Das sind sie, unsere Tonträger-Favoriten aus dem April-Heft unterteilt in Alben und Compilations, Singles und EPs sowie die jeweiligen Platten des Monats.
Singles & EPs – Platte des Monats
Various Artists
EBM Kollektiv 1 (Electric Ballroom / Deejay.de)
Das Beste an dieser 12inch: Das Cover! Wow – eine selbstbewusst schauende, asiatische Schönheit mit spannenden floralen Tattoos und Schriftzeichen – das bleibt auf jeden Fall hängen. Musikalisch treffen wir auf den mit scharfzüngigen 303 Sequenzen um sich werfenden Thomas Schumacher („Dreams Take Flight“). Noch rasanter, weil die Percussions metallisch klappern, Franco Smith & TimiR – „Nasty“ verspricht pure Technoextase. Mark Porter auf der B-Seite lässt Synthiesequenzen wie Strobos auf den Floor knallen und versprüht damit maximale Energie. Das schlägt Gonzalo Cavallis „Ist Over“ aber noch, denn die Doublebassdrum, Signaltöne und scheppernde Kicks sorgen für den ultimativen Rundumschlag. Mehr geht an Techno Feeling nicht! 10 Cars10.Becker
Singles & EPs – Top Ten
AFIN feat. Birbs and Planties
Disko Inferno (Frank Music)
„Disko Inferno“ ist AFINs dritte EP auf Frank Music und umfasst drei Tracks für den Dancefloor. Los geht es mit dem Titeltrack „Disco Inferno“, das ist allerfeinste Disco-House-Action mit 70er-Feeling, Spiegelkugel, tollen Vocals und Bläsern, aber auch sehr modern und zeitgemäß. „The Beloved“ ist sehr Groove-getrieben, schiebt ordentlich, hat aber auch die deinen kleinen Spielereien an Bord. Und „Body Rock“ führt uns zurück auf den glitzernden Disco-Floor mit ansteckenden Vocals, fetter Bassline und vollem Körpereinsatz. 9 Pop Guardiola
Chris Liebing
Phantom Rider (CLR)
Chris Liebing schreibt mit seiner “Phantom Rider“ das nächste Kapitel auf seinem Label CLR und haut damit bereits die Katalognummer 128 raus. Nach seinem Remake zu Emmanuel Tops “Turkish Bazar“ geht die rasante Reise mit “Kaizen“ weiter. Stürmisch und energisch rumpelt die Nummer durch die Boxen und bringt sämtliche Oberflächen zum Beben. Der Beat hämmert gnadenlos, während das restliche Soundgerüst eine positiv bedrückende Stimmung hinterlässt. Der Fokus liegt hier auf kurze und prägnante Synths, welche von einer monströsen Hülle von Höhen und Tiefen umschlossen sind. Im Anschluss wird es mit “Wailer“ nicht weniger düster. Die Nummer versprüht allerdings weitaus belebendere Vibes. Der Synth kommt direkt und gradlinig, während der Beat durch die Kalotte rollt. Die signifikanten Einsätze von Rides und Hats untermauern die typische Handschrift und vollenden das Paket. Ein klassischer Liebing, welcher sich seinem Sound Gott sei Dank treu bleibt. 9 Michael S
Doctr
Training (Polari)
Ich bin ein riesiger Fan von Polari und mag meist jedes Release. Dieses hier hat mich besonders gepackt, da der grandiose Titeltrack gleich in zwei Versionen vorhanden ist: einer englischen und französischen. Dieser Song, mit seinen aufs Trainieren abzielenden Vocals ist einfach genial und sollte für volle Tanzflächen sorgen. Disco und Euro-House (eventuell Euro-Trash?) Aber auch der Rest ist sehr Dancefloor-tauglich ausgefallen. „Pumping Iron“ ist das Italo-Disco-Monster, auf welches ihr gewartet habt und „Allez Allez“ ist ebenfalls sehr gelungen. 10 points Transmitter
Jörn Elling Wuttke
Pan Sonic Youth (CHIWAX)
Man mag es kaum glauben, aber Jörn Elling Wuttke, zusammen mit Roman Flügel und ihren Projekten Acid Jesus, Sensorama oder Alter Ego eine der prägendsten Figuren der deutschen Technoszene, hat mit „Pan Sonic Youth“ jetzt erst seine erste Solo-EP veröffentlicht. Der Titeltrack „Pan Sonic Youth“ wird hier in diversen Versionen präsentiert. Das Original ist Broken-Beat-getrieben, mit Electro- und Industrial-Aura und kleinen Acid-Spielereien. Die Acid Version – man ahnt es – präsentiert hier nur mehr als die angedeuteten Spielereien des Originals – es gibt hier volle Breitseite Acid-Gezwitscher in bester 303/808-Tradition. Die Drone Version lässt die Beats verschwinden und zwirbelt düster, eruptiv und bedrohlich. Es folgt nun der Balearic Mix von Thee Church Ov Acid House, dem aktuellen Projekt von Wuttke zusammen mit Oliver Bradford, der den Track auf eine neue Ebene hievt, wo sich Balearic-Beats mit Keys und Effekten battelt. Sehr entspannt, spannend und smart. Das Finale bietet der Sampledica Dub, der nochmal im Ambient-Drone-Gewand die Effekte durchbrennen lässt. Sehr runde, coole und top durchproduzierte EP. 9 Synthie Lauper
Mia Moretti
Want You Now (Spaghetti Moretti)
Ja, solch einen Labelnamen hätte manch einer auch gern, oder? Zum Launch des eigenen Labels kickt die US-Lady einen extrem fetten und dynamischen Housecut raus. Mit der bouncenden Bassline legt sie eine formidable Basis, fügt clever High Drama Vocals und einen Synthieloop ein, der jedem Detroit-Produzenten in den 80ern (Carl Craig, Floorplan) zur Ehre gereicht hätte. Ein fantastischer Track – dicht und vielschichtig – der auf dem Flur für Begeisterung sorgt. Eine der besten Houseproduktionen in den letzten Jahren!!! 10 Cars10.Becker
Nora En Pure
Tranquility (Enormous Tunes)
Während die Welt aus dem Winter erwacht, liefert die in der Schweiz lebende und in Südafrika geborene Künstlerin Nora En Pure den perfekten Soundtrack für die Jahreszeit. „Für all die Momente dazwischen, zum Entschleunigen und Nachdenken“, wie die Produzentin selbst auf ihren Instagram-Kanal schreibt. Kurz: Piano-House der guten Laune! Mit einem unverkennbar tiefen und organischen House-Sound konzipiert und mit erhebenden Melodien versetzt, sodass der Track, bereits durch diverse DJ-Sets erprobt, seine Hörer nahtlos durch die Wärme des Frühlings und direkt in die lang erwarteten Sommermonate trägt. Glitzernde Klavierarrangements, luftige, im Hintergrund schwebende Pads und Streicher, die im Break auftauchen. Ein cineastisch-entspannter Track. 09/10 scharsigo
Physics
No Debts / Pisces & Capricorn (Metalheadz)
Ich war nie ein besonders großer Fan von Physics. Auf seiner aktuellen Single auf Metalheadz zeigt der finnische Produzent und DJ allerdings mal so richtig, was er kann. „No Debts“ kommt denkbar unaufgeregt angerollt und verbindet cremige Flächen, ein catchy Vocal-Sample und nicht zuletzt eine unverschämt eingängige Bassline zu einem Track, der locker aus der Feder eines Marcus Intalex hätte stammen können. Bei „Pisces & Capricorn“ setzt Physics auf eine ähnlich deepe Grundstimmung, schickt uns musikalisch dann aber mit Percussions, Pads und Amen-Breaks in Richtung Good Looking. Dickes Ding und vielleicht mein Favorit des Monats! 10 points Feindsoul
Soultape
(Soultape 06 / Deejay.de)
Der russische DJ und Produzent Denis Kondraschenko gehört für mich zu den spannendsten House-Produzenten derzeit. Auch Katalognummer Sechs seines eigenen Labels bildet da keine Ausnahme. Von Italo-Disco über Sci-Fi-Minimal-House bis hin zu reinem Electro und recht plakativem Mainstream-Tech-House inklusive ‚House‘-Vocal-Sample, hier gibt es für jeden Geschmack etwas. Sehr schwer in eine Schublade zu pressen. Am besten gleich auf Vinyl zulegen und mehrfach hören. 8 points tseb
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Stefan Gubatz
Fliester Dubs (Primary Colours)
Nach einer längeren Release-Pause hat sich Stefan Gubatz wieder ins Studio begeben und debütiert nun mit „Fliester Dubs” auf Australiens #1-Dub-Imprint Primary Colours – ins Leben gerufen von den Echo Inspectors. „Village Whispers” und „Noble Booth” entfalten ein relaxtes, puristisches Sounddesign mit reichlich Atmosphäre, Tiefgründigkeit und schleichenden Rhythmen, die zum Abschalten an milden Frühlingstagen einladen. Die warmen Sounds in Kombination mit einer natürlichen Organik lassen Bluetrain-Vibes durchsickern, enthüllen allerlei verborgene Frequenzen und Spielereien und lassen uns an Gubatz’ persönlichen Erfahrungen teilnehmen, die er während seines über Jahrzehntelang andauernden Aufenthalts im Dub-Kosmos gemacht hat. Ein subtiler und doch deeper Trip durch Raum und Zeit. 10 Laenkford
Toki Fuko
Phantom Scripts (spclnch)
Sergey Korotaev alias Toki Fuko weiht die brandneue „Black“-Reihe auf dem in Den Haag ansässigen Dub-Techno-Label spclnch ein. „Phantom Scripts“ kommt mit vier von Ambient- und Downbeat-Soundscapes geprägten Tracks, die uns durch verworrene Field Recordings und unheimliche, dichte Atmosphären führen – unbehaglich und gleichzeitig auf mysteriöse Art und Weise beruhigend. Geheimnisvolle, hypnotisierende Texturen hüllen den Raum in ein flackerndes, dunkles Licht, unkenntliche Vocal-Samples aus dem Off („Jātaka“) verleihen den abstrakten elektronischen Kompositionen eine erzählerische Tiefe und repetitive Synths stimulieren die Synapsen. Eine meditative Reise durch Raum und Zeit. Fantastisch. 10 Laenkford
Alben & Compilations – Platte des Monats
Spirits VII
(Crosstown Rebels)
Seit der Einführung dieser Serie hat Damian Lazarus vielen jungen, neuen, aufstrebenden Talenten eine Plattform geboten, sich auszuprobieren und zu präsentieren. Und dieser Gedanke setzt sich auch beim siebten Installment weiter fort. So beschenkt uns das US Duo Lisboa Sisters mit einem trippy und sich windenden House-Track mit Vocalanteilen. Aus Ibiza stammen Share, die bereits auf Mobilee veröffentlichten und hier mit einem profunden, acid infizierten Club-Houser performen. Timo Maas & Inamo hypnotisieren mit coolem Groove und herumschwirrenden Melodien („Le Tourbillon“) und John Monkman energized mit intensiver Syhnthiearbeit und einem dynamischen Sounddesign. Fantastisch dann Dino Lenny, der funky mit fettem Frettless Bass und Spoken Words massiv beeindruckt („I Have Sampled Father“). Tiefenentspannter Deep House von Enamour („Jackpot“), druckvoller Tech-House mit scharfen Drums und heavy Basslicks („Upercent – Where Are You“) und Bonafique aus Maccabi, die ihre Einflüsse aus dem Mittleren Osten mit organischen und rhythmischen Drums zur Schau stellen. Spannende und wie immer inspirierende Compilation auf Crosstown Rebels. 10 Cars10.Becker
Alben & Compilations – Top Ten
ANiML
Star Walk (Stratasonic)
Deepe Sounds, Downtempo und Electronics sind die Schlagworte, die auf das deutsch-kanadische Kollektiv zutreffen. Teils improvisiert loten sie Stimmungen aus und formen neue Grooves. So kickt „Breather“ – breakende Rhythmik und die rhythmischen Synthiepulse schaffen einen andersartigen Beat. Soulige Breakbeats, sanft und gefühlvoll getragen, offenbart „Bruv“ – sehr schön! Zwischen Reggae und Dub bewegt sich „Titles“ in der tiefen Nacht und „Cherry“ bezaubert mit einer leichten Gitarrenlinie und evoziert eine psychische Campfire Session – großartig! In einer soften Xylophon Bubble ist „Baby D“ unterwegs; cozy Sounds und intime Vocals vervollkommnen die Szenerie. Das Titelstück schließlich platziert sich nochmals draußen. Slo Motion Impressionen zeichnen einen Soundtrack mit einer friedvollen Passage in das Afterlife. Ich zeige mich maximal begeistert von diesem Mini-Album. 10 Cars10.Becker
Anane
Let Me Be Your Fantasy (Nervous)
Die Frau von Little Louie Vega teamed mit Ihrem Mann und dem legendären Nervous Records Label, um insgesamt dreizehn (!) Remixes zu launchen. Mit von der Party sind Dimitry from Paris mit drei discoid Streicher-infizierten Versionen, die alle wunderbar klingen und die Stimme von Anane im Vordergrund belassen. Blackchild strapaziert ratternde Schlagwerkzeuge und lässt die Bassline wunderbar grooven. Masters At Work zelebrieren Disco mit Low-End rollicking und ihrem „Clap Yo Hands Dub“, Mousse T. gibt uns funky Hypno-House – Motor City Essenz, insbesondere der Funk des Shizzle Instrumentals! Und dann kommen Two Soul Fusion (Josh Milan & Louie Vega) mit zwei Mixen, die so fett grooven und dem Teufel den Funk austreiben, als gäbe es kein Morgen – Giorgio Moroder dürfte seine helle Freude haben. Zum Abschluss geben Moplen mit drei Mixen das Outro in Form balancierter Hitze und Peak Time Atmo. Diese göttliche House Remix Session sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. 10 Cars10.Becker
Amine Laje
Datsha (Rotary Phono Lab)
Wieso sich Romain Poncet – bürgerlich heißt er ja allerdings Romain Reynaud – jetzt dieses neue Pseudonym zugelegt hat, kann ich euch nicht sagen. Fakt ist, dass sich das vorliegende Doppel-Vinyl-Album eindeutig von seinen Traumer-Releases unterscheidet, und Traumer ist sicherlich das bekannteste AKA des Pariser Produzenten. Auf „Datsha“ werden wir mit trippigen Beats und teils folkloristischen Worldmusic-Arrangements und teils jazzy Vibes verwöhnt, die an eine Reise von Frankreich nach Marokko erinnern und generell viele Filmmusik-Elemente aufweisen. Für den Floor, auch nicht für den Black Floor, ist das Ganze wenig geeignet, „Further Happiness“ vielleicht noch am ehesten. Dafür bietet es sich für die Untermalung des Beginns einer Strandparty an. Ein wirkliches tolles Album für das kommende Wochenende in der Datscha. 10 points svenman
Booka Shade
For Real (Blaufield Music)
Booka Shade machen das Dutzend voll, „For Real“ ist ihr zwölftes Album und gleichzeitig aber auch das 150. Release auf ihrem Label Blaufield Music – Glückwunsch. Für den neuen Longplayer haben Walter Merziger and Arno Kammermeier aber kein neues Material produziert, sondern ihr Archiv durchforstet und Tracks herausgesucht, die bisher – aus welchen Gründen auch immer – keinen Platz auf ihren Alben und EPs gefunden haben, die sie aber dennoch sehr mögen. Et voilà, jetzt bekommen sie ihr eigenes Album. Stilistisch stehen die elf Stücke in der Tradition des 2013er Longplayers „Eve“ – ausgesprochen melodische und organische Sounds. Und was für ein Glück, dass die beiden Archivarbeit geleistet haben, denn „For Real“ bietet viele Highlights, schon der Opener „Broken Glass“ schwebt sehr geschmeidig, funky, zeitlos und hinreißenden Vocals in die Tanzzentrale des Hirns. Weitere Tracks wie das epische „Your Command“, das charismatische „Virtual Face“ oder das ansteckende und Groove-getriebene „Electric Birds“ überzeugen, wie auch der Rest. Das war wirklich eine gute Idee. 9 Deep Plank
Dark Techno 2025
(ZYX)
Niemand anderes als unser Freund Sebastian Groth hat die vorliegende Doppel-CD zusammengestellt, und das bürgt für höchste Qualität. Und auch wenn ich mich mit dem Begriff ‚Dark Techno‘ etwas schwer tue, die 43 versammelten Tracks rocken und befriedigen auch Hard-Techno-Fans. Die Tracks wurden von Groth in einen krachenden Mix zusammengefügt und kombinieren Produktionen von The Horrorist, Lilly Palmer, Activator, Marc Acardipane, Holy Priest, Petduo oder Krowtek, neben einigen eigenen Stücken. Wer gerne mal einen in die Fresse bekommt, ist hier richtig. Booom. 9 points harthorst
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DJ Koze
Music Can Hear Us (Pampa Records)
Sieben Jahre nach „Knock Knock“ beschert uns Kosi endlich wieder einen neuen Longplayer und seinen Angaben nach einen 65-minütigen Trip ins All und zurück. „Seit einiger Zeit arbeite ich an der Idee, den Raumfahrt-Tourismus zu revolutionieren. Konkret: Reisen, ohne sich zu bewegen. Dies ist das, was dem am nächsten kommt“, erklärt uns der Hamburger DJ und Producer und wir nehmen natürlich gerne Platz, machen es uns gemütlich und sind auch ganz roh, dass der Ohrensessel nicht einfach abhebt und gen Weltraum knattert. Stattdessen schließen wir die Augen und starten mit kosmischen Ambient-Klängen („The Universe In A Nutshell“) das nächste Kapitel von DJ Koze. Gewohnt verspielt, dekonstruiert, fragmentiert und perfekt arrangiert präsentieren sich die 15 Tracks auf dem Album, transportieren Kozes Signature-Sound und gehen dennoch sehr verschiedene Pfade, was auch schon bei den drei Vorab-Veröffentlichungen deutlich wurde. Anden-Folk mit „Pure Love“ und Damon Albarn, die nostalgisch-schräge Holger-Biege-Hommage „Wie Schön Du Bist“ mit Arnim Teutoburg-Weiß von den Beatsteaks und The Düsseldorf Düsterboys und der organische Afro-Psychedelic-Ausflug „Buschtaxi“. Es geht auch weiter so auf dem Album. „Der Fall“ mit Sophia Kennedy ist charmant-moderner Singersongwriter-Style, da und Sofia Kourtesis begleiten Koze auf „Tu Dime Cuando“ mit aufgeregten, spitzen Vocals, die sich zwischen Ruhephasen, Verzerrung, Piano und Kosmos ausbreiten. Sanfte elektronische Popklänge gibt es mit Markus Acher von The Notwist auf „What About Us“ und eine sehr schräge Neuinterpretation von „Vamos A La Playa“ – Statement zur allgemeinen Lage? – mit Soap&Skin, die in Zeitlupe unter bedrohendem Brummen aufflackert. Oder doch das UK-Rave-Breaks-infizierte „Brushcutter“ mit Marley Waters? Alles hervorragend. Bitte komplett durchhören. Bin gerade wieder gelandet, schade. „Music Can Hear Us“ und wir sollten auch immer der Musik genau zuhören. 10 Terence Trance D’Arby
Howard Shore
Anthology – The Paris Concerts (Deutsche Grammophon)
Der vielfach ausgezeichnete Dirigent und Komponist Howard Shore aus Kanada ist vor allem für seine Soundtracks bekannt, im Speziellen für die von „Der Herr Der Ringe“, „Der Hobbit“, „Naked Lunch“, „Departed – Unter Feinden“ oder „High Fidelity“. Insgesamt sind es über 100 Filme, an denen er mitgewirkt hat – u. a. 16 von Regisseur David Cronenberg. Dabei zeichnet Shore aus, dass er sehr gut auf die Stimmung des Films eingehen kann und diese dann entsprechend eindrucksvoll wiedergibt, egal ob es episch, beklemmend, geheimnisvoll, zurückhaltend oder intim wird. An einem Wochenende im Jahr 2023 entstand „Anthology – The Paris Concerts“, bei dem das Orchestre Philharmonique de Radio France einige Highlights seiner bekanntesten Soundtracks gespielt hat, u. a. aus „Der Herr Der Ringe“, „Der Hobbit“, „Esther Kahn“ oder das Concertino aus „Tödliche Versprechen“. Eine wundervolle und mitreißende Zusammenstellung, die das Schaffen Shores repräsentiert, umgesetzt von einem großartigen Orchester/Ensemble. 10 Ludwig van Beathoven
Insolate
Full Disclosure (Out Of Place)
Das zweite Album der Kroatin kann man getrost als Füllhorn des Technos bezeichnen. Auf neun Titeln offenbart sich die Spielbreite dieses Genres. Luke Slater gleich hämmern metallische Stabs auf „The Biggest Fan“ – repetitiv und mindblowing, dem man sich nicht entziehen kann. Hier und da überschlagen sich die Ereignisse („Playground“ als Hochgeschwindigkeits-Elixier) und bei „Ocean Of Tears“ rattern Bass und Drums wie zu besten Octave One-Zeiten. Tipp: Das Hammond induzierte „Big Cities“, das auch Klaudia Gawlas Spaß machen dürfte. Auf diesem Album bekommt man sehr viel Qualität und Freude geboten. 8 Cars10.Becker
Millhope
Truth And Dare (Hey!blau Records)
„Wahrheit oder Pflicht“ – ein Spiel, was wir in der Kindheit schon gespielt haben und bei dem es schon damals hoch her ging, ob man sich der Wahrheit stellt oder ob man sich mutig in eine unbekannte Aufgabe stürzt. Thomas Mühlhoff, mit seinem Projekt Millhope, hat sein Debütalbum danach benannt: „Ich glaube, Wahrheit und Verantwortung sind tief miteinander verknüpft, und Musik ist das ideale Mittel, um unsere eigene Wahrheit zu erforschen und festzuhalten.“ Der Forschungsdrang auf „Truth And Dare“ ist allgegenwärtig, Mühlhoff kreiert eine abwechslungsreiche Klangwelt, in der sich Chillwave, Ambient, Rockelemente und Downbeat die Hand geben und schauen, was so passieren kann. Getragen von verschwommenen Synthies, eindringlichen Gitarren, treibenden Drums, einem tiefen Bass und geheimnisvollen Field Recordings trägt uns das Album in retrofuturistische Welten in einem weit entfernten und majestätischen Kosmos zwischen Realität und Relativität. 9 Tech Guardiola
Mollono.Bass
Tears & Hope (3000Grad)
Ronny Mollenhauer aka Mollono.Bass, Produzent, Live-Act und DJ aus Mecklenburg-Vorpommern, steht mit seinem aktuellen Longplayer in den Startlöchern. Für das Album wurde eine besondere Release-Strategie gewählt: Vorab erscheinen vier Parts als einzelne Veröffentlichungen, die dann im vollständigen Werk münden. Diese präsentieren jeweils zwei Tracks, einen Kollabo-Track mit Vocals sowie ein Solo-Instrumental – was sich auch durch das Album zieht. Gast-Sänger wie MAZ’N oder Andy’s Echo, die als multitalentierte Musiker ihren Beitrag beisteuern, fügen dem Album etwas fast schon poppiges hinzu – zumindest, wenn man nach den Vocals geht. Die instrumentalen Stücke holen die Hörer*innen dann aber doch wieder auf den elektronischen Boden der Tatsachen zurück. Tiefsinnig, atmosphärisch, abwechslungsreich, akustisch – zwischen Gesang, Live-Instrumenten, Synthesizern und Beats tangiert Mollono.Bass in den Stücken menschliche Emotionen zwischen Tränen und Hoffnung, auf seine gewohnt elektronisch-organische Weise mit Groove und House-Beats. 9 Davy D.
Aus dem FAZEmag 158/04.2025