Track?

Auf „Punchline“ konnte ich meine künstlerische Freiheit vollends ausleben. Es ist eine Mischung aus frühem 90s-Hip-Hop im klassischen Techno-Gewand. Ich glaube, dass der Track gut aufzeigt, wohin es mit dem Label gehen soll: über alle Grenzen hinweg bis hin zum Exzess.

Welchen Sound peilst du mit Exzess an? Wird er sich von deinen bisherigen Produktionen unterscheiden?

Ja und nein. Der Sound, den ich momentan feiere, setzt sich aus einer Mischung aus Peak-Time-, Raw-, Deep- und schnellem Hi-Energy-Techno zusammen, wobei es für mich hier keine Dogmen gibt. Für andere Artists, die auf meinem Label releasen wollen, gilt in aller Simplizität: Wenn ich einen Track spiele, dann würde ich ihn auch releasen. Also, liebe Producer*innen da draußen, hört euch meine aktuellen Sets an.

Gibt es bereits eine Release-Schedule? Sind Releases von anderen Artists geplant?

Die ersten zwei Singles werden von mir stammen, die seit letztem Jahr in aller Regelmäßigkeit von Fans und Raver*innen angefragt werden. Release Nummer drei wird dann eine Kollaboration zwischen dem begnadeten Producer Ramiro Lopez und mir sein. Darüber hinaus ist eine weitere Zusammenarbeit mit einem anderen Act geplant, über die ich aber noch nichts verraten möchte. Ich kann aber versprechen, dass der ein oder andere Track von internationalen Künstler*innen bereits gesignt worden ist.

Wirst du deine Releases auf anderen Labels in Zukunft zurückschrauben, um den Fokus auf Exzess richten zu können?

Am Anfang hat Exzess natürlich erst einmal Priorität, aber meine Musik wird auch weiterhin über andere Kanäle kommen, da ich immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen bin.

Das hast du zuletzt mit deinem Beitrag zur neuesten „Stamp Collection“ auf Reinier Zonnevelds Label Filth on Acid bewiesen. Hast du einen guten Draht zu Reinier? Der Mann ist schon ein verrückter Kerl, oder?

Ja, das stimmt. Ich kenne Reinier schon seit über zehn Jahren. Wir standen damals beide noch am Anfang und hatten über die Jahre durchweg einen guten Draht zueinander. 2017 habe ich meine „Running Numbers“-EP als eines der ersten Filth-on-Acid-Releases veröffentlicht. Daher freue ich mich, nach über sechs Jahren mit „New Era“ wieder zurück auf dem Label zu sein.

Abschließend hätten wir gerne eine verrückte Anekdote aus deinem DJ-Leben. Schieß los.

Ich habe früher mal auf einer Afterhour in Köln gespielt, bei der die ganze Zeit ein Mann bei mir am DJ-Pult stand und mich auf so eine komische Art anschaute. Er ging nach einigen Minuten auf die Toilette, stürmte kurze Zeit später wieder raus zu mir, zog mich an sich ran und schrie: „Ich hab‘ die Zukunft gesehen, alle raus hier!“ Anschließend rannte er aus dem Laden.

Welche Highlights stehen in nächster Zeit an?

Puh, Highlights gibt es wirklich zu viele, um hier alle zu nennen. Ich toure diesen Sommer quer durch die ganze Republik und Europa, und freue mich auf jedes Punch-Date mit euch!

„Punchline“ ist am 30. Juni via Exzess erschienen.

Aus dem FAZEmag 137/07.2023
Text: Hugo Slawien
Foto: Martin Webelhaus
www.patrikberg.de