Platten des Monats – September 2023

Das sind sie, unsere Tonträger-Favoriten aus dem September-Heft- unterteilt in Alben und Compilations, Singles und EPs sowie die jeweiligen Platten des Monats. Diesmal mit Roísín Murphy, Rampue, The Chemical Brothers, ARTBAT, Cinthie, Aleqs Notal, der neuen Kompakt-Compilation und vielen mehr.

Singles & EPs – Platte des Monats

ARTBAT – Coming Home ft. John Martin (Warner Music)

ARTBAT lassen ein weiteres Mal aufhorchen und schicken eine Kollaboration mit dem Grammy-nominierten Sänger John Martin ins Rennen: „Coming Home“. Berührende, zarte und luftige Melodien treffen hier auf die kraftvolle Stimme des begnadeten Sängers und vermitteln beim Hören auf Anhieb ein Gefühl der Freude und Wärme, das von einem engelsartigen Chorus-Pad tatkräftigen Support erhält. Für den nötigen Kontrast sorgt letztlich ein wuchtiges Drum-Konstrukt, das den Track im Verbund mit den epischen Synthies und Vocals zu einer runden Peak-Time-Nummer macht. ARTBAT liefern mit „Coming Home“ eine weitere Erklärung ab, warum sie zur Speerspitze im Melodic Techno gehören. 10 Fresh M.

Singles & EPs – Top Ten

Anstandslos & Durchgeknallt ft. Mizzled – Alles Kaputt (Crash Your Sound)

Anstandslos & Durchgeknallt. Das Partyduo aus Sachen ist zurück mit einer neuen Single namens „Alles Kaputt“. Gemeinsam mit der Sängerin MizzLed drücken die beiden ordentlich aufs Gaspedal und liefern einen waschechten Abrissbirnen-Track, der auf Festivals wie Airbeat One bereits ersten Tests standhielt und die Meute zum Kochen brachte. Im Vergleich zu ihren früheren Produktionen haben A&D die BPM hier nochmal um einiges nach oben geschraubt und die Partyhymne mit zahlreichen Hardstyle- und Rave-Elementen versehen. 8 Chino Tze

Catz’n Dogz – Can’t Stand (Crosstown Rebels)

Yes! Robag Wruhme bringt mich mit seinem Sound auch nach so vielen Jahren immer noch zum Schwärmen. Denn auch hier ist sein Flodder Buck Rehand zu „Can´t Stand“ von Catz ´n Dogz ein minimaler Schieber vor dem Herrn. Die Vocals aus dem Original kommen weniger präsent, dafür setzt er unzählige Fx-Sounds, kurze Synthshots und wilde Percussions zusammen mit einer treibenden Bassline in ein minimales Arrangement, was sofort anfängt zu pumpen und schieben. Nice! Allein dafür gibt es die volle Punktzahl. Die beiden Originale der EP stehen dem aber in nichts nach. Der Titeltrack bringt soulige Vocals zusammen mit einem eher deepen House, dessen Beats aber eigentlich mehr sein wollen. „Wake Up“ komplettiert die EP mit einem minimalen House-Tune mit tollen Synthies und freakigen Vocals. 10Rusty

Cinthie – Musique For Discothèques (Heist)

Frischer Input von Cinthie, die das Roster des fantastischen Heist Labels bereichert. Auftakt mit „Won’t U Take Me“ in klassischem 90s US-Outfit mit Pianoloops, Gesang und lockerem House. Dreamy und nice. Es folgt mit „Piano Heaven“ der beste Track für den Dancefloor: „Piano Heaven“ besticht mit seiner bouncenden Bassline in einem 909 Groove, der auf Italo-Meets-Deep-House verweist. Knallertrack, der auf den Dancefloors dieses Universums mit seiner Pianoline wie eine Bombe einschlagen wird. Peaktimetrack! Der Remix hierzu stammt von St. David, der das Teil deeper transformiert sowie FX und Bleeps addiert, um noch mehr Glanz zu entfachen. Mit „Masterplan“ verlässt Cinthie das liebgewonnene Deepsegment zugunsten von wilden 808 Synthieloops, die Florida Feeling mit speedy 2 Live Crew evozieren – ist mir zu schnell und weniger passend. Insgesamt eine oberamtliche Scheibe, die sich wie geschnitten Brot verkaufen und die Floors für sich vereinnahmen wird. 10 Cars10.Becker

Deborah De Luca & Robin S – Devotion / Show Me Love 2023 (Nitron / Sony)

Natürlich kennt ihr alle das Original. „Show Me Love“ zählt zu den am häufigsten geremixten Dance-Tracks überhaupt. Aber die 2023er Bearbeitung der sizilianischen Techno-Koryphäe Deborah de Luca ist tatsächlich neu. Das Techno- bis Hardtechno-Gerüst von der Italienerin trifft auf die ikonischen Vocals von Robin S und sorgt so für eine elektrisierende Mischung, die sowohl im Club- als auch im Festival-Main-Stage-Bereich funktionieren wird. Hit. 9 points Re.Piet

Deejazzid – Another Deep EP (Runde Ecken)

Auf Runde Ecken Nummer zwei entfaltet Deejazzid sein ganzes Talent, denn hier wird Housedeepness neu definiert und auf ein anderes Level gehoben. Sanfte Chords bewegen sich leichtfüßig und melancholisch über einen Midtempo rollenden Housegroove – der easyste Swing seit Jahren („Liquid Soul“). Das Titelstück spielt mit dubbenden Chords mit entspanntem auf 2und4er-Beat, lässt den Club bereits nach wenigen Minuten kreisen und durch die Decke gehen – minimal Input mit maximaler Wirkung – herrlich! Und es wird noch besser, denn funky Keys begleiten jazzy Bläser und verzerrte 20er Vocals („Jazzdrops“) – sehr fein justiert, kolportiert diese Mixtur einen gelungen und mitreißenden Groove ohne effekthaschende Feierexkursionen (St. Germain lässt grüßen). À la Rollercone auf Nuphonic funkt „Human Groove“ brillant zum Schluss, bevor das hiphopig breakende „Interlude“ eine Wahnsinnsscheibe abrundet. 10 Cars10.Becker

Klubbheads – Discohopping / Anna Tur Remix (Armada Music)

Anna Tur nimmt sich den „Discohopping“-Klassiker von Klubbheads zur Brust und zaubert aus dem Original einen Fast-Paced-Techno-Roller mit bounciger Acid-Bassline, fetten Snare-Rolls und einem hypnotisierenden Synthie-Theme. Der lange Break nach rund 3,5 Minuten lässt eine spannungsgeladene Peak-Time-Atmosphäre aufkommen, der der anschließende Drop mehr als gerecht wird. So gehen Klassiker-Remakes – chapeau, Anna. 10 P. Lenzen

Linus Beatskip – Obedient (Beatskip Records)

Der Schwede Linus Beatskip meldet sich auf seinem hauseigenen mit einer neuen, stampfenden Hard-Techno-Scheibe namens „Obedient“ zurück. Das wuchtige 155-BPM-Monster macht von Beginn an keine Kompromisse und legt mit marschierenden Drums, spacigen Percs und Vocal-Fragmenten los. Über mehrere, kleinere Breaks und Mini-Drops entfalten sich Vocals und Synths, ehe sie im epischen Main-Break enden, der mit einem gänsehautartigen Chorus-Pad aufwartet und die Hörer in einem letzten gewaltigen Drop in den Orbit hinauskatapultiert. Hard-Techno-Fans kommen hier auf ihre Kosten. 9 Kwik-E

Lunar Disco – Devil’s Hands (Crosstown Rebels)

Das Original des australischen Duos Lunar Disco eröffnet das neue Crosstown-Rebels-Release mit einem halligen E-Gitarren Riff, einer treibenden Bassline und einem Arrangement, das sich irgendwo zwischen House und Techhouse bewegt. In Verbindung mit den tollen Vocals kommen bei mir Tarantino oder auch 60´s Rock-Vibes hoch. Die Kombi ist sehr frisch und neu und saucool. Luciano bringt in seinem Remix perkussive Elemente mit minimalem Arrangement, wodurch die Vocals viel Platz zum Wirken bekommen. Im Taya & Lunar Disco Dirty Club Mix werden die Vocals reduziert und alles etwas mehr rolling arrangiert. Zum Schluss kommen im Remix von Anthony Middleton Acidsynthies zusammen mit schmutzigen Beats und roughen Percussions. Damit ist die EP insgesamt ein sehr cooles Stück Musik, kommt frisch und neu rüber und vor allem das Original punktet bei mir auf ganzer Linie. 10Rusty

Spartaque – Resist (Factory 93 Records)

Codex Labelhead Spartaque sorgt für jede Menge Druck auf dem Floor. “Resist“ schiebt wie eine Dampfwalze voran. Aggressiv und energisch wütet die Nummer vor sich hin und reißt auch den letzten Kopfnicker auf die Tanzfläche. “Tonight We Dance“ kommt etwas pompöser daher. Wie für den Mainfloor gemacht, der Synth bildet eine eingängige Melo bei der man nicht mehr still stehen kann. Lediglich auf die Vocals hätte man hier verzichten können. Ansonsten ein starkes Release. 8 Michael S

Aleqs Notal – Big Tal’s Elements EP (One Level Records)

Der Franzose Aleq Notal sagt „Bonjour“ und gastiert auf One Level Records mit einem sexy Vier-Tracker namens „Big Tal’s Elements“. Los geht die Reise mit „Untwisted Delights“, eine Nummer mit pulsierender 808-Bassline, messerscharfen Drums und einem unverkennbaren Detroit-/-Chicago-House-Groove. Für mich der beste Track der Platte. Mit „Save Ya“ folgt ein weiterer Track mit bouncy Percussions und sphärischen Pad-Streichern, die voll im Einklang mit Bass und Drums stehen. „Come Get It“ lässt den Geist des frühen Chicago-House ein weiteres Mal aufleben und fusioniert 606- und 808-Drum-Patterns zu einer einzigartigen Melange. Geschlossen wird die Platte von „Hymn of Passion“, einer äußerst träumerischen Einlage mit reichlich Percs, Congas und einem raffinierten Rhodes-Piano-Sound. Superb! 10 Länkford

Hier könnt ihr die Platte bestellen.

Alben & Compilations – Platte des Monats

Roísín Murphy – Hit Parade (Ninja Tune)

Die Irin Roísín Murphy präsentiert mit „Hit Parade“ ihr mit Spannung erwartetes neues Album, das von niemand Geringerem als Elektronik-Legende DJ Koze produziert wurde. Der unnachahmliche Gesang von Murphy trifft also auf die virtuosen Synthesizer-Fähigkeiten des gebürtigen Flensburgers, woraus ein faszinierendes genreübergreifendes Kompendium aus 13 meisterhaften Tracks resultiert. Einer davon ist etwa die Nummer „CooCool“, bei der der Soul-Gesang der 50-Jährigen von einem maximal-entspannten Lo-Fi-Beat á la Koze-Spezial komplettiert wird. Ein wiederkehrendes Rezept, das eine ähnliche Anwendung in beispielsweise auch in „Fader“ findet. Doch „Hit Parade“ ist weitaus mehr als Soul und Lo-Fi. Der Facettenreichtum der LP ist bemerkenswert. Toll ist unter anderem das dubbige „You Knew“ mit verspulten Vocals und auch der düstere, treibende Dancefloor-Track „Can’t Replicate“ ist ein echter Ohrenschmaus. Ans Herz legen möchte ich abschließend noch die aktuelle Single „The Universe“ – eine schlurrende Sonnenanbeter-Nummer mit sanften Riffs und himmlischen E-Piano-Klängen, die von einer Microdose Psychedelik und Murphys einzigartigem Gesang veredelt wird. Wow! „Hit Parade“ erhält die volle Punktzahl. 10 Länkford

Alben & Compilations – Top Ten

Chilly Gonzales – French Kiss (Gentle Threat/PIAS)

„French Kiss“ ist das erste Album, dass der gebürtige Kanadier auf Französisch aufgenommen hat, an seiner Seite zahlreiche Mitwirkende. Elf Tracks umfasst der Longplayer, die geleitet werden vom sanften Pianospiel von Chilly Gonzales, und die auch dank der Gastmusiker*innen und -sänger*innen eine weitere Ebene erhalten und sich öffnen. Richtung Pop, Chanson oder auch zum Club hin, wie es „Cut Dick“ macht, die Orchesterversion des Songs von Mr. Oizo. Mit am Start auch der legendäre Richard Claydermann, der vor allem in den 80er-Jahren mit seinen verträumten Klavieralben für Furore sorgte. „French Kiss“ ist ein intimes Album, eine Ode an Frankreich, mit Elan und Spaß und Tiefe. Angeführt von der schillernden Figur Chilly Gonzales. 9 Jacques Yourbody

Das Album gibt es hier.

DJ Bachi – 90 Seconds To Midnight (Pik Records)

DJ Bachi feiert sein (Mini-)Albumdebüt „90 Seconds To Midnight“ auf Pik Records und schickt sechs stimmungsaufhellende House- und Techno-Roller über die Ziellinie. Eröffnet wird die Scheibe von „Again“, einer Deep-House-Nummer mit wuchtigen Piano-Chords als Protagonisten, der von einem wummernden Sub-Bass und klassischen Disco-Vocals supplementiert wird – sehr geil. Auch „Freedom“ setzt auf das Piano und Vocals, kommt jedoch mit mehr Tempo und einem Hauch von Acid um die Ecke. Auf „I Meet D“ wird es dank der 16tel-Bassline entscheidend technoider, ehe „Please“ wieder zum House zurückkehrt und eine ordentliche Prise Funk beifügt. „Expression“ erinnert mit seinen Grooves stark an „Again“ und „All Systems Down“ schließt die Platte mit jeder Menge Glitches und Verzerrungen. Gefällt. 8 Tenorali

James Blake – Playing Robots Into Heaven (Universal)

„Big Hammer“ war der erste Vorbote des neuen Albums „Playing Robots Into Heaven“ – dem Nachfolger des 2021er-Longplayers “Friends That Break Your Heart” –, den James Blake Ende Juni zusammen mit The Ragga Twins veröffentlicht hat und der eine Rückkehr zu mehr elektronischen Elementen in Blakes Musik einläutete. Der Track setzt auf Bass und Dub, ist sehr tough und raw. Doch es finden sich natürlich auch wieder Popelemente im neuen Werk, die zweite Vorab-Auskopplung „Loading“ – mit einem treibenden Viervierteltakt – beweist das eindrucksvoll, garniert mit seinem so typischen und uniquen Style aus Melancholie, Schwermut und Verzögerung. Zwischendurch dann aber auch ein Statement wie „Tell The“, das in die BPM-Vollen geht, dabei verzerrt und schräg aber immer auch den Signature-Sound mit sich trägt. Das Ambient-artige „Night Sky Print“ trägt uns in die Weiten von kosmisch-sakralen Klängen, während Fall Back“ wieder Richtung Dancefloor blinzelt und klackert. „Playing Robots Into Heaven“ bietet uns wieder James Blake in Top-Form, der hier musikalisch auch ein breites Feld beackert. 10 Terence Trance D’Arby

Jessica Kert – I Am Not Kind (Detroit Underground)

Nach zwei EPs, einer Cassette und zuletzt einem Beitrag auf der „Railways“ betitelten Compilation veröffentlicht die Berliner Performance-Künstlerin nun auch ihr Album-Debüt auf dem unter Kennern bekannten US-amerikanischen Label. Die insgesamt neun Tracks wirken dabei wie elektronische Skizzen, die vornehmlich an die originäre Herangehensweise der Gruppe Kraftwerk aus den 1970er Jahren erinnern. Mal melancholisch in sich gekehrt (z.B. „Don’t Let My Heart Stop Beating“ oder „Everything Will Be Ok“), teilweise dann aber auch akzentuiert ins Tanzbare übergehend (z.B. „Try A Little Harder Darling“ oder „The Girl With The Trumpet“), hinterfragt die Synthesizer-Expertin aus dem Team um Andreas Schneider die Zustände und vor allem das menschliche Verhalten während der Corona-Pandemie, in der die Stücke maßgeblich entstanden. Der aufwendige kreative Schaffensprozess mit einem Buchla-Modularsystem wirkt dabei wie ein Mahnmal gegen die immer weiter voranschreitende Abschaffung der elektronischen Musikkultur. Das provokante „The Whole World Is Drunk“ mit seinen improvisierten West-Coast-Analog-Sequenzen unterstreicht dies beispielhaft in nahezu umstürzendem Charakter. 08 Master J

Rampue – Bubblebath Trance (A Tribe Called Kotori)

Rampue bringt auf A Tribe Called Kotori Tracks verschiedenster musikalischer Facetten heraus und man merkt als Hörer, dass ihm das Experimentieren mit verschiedenen Klängen und Atmosphären Freude bereitet und durchaus gut gelingt. So startet beispielsweise die LP mit „Harmonie“, deren ausgewählte Sounds und Harmonien eine Weite vermitteln und den Zuhörer seicht und gleichzeitig lebhaft in das musikalische Gesamtkunstwerk einstimmen. Ganz anders präsentiert sich „Schattenschranz“ – eine coole, deepe Trip-Hop-Nummer mit futuristischen Sounds, die rhythmisch schön nach vorne geht. Bei „Kajal“ treffen immer wieder anders bearbeitete Vocals auf Arps und sorgen für ein experimentelleres Erlebnis – irgendwo zwischen Computer- und Pop-Gefilden. Eine Vielzahl von tanzenden Gefühlen und Klangfarben wird beim energetischen und gleichzeitig etwas mystisch anmutenden Titeltrack „Bubblebath Trance“ hörbar. Dazu gesellt sich ein schön ausgearbeiteter Beat. Abgerundet wird die musikalische Reise mit der kurzweiligen Ambient- Nummer „Die Leiden des hungrigen Frühstücks“. Eine LP mit insgesamt zwölf schön ausgearbeiteten Tracks. Hier lohnt es sich einmal alle Nummern der Reihe nach durchzuhören, damit das Gesamtkunstwerk hörbar wird. 9 B. Laudi

Silent Work – Sonic Leaks (Silent Work)

Die Schweizer Audio-Experten Olaf Strassen und Lasse Nipkow, bereits seit 1989 als Silent Work unterwegs, haben ihren produktionstechnischen Fortschritt in den vergangenen Jahren immer weiter auf das Themenfeld des Immersive Audio gerichtet und mit „Sonic Leaks“ ein komplettes Album als Pure Audio Blu-Ray veröffentlicht. Zum Einsatz gekommen sind hierfür die Formate Dolby Atmos und AURO-3D. Da das Hauptaugenmerk der LP auf der technischen Komponente liegt, lohnt sich an dieser Stelle ein genauerer Blick unter die Haube: Die Produktion basiert auf einer Reihe von technischen Innovationen und 3D-Audio spezifischen Software-Werkzeugen, die für den außergewöhnlichen Klang des Albums verantwortlich sind. Dies zieht sich von der Mikrofonierung bei den Gesangsaufnahmen mit einem 5-Kanal Setup, bestehend aus Großmembran-Mikrofonen, über den Einsatz von Upmix-Prozessoren bis hin zum Impulsantwort-basierten Hall-Prozessor „Roomenizer“ durch und gipfelt letztlich in einem Feinschliff der preisgekrönten Toningenieure Stefan Bock und David Merkl sowie des Grammy-nominierten Produzenten Tom Ammermann. Und musikalisch? Auch hier haben Silent Work eine wirklich tolle Arbeit geleistet, die sich von Deep House über Pop und Elektro, EDM erstreckt. Spannend ist hier vor allem der Einsatz von KI-basierten Engines, die einige der Tracks mit Vocals versorgten. Mit Anna Smith ist zudem eine erfolgreiche Schweizer Sängerin an Bord, die drei Songs ihre bezaubernde Stimme verleiht. „Sonic Leaks“ sollte unbedingt mit dem passenden Equipment gehört werden, denn nur so entfaltet es seine wahre Magie. 10 Kwik-E

Hier könnt ihr das Album kaufen.

Tayfun Guttstadt – Tarâpzâde (good&lovely Records)

Der Wahlberliner Tayfun Guttstadt veröffentlich mit „Tarâpzâde“ sein Debütalbum. Auf gewachsen ist er im Hamburger Schanzenviertel, wo er vor allem mit Hip-Hop in Kontakt kam, Gitarre lernte und sich letztlich in seiner späten Jugend auch mit der Musik der Türkei und des Nahen Ostens beschäftigt hat. Und so kam es, dass er nun beide Welten hier auf „Tarâpzâde“ vereint. Traditioneller Melodien, Gesang und Lyrics und dazu feine Arrangements, fette Beats – gerne 808-getrieben, zwischen Trap, Hip-Hop und Electronica –, die hier eine sehr einzigartige Melange ergeben. 9 Basstrid Lindgren

Techno Syndicate Vol. 3 (Zyx)

Anlässlich des Titels der vorliegenden Compilation habe ich mich ein wenig linguistisch mit dem Begriff „Syndikat“ beschäftigt. Aber die verschiedenen und sehr variierenden Erklärungen würden hier zu weit führen. Checkt einfach Wikipedia, falls es euch interessiert. Falls nicht, lassen wir die Musik zu Wort kommen. Auf der vorliegenden Doppel-CD befinden sich 38 Tracks von Big Names wie Thomas Schumacher, Gregor Tresher (im Bart-Skils-Remix), T78 & Cosmic Boys, Spartaque, Torsten Kanzler, Joyhauser oder Drumcomplex. Eine sehr zeitgemäße Techno-Zusammenstellung, die sich jedoch auf klassisch-knackigen Techno-Sound konzentriert und die aktuell harten Einflüsse vernachlässigt. Finde ich gut. 8 Points harthorst

Hier geht es zur Compilation.

The Chemical Brothers – For That Beautiful Feeling (Universal)

Da ist es nun, das zehnte Studioalbum der Chemical Brothers, einem der wohl schillerndsten Duos der elektronischen Musikszene. Was haben uns Tom Rowlands & Ed Simons nicht schon für Clubklassiker geliefert und auch als sie im Frühjahr ihre Single „No Reason“ – der erste Albumvorbote – veröffentlicht haben war klar, hier präsentieren sich die beiden in Topform, klingen frisch und neu, aber eben auch typisch Chemical Brothers. Der nun vorliegende Longplayer bestätigt den ersten Eindruck, dem Duo ist wieder ein großer Wurf gelungen, das beste Album seit vielen Jahren. „For That Beautiful Feeling“ – der Titel bringt es auf den Punkt: Hier werden die wilde Momente gesucht und gefunden, Sounds, die dich überwältigen, einfangen und zappeln lassen. Der Moment, in dem man die Kontrolle verliert und sich hingibt. Sei es mit der schräg-groovenden Collab mit Beck („Skipping Like A Stone“), dem tief ausholenden, vibrierenden „Feels Like A Dreaming“, das hektisch-pulsierende „Goodbye“ oder der hymnisch-klare Titelsong (feat. Halo Maud) als Finale – Rowland und Simons haben uns tief in ihren Bann gezogen. 10 Tech Guardiola

Total 23 (Kompakt Records)

Hinein in die 23. Runde, Kompakt Records bietet auf seiner neuen Ausgabe der „Total“-Reihe wieder mächtig guten Stoff für Freunde des kölschen Labels. Mit dabei sind auch die Gründungsmitglieder Michael Mayer und Jochen Paape, die beide ihre kosmisch-discogetriebenen Tracks „Talmi“ und „Iwanger“ ins Rennen schicken. Robag Wruhme sagt „Fire“ und rollt düster über den Dancefloor, während Kompakt-Debütantin Argia aus Madrid mit „No Concept“ charmant verspult und gebrochen Electro serviert. Ebenfalls debütierend der kölsche Jung M.A.P.E., der mit „Ice Cream Cake“ seine Synth-Stöße im Viervierteltakt verteilt. Urgestein Jörg Burger hingegen präsentiert mit „Cinematic Dance“ eine Mischung aus Soundtrack-Sound und Dancefloor-Abräumer mit Retro-Feeling. Am Ende der 13 Tracks umfassenden Compilation gibt es nochmal einen alten Hasen, Reinhardt Voigt wirft zusammen mit Eduard Weber „Endlich XXL“ in die Runde, einen herrlich durchgeknallten Mix aus Bier und Techno. 10 Dieter Underground


Aus dem FAZEmag 139/09.2023