Das sind sie, unsere Tonträger-Favoriten aus dem Mai-Heft unterteilt in Alben und Compilations, Singles und EPs sowie die jeweiligen Platten des Monats. Diesmal mit housigen Tunes von Quadrekey und Alex Arnout, Techno von Exos, Shlomi Aber und K.A.L.I.L., den neuen Alben von Christian Löffler und Justice sowie vielen mehr.
Singles & EPs – Platte des Monats
Quadrakey
Head Over Heels (Small Great Things)
Burnerscheibe auf SMG No. 007. Das Titelstück stellt die perfekte Mischung aus Deepness und funky Floorvibes dar, wenn Erobique-Chords auf locker pumpende Bässe treffen. „Yeah“ zeichnet sich ebenfalls durch Chords aus, die hier spielerischer und funky-esker im Zusammenspiel mit dem Flatless-Bass kommen. Melodischer Chordausklang mit Panflötencharakter auf housigem Geläuf des ersten Parts („Ways Out“). Die Flip gehört den Remixern: Luca Olivotto macht sich an „Yeah“ heran und forciert die Chordarbeit, formt daraus einen wunderbaren funky Tanzflächenfüller mit 70er Feel, ohne zu präsent auf die Discotube zu drücken. DJ Merci schafft euphorisches Deep-Feeling bei seiner Lesart auf „Ways Out“. Wieder eine wahnsinnig gute Scheibe auf SGT. 10 Cars10.Becker
Singles & EPs – Top Ten
Alex Arnout
Burn EP (Jack’s House)
Oh ja, hier jackt das House wie anno dazumal in den 80ern, versehen mit einem modernen Feel. „Burn“ dubbt mit Synthieloop und lässt die Maschinen im Untergrund Funk im House arbeiten. Noch besser: “Tribespeople“. Warum? Weil ein fantastisch groovender Bass das ganze Konstrukt trägt – narrative Vocals, deepe Sequenzen und das ständige Zucken der HiHats würzen die Suppe zu einem Hot Pot Meal – Feiertrack par excellence! Auf nach Detroit mit ein paar dubbigen Chords die als Loop, House etwas ‚antechen‘ („Punkadelic“) –solider und amtlicher Groove. „Recall“ erinnert mit seinem repetitiven Vocalloop und der wummernden Bassline an die Anfänge von House in NY, als Strictly Rhythm den Markt dominierte. Ultrastarkes Release von Alex auf JH 026. 9 Cars10.Becker
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Bodhi
Popit EP (Hotflush Recordings)
Ich finde es immer krass, wie schnell man einem Track anmerken kann, woher die Produzenten kommen. Ich betone kann! Bei allen vier Tracks der neuen EP des Duos Bodhi hört man diesen UK-Rotz heraus, der mich immer wieder kickt. Insgesamt ist der Sound eine Mischung aus Garage, Breaks oder auch Techno, nicht zwingend einer davon pro Track. Geil ist für mich „Popit“ in dem die Beats mächtig bollern, sich von einer wuchtigen Bassline sowie fetzigen Synthies und peitschenden Vocals tragen lassen, was derart schnell und pausenlos arrangiert wurde, dass ich sofort Bock bekomme. Aber auch „Orison“ überzeugt mit DnB-Beats, einer Acid Bassline und fetzigen Vocals. Also kurzgesagt, ist die EP von Bodhi wahnsinnig frisch, frech und pumpend. 10Rusty
Exos
Infrared (Mutual Rytm X)
Mutual Rytm ist momentan wohl das Label der Stunde. Seit der Gründung und den ersten EPs im Jahr 2022 konnte es mit seiner perfekten Kuratierung eine Menge Sympathien einsammeln. Nach der großen Werkschau vor einigen Monaten kommt jetzt das Sublabel Mutual Rytm X mit Fokus auf nicht Clubfloor-zentrierte Sounds. Die erste Scheibe kommt vom Isländer Exos, der hier vier 90s beeinflusste Techno-Banger abliefert. Der Titeltrack eröffnet stilvoll und zeigt einen Track, der in den kommenden Monaten für viele zur Hymne werden dürfte. Mit scharfen Synth-Lines und bohrenden Bässen liefert Exos einen aufregenden, hochwirksamen Techno-Sound. „Kaldur Klaki“ steigert sich mit eng gewundenen Drumloops, heftigen Hi-Hats und abgehackten Melodien ins Unermessliche. „The Bad“ ist zuckender und abgedrehter Techno, der sich perfekt für dunkle Lagerhallen eignet, bevor der digitale Bonus „DS4BR“ mit seiner zurückgenommenen Ästhetik mit Dub-Einflüssen die Ep abschließt. 10 Transmitter
K.A.L.I.L.
Systolic (Terminal M Records)
Die Historie hinter dem Track “Systolic“ ist genauso packend wie der Track selbst. Während eines klinischen Aufenthalts wegen eines Schlaganfalls inspirierten K.A.L.I.L. die immer wieder kehrenden Herzuntersuchungen dazu, die aufgezeichneten Töne in einen Track zu verewigen. Treibend melodischer Techno mit melancholischer Stimmung soll die Gefühlslage aus jener Zeit widerspiegeln. Die Nummer sorgt für mächtig Druck und wärmt zeitgleich mit den melodischen Einlagen. Sehr starke Nummer. “Ascesis“ kommt etwas kraftvoller und verzichtet auf wärmende Klänge. Ganz im Gegenteil – Der surrende Synth wirkt fast schon energisch und verpasst der Nummer einen finsteren Touch. Coole Scheibe mit einem ebenso starken Background. 9 Michael S
Mark Broom
Showtime EP (Rekids)
Die UK-Techno Legende liefert eines der besten Produkte seiner Laufbahn ab. Wahnsinn, wie er Techno und Jazz auf vier Tracks miteinander kombiniert und zu raffiniert groovenden Konstrukten formt, die perfekt auf dem Dancefloor funktionieren. „Klashjamz“ legt los und funkt harten House mit jazzigen Phrasen – abwechslungsreich und sehr ansprechend produziert. „Showtime“ updated Funk in einen jazzy Electroswing, extrem goovy und tanzbar. Percussion Peak-time dann auf „HIGHNRG“ (klingt wie Divine – „Step By Step“) – ein pulsierend, rollender Bass, begleitet von hypnotischen Vocals make your day. Klassische Melodien und coole Samples finden sich auf dem besten Titel dieser EP: „Jazz Ting“, kann alles, will alles, ist alles – Glenn Underground wird diesen jazzy Housestyle lieben. Fantastisches Release auf Mats Labels, der mit seinem vielgestaltigen Wirken alles richtig macht. 10 Cars10.Becker
Myk Derill
Hard Smoke (Knotweed Records)
Zurück auf Philippe Petits Label Knotweed Records beginnt “Hard Smoke“ extrem tief und düster. Der Beat wühlt wunderbar im Gedärm herum und bleibt auf Dauer fast Alleinunterhalter. Sehr minimalistisch und reduziert grummelt die Nummer vor sich hin. Im Double Mirage Mix fliegen hingegen die Ohren direkt davon. Mit mächtig Wumms knallt die Kick auf den Schädel und sorgt für mächtig Körperzucken. Absolutes Brett und auf Anhieb ein grandioser Burner. Dem tut “Sick Light“ es gleich und scheppert von beiden Seiten auf die Lauscher. Im Break eine kurze Verschnaufpause und viel Raum zum Luft holen aber die Ruhe bleibt nicht auf Dauer. Etwas aggressiver und stumpfer als der Vorgänger läuft die Nummer in die Zielgerade und hinterlässt schweißgebadete Gäste. Starkes Paket, welches einfach auf den Floor gehört! 10 Michael S
Phuture
Power Concedes Nothing (Afro Acid)
Vor knapp 40 Jahren formierte sich Phuture in der Windy City und rüttelte die House Musik mit TB303 wach: “Acid Tracks”, “Rise From Your Grave”, We Are Phuture” sind Meilensteine in der Geschichte von House und Techno. Das Kollektiv um DJ Pierre nimmt mit „Power Concedes Nothing“ wieder einmal die Geschicke in die Hand und feuert mit swingendem Beat, harten Percussions und gesprochenen Vocals eine dystopische Energie zwischen der fetten Bassline. K’Alexi knüppelt furztrockene Beats in seinem Mix mit verfremdeten Vocalanteilen und einer Kakophonie an Schlagwerkzeugen – schöne Rave-up Sounds. High Speey Acid danach mit Kmrt, der seinen Mix als gerippten 303 Banger zelebriert – Party Bump all over the place! Abgerundet wird der 4-Tracker mit dem Dark Techno Mix, der sich lediglich durch oversized HiHats und tripped-out Melodien vom Original unterscheidet. Phuture – good as ever! 8 Cars10.Becker
Serum + Inja
Good Morning Sunshine (Souped Up)
Sollte ich (Gott bewahre!) in diesem Leben noch mal heiraten, Serum und Inja wären, müsste ich jemanden aus dem Drumandbass-Zirkus wählen, wohl die Trauzeugen meiner Wahl. Glücklicherweise ist dieses Szenario denkbar unwahrscheinlich und so können die beiden sich Dingen wie der Produktion dieser EP widmen, statt sich in denkbar geschmacklose Anzüge zu zwängen (niemand soll besser aussehen als ich auf meiner nicht stattfindenden Hochzeit!) und Müttern und Tanten Taschentücher zu reichen. Und jetzt ist das schon wieder passiert, dass ich nur über mich rede und kein Platz mehr übrig ist, um auf die vier Tracks dieser tollen EP einzugehen. Bitte einfach selbst reinhören! Lohnt sich! 10 Feindsoul
Shlomi Aber
The Untold (Be As One)
Der gebürtig aus Israel stammende DJ, Produzent und Unternehmer ist der elektronischen Szene seit Mitte der 2000er mehr als nur ein Begriff. Auf seinem Weg nach oben hat er nicht nur auf Labels von Kollegen wie Sven Väth oder Josh Wink veröffentlicht, sondern auch sein eigenes Label Be As One ins Leben gerufen und eben dieses lässt nun „The Untold“ auf die Welt los. Während „Warping“ als Startpunkt direkt mit treibendem Groove, einem Clap-Feuerwerk und Tech-House-Elementen loslegt, kommt „Roundground“ deutlich technoider, dunkler und stampfender daher, ohne allerdings die Clubtauglichkeit auch nur für Sekunden abzulegen. Ein Highlight der EP ist Song Nummer 3, „Saver“, der zwar die technoesken Kicks beibehält, sich ansonsten aber wie ein hypnotischer Oldschool-House-Track anfühlt. Auf der Schlussgeraden fusioniert dann der Titeltrack viele genannte Elemente zu einer melodisch-futuristischen Tech-House-Nummer mit Drive. Wer seine 2023er „By Myself“-EP mit Kashpitzky mochte, wird hier seinen Spaß haben. „The Untold“ hat im Vergleich sogar ein kleines bisschen die Nase vorn. 9 scharsigo
Sirus Hood & Trangaz
Ghetto Corazon EP (Mood Child 007)
Label-Honcho Sirus Hood mit einer großartigen Booty-12“. Wobei ich sagen muss, dass ich den High-Speed-Afro-House-Tune „Ghetto Corazon“ auf A1 sogar noch etwas stärker finde als „Boothy“, was hier in drei Versionen enthalten ist. Allerdings kann ich die typischen Club-Erzählungen-Vocals, die ich ansonsten eventuell langweilig fände, in diesem Kontext ganz gut goutieren. Aber, man muss halt Booty House mögen. Tue ich. Kickt gut. 9 points tseb
Alben & Compilations – Platte des Monats
Christian Löffler
A Life (Kí Records)
Mit seinem neuen Album „A Life“ positioniert sich Christian Löffler sehr bewusst und eindeutig gegen die technischen Möglichkeiten der KI und für die menschliche Kreativität als etwas Tiefgründiges und Einzigartiges. Dabei schlägt er den Bogen zurück zu seinen Wurzeln, als es in seiner Teenagerzeit einzig darum ging, Spaß zu haben beim Musikmachen. Und das merkt man auch bei jedem Track hier auf „A Life“. Umarmende Melodien, safte wippende Rhythmen, verspielte Synths & Keys, prächtige Vocal-Features – Löffler feiert das Leben und die Musik, sehr stimmungsvoll, ausdrucksstark und mit jeder Zelle. Ein Trip mit Fernweh-Vibes und ein Statement, das Musik weit mehr ist als nur ein Produkt. 10 Terence Trance D’Arby
Alben & Compilations – Top Ten
AVAION
Selfreflection (Sony Music)
Christopher Stein alias AVAION präsentiert sein Debütalbum auf Sony Music, wo er bereits seinen Megahit „Pieces“ (mehrfach Gold und Doppelplatin) veröffentlichte. Der Titel des Albums ist in diesem Fall Programm, denn „Selfreflection“ ist eine durch und durch immersive künstlerische Reise durch den Lebenskosmos des gebürtigen Bayers. 15 Tracks laden wahlweise zum Tanzen oder Träumen ein und offenbaren ein mannigfaltiges Spektrum, das geschickt zwischen Dancefloor-Romantik und emotionaler Intimität umherpendelt. Das eingangs erwähnte „Pieces“ fungiert mit seinem Mix aus melancholischen Vocals und futuristischen Basslines als zentrales Stück und Bindeglied zwischen den beiden Polen, lässt den weniger ambivalenten Stücken auf der LP dadurch allerdings mehr Raum zum Atmen. Die zarte akustische Introspektion „Interlude“ oder die „Other Side“-Kollaboration mit BUNT. sind an dieser Stelle zu nennen, gleichwohl wie der melodische House-Tune „So Lone“. Ein überaus eklektisches und spannendes Debütalbum, das sicherlich nicht für den dreckigen Kellerclub, dafür aber umso mehr für introspektive Momente im stillen Kämmerlein oder auf der Festivalstage geeignet ist. 8 Tenorali
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Conrad Schnitzler
Slow Motion (bureau b)
In der Ära der Beatles und Rolling Stones formierten sich ebenfalls neue Formen der Kunst wie Happenings, Fluxus, Neo-Dadaismus oder Videokunst und letztlich entwickelte sich parallel auch experimentelle Musik, die letztlich dann in Krautrock gipfelte und zu einer bedeutenden Musikbewegung wurde. Zwei Vertreter dieser Avantgarde-Strömungen waren Conrad Schnitzler und Karl Horst Hödicke, die 1976 für „Slow Motion“ zusammenkamen. Ein Film Hödickes, den Schnitzler vertonte. Nicht im herkömmlichen Soundtrack-Sinn, Schnitzler komponierte seine Musik komplett zugeschnitten auf die Sequenzen des Films, beide Elemente haben so eine sehr symbiotische Beziehung. Dennoch macht ein rein musikalisches Release Sinn, da die Musik des in Düsseldorf geborenen Musikers so viel Ausstrahlung und die eigenständige Handschrift besitzt, dass es letztlich auch ein bedeutendes Werk seines musikalischen Schaffens bildet. Elektronische und stimmungsvolle Klangkaskaden, pulsierende Impulsketten, wabernde Rhythmen und hypnotische Flächen machen dieses Album sehr außergewöhnlich 9 LeDrone James
Dombrance
Double Trouble (Discolypso)
Man nehme elegische Synthies von Jean-Michelle Jarre und mische diese mit dem Discobeat von Purple Disco Machine und fertig ist der Sound, dem sich der Mann mit dem buschigen Moustache verschrieben hat. Zwei Titel hat Dombrance im Gepäck mit nicht weniger als acht Remixen (daher auch Eingruppierung unter Longplay und nicht EP). „Bayrou“ passt zum aktuellen Disco-Dance Geschehen und wird auf den Floors fett punkten, Remixe kommen von Baldelli & Dionigi (verträumt funky) und Lindström (auf einer David Lynch Pool Cocktail Party). „Cope“ reitet einen anderen Stil – schnell mit pulsierenden Synthies und crunchy Percussion – sehr glitschig und kantig. Daran fanden auch Remixer wie DiskJokke (progressive Ausgestaltung), Francois K (pur Giorgio Moroder 70s Disco), Freudenthal (mit italienischem Ansatz und Kortison-geschwängerten Musclebeats), Josh Ludlow (80er Drum Machine Sound) und Rigopolar zum Abschluss mit majestätisch-minimal, modernen Discovibes mit Referenzen an Moroder. Hier schlägt auf 10 Titeln das Herz für Discobässe und das extrem vielseitig. Stark! 8 Cars10.Becker
HardBase.FM Vol. 15
(ZYX)
Niemals geht man so ganz. Auch wenn die fünfzehnte Ausgabe der beliebten HardBase.FM-Compilation-Reihe den Abschluss der Serie darstellt, sollte die Freude überwiegen. Denn die letzte Ausgabe bietet wieder drei großartige Mix-CDs der HardBase.FM-Residents X-Mode, Cyn0wn und BazzShift mit insgesamt 75 Tunes. Musikalisch gibt es hier wieder die besten aktuellen Tracks aus den Bereichen Euphoric- und Rawstyle mit Beiträgen von u.a. Showtek, Da Tweekaz, Coone, Frontliner, Sub Zero Project, Headhunterz, Wildstylez, Lunax, SubSonik und Killshot. Zugreifen. 9 points hardhorst
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Ibiza Opening Season
(Zyx)
Wenn ihr diese tolle CD-Zusammenstellung in den Händen haltet, sind die ersten Openings der 2024er Saison schon Geschichte. Wie jetzt genau das 2024er Opening vom Ushuaia, Pacha, Amnesia und Hi Ibiza abgelaufen ist, kann ich euch in der Juni-Ausgabe berichten. Fakt ist, die 18 hier versammelten und von Tom Franke gemixten Tracks machen sehr viel Lust auf Ibiza 2024. Melodic Techno und Melodic Trance halten sich hier die Waage und somit sollte für jeden Ibiza-Fan einiges dabei sein, wenn u.a. Armin van Buuren und Tiësto auf Markus Gardeweg und DJ Soulstar treffen. 8 points felix houser
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Justice
Hyperdrama (Ed Banger Records/Because Music)
Acht Jahre nach ihrem letzten Studioalbum „Woman“ und sechs Jahre nach der Liveversion „Woman Worldwide“, für das Xavier de Rosnay und Gaspard Augé einen Grammy bekommen haben, melden sich Justice mit einem neuen Longplayer zurück. „Hyperdrama“ entstand in den letzten Jahren in unermüdlicher Arbeit und ist so etwas wie ein Restart nach der Grammy-Adelung. „Es fühlte sich wie ein Zeichen an, dass wir bereit waren, etwas Neues zu beginnen“, erklärt de Rosnay und so nahmen die Dinge ihren Lauf, die nun schließlich im vierten Studioalbum der Franzosen mündeten, auf dem sie zum ersten Mal mit Gästen arbeiten, seit sie 2007 die große Bühne mit ihrem Debütalbum „†“ betraten. Tame Impala, Rimon, Connan Mockasin, Miguel, Thundercat ergänzen mit ihrer sehr eigenen Musik hervorragend den Signature-Sound von Justice. Herausgekommen ist eine Mischung aus (Filter-)Disco-Sound und -Feeling mit (harten) technoiden Elementen, brennenden Synthies, Gabber-Ästhetik und tiefen Emotionen. Justice for all! 9 Tech Guardiola
La Yegros
Haz (X-Ray Production)
Die Königin des Nu Cumbia flutet den Markt mit einem fantastischen Album. Die Argentinierin legt ihre wunderbare Stimme auf tolle Gitarrenarrangements, beim sehr tanzbaren „Bailarin“ ergänzt um rhythmusgebende Claps. Auf den zehn Titeln erfindet sie sich immer wieder neu, wenn Folklore und globale Musik miteinander verschmelzen („Donde“, „Rehen“), uns auf dem Dancefloor auffordern („Perdedor“, „Malicia“, Veo“), aber auch melancholische Töne mit Gitarre und Flöre angeschlagen werden („Bodas De Plumas“). Tipp: Das mit Schifferklavier groovende „Secreto De Piedra“ und das perkussiv intensive „Todo Yo“. 8 Cars10.Becker
Phace
Everyday (Deadbeats)
Ein neues Phace-Album ist immer ein kleines Spektakel. Kaum jemand innerhalb der deutschen Drumandbass-Szene hat es geschafft, sich so weit von den üblichen Genre-Vorgaben zu emanzipieren und so weit über den Plattentellerrand hinauszuschauen wie der Hamburger Produzent und DJ. Der aktuelle Longplayer Everday macht allerdings nicht nur Schluss mit BPM-Grenzen und Standard-Arrangements, sondern legt auch in Sachen Sounddesign die Messlatte schwindelerregend hoch. Breit, druckvoll, schmutzig, aber niemals brachial bewegt sich Phace auf den elf Tracks seines Albums irgendwo zwischen Drumandbass und Techno, zitiert Hardcore und UK-Garage, spielt mit House und Downbeats, um am Ende einfach nur Phace zu sein. Dieses Album ist das Multiplex unter den ganz großen Kinos! 10 points Feindsoul
Porij
Teething (Play It Again Sam)
Mit „Teething“ der Queer-Dance-Pop-Formation Porij erwartet uns ein spannender Debüt-Langspieler, der vom Erfolgsproducer David Wrench (Frank Ocean, The XX) co-produziert wurde. Auf den elf Stücken nimmt uns uns ein ambitionierter Blend aus House, Garage, New Wave und Lo-Fi-Pop in Empfang, der sich somit als klarer Fall für den Dancefloor entpuppt. Es fällt nicht ganz leicht, diesen bunten Genremix in Worte zu fassen, aber wer Fan von Acts wie The XX, Burial oder auch Mount Kombie ist, wird bei „Teething“ zweifellos auf seine Kosten kommen. Genre-Konventionen sprengend, überraschen uns Porij Track für Track mit unerwarteten Wendungen und raffinierten Crossovern mit starken Einflüssen aus Indie und Electronic und einer feinen Note Rave-Culture. Ein sehr interessantes Projekt. 8 McAllister
Portishead
Roseland NYC Live 25 (Universal)
Letztes Jahr im November erschien genau am 25. Jahrestags des Releases des legendären Live-Albums die Jubiläumsausgabe „Roseland NYC Live 25“ auf Streamingportalen mit einer erweiterten Titelliste, welche die Songs „Undenied“ und „Numb“ umfasst, ebenso wie die vollständige Version von „Western Eyes“ und den Originalversionen von „Sour Times“ und „Roads“, die auf dem ursprünglichen Album durch Aufnahmen von anderen Konzerten ersetzt worden. Nun folgt für alle Fans und Lieberthaber*innen der physische Nachschlag, ein rotes Doppel-Vinyl mit Poster und einem reproduzierten Backstage-Pass des Konzerts sowie eine CD mit zwölfseitigem Booklet und ebenfalls mit Backstage-Pass. Portishead gehörten in den 90er-Jahren zu den Trip-Hop-Pionieren, ihr sehr eigener, schleppender und melancholischer Sound ging um die Welt und eroberte sie. Diese Qualität wird durch diese Live-Aufnahme, bei der ein Orchester beteiligt war, getoppt, vor allem durch die sehr intensive Präsent aller Musiker*innen und Sängerin Beth Gibbons. „Roseland NYC Live“ wurde 1997 aufgenommen und enthielt schon viele Songs des zweiten Albums „Portishead“, das kurz nach der Aufnahme auch veröffentlicht wurde. 10 Dieter Horny
Aus dem FAZEmag 147/05.2024