Poolside – Frei und ungefiltert

Foto: Andrew Rosas

Angekündigt hatte der in Los Angeles lebende Produzent, Songwriter und Multiinstrumentalist Jeffrey Paradise aka Poolside sein neuestes Werk vor wenigen Wochen mit der neuen Single „Float Away“. Am 20. Oktober ist dann auf Counter Records „Blame It All On Love“, das vierte Studioalbum des US-Amerikaners, erschienen. Auf elf Titeln changiert er dabei zwischen funky gefühlvollen, entspannten Pop-Attitüden.

Zeitgleich kehrt Poolside mit dem neuen Werk zu seinen Live-Wurzeln zurück, noch nie standen die Vocals so sehr im Mittelpunkt: „Ich habe 15 Jahre damit verbracht zu sagen: ,Scheiß auf eure Regeln‘, und jetzt habe ich endlich das Gefühl, dass ich nichts und niemandem mehr etwas beweisen muss. Es ist einfach ein reiner, ungefilterter Ausdruck, und deshalb freue ich mich so sehr auf dieses Album.“ Warum er dabei alles auf die Liebe schiebt? Weil wir so ziemlich alles in unserem Leben aus Liebe tun, sagt er: „…auch wenn es nicht offensichtlich ist. Selbst wenn du deinen Job hasst, tust du ihn wahrscheinlich aus Liebe zu etwas anderem, das du gerne tust. Du musst den Job machen, den du nicht magst, damit du die Dinge tun kannst, die du liebst. Ich glaube, dass wir alle auf unterschiedliche Weise angetrieben werden, und es scheint, als ob die Liebe uns auf irgendeiner Ebene motiviert, sei es die romantische Liebe oder eine andere Art. Manche Dinge, die man tut und die gut laufen, schiebt man auf die Liebe. Folgt man einer Leidenschaft und gewisse Dinge gehen schief, kann man quasi der Liebe auch die Schuld dafür geben. Man war verliebt, welche Wahl hatte man also? Man musste seinem Herzen folgen. Genau das habe ich in diesem Album getan.“

Ganze anderthalb Jahre hat diese Liebesreise gedauert, ehe das Album im Kasten war: „Meine Arbeitsweise beim Schreiben besteht darin, nicht stehen zu bleiben, nichts zu perfektionieren, sondern einfach ein gutes Grundgerüst zu erstellen, ein paar Melodien in den Mix zu werfen und es so weit zu bringen, dass alle Ideen da sind, sodass man, wenn man nicht weiterkommt, zu einer neuen Sache übergehen kann. Dann fange ich an, alles zu verbessern und neue Ideen und Instrumente auszuprobieren, indem ich die ursprünglichen Mixe durch verschiedene Geräte jage.“ Dabei hat Poolside auch mit einigen weiteren Künstler*innen kollaboriert, darunter Vansire aus Minnesota zum Beispiel: „Ihr Manager ist ein Freund von uns und ich kannte und mochte ihre Musik schon. Wir schickten Vansire einen Song und sie schickten ein paar Vocals zurück, die wirklich gut waren, aber zu dem Zeitpunkt überhaupt nicht zum Arrangement des Songs passten. Also habe ich den Song in letzter Minute umarrangiert. Ich änderte den Schwerpunkt der Instrumentierung und ließ sie eine zweite Strophe singen, und das war es dann auch schon! Sie haben wirklich gute Arbeit geleistet. Wir haben das Musikvideo zusammen gedreht und sind gute Freunde geworden. Ich mag Josh und Sam wirklich sehr, sie sind wirklich coole Typen und wir haben uns, glaube ich, zweimal in New York getroffen und dann eine Woche bei mir zu Hause in L.A. Ich liebe es, wenn aus einer Zusammenarbeit Freundschaft wird.“

Generell ist Poolside ein Freund von Kollaborationen. Die ersten fünf Jahre führte er das Projekt mit einem Freund: „Poolside war anfangs eine Reaktion auf Dubstep und harten EDM, der vor elf Jahren sehr populär war. Es war also eine Rebellion dagegen und es ging darum, den Leuten zu beweisen, dass sie quasi im Unrecht sind: ,Ich kann Tanzmusik machen, die superlangsam und nicht supertanzbar ist‘, aber Tanzmusik, die sich immer noch wie etwas anfühlt, das man beweisen muss.“ Diesen Drang hat er mittlerweile abgelegt: „Ich bin mit meiner Musik da angekommen, wo ich hinwollte. Wenn ich jetzt ins Studio gehe, ist die einzige Option, die wirklich zählt, wie ich mich musikalisch ausdrücken kann.“

Dieser Tage beendet Poolside seine Album-Tour, die ihn mit Band seit Mitte September quer durch die Staaten geführt hat: „Die Tour war unglaublich, ich bin begeistert von meiner Band – darunter Mitglieder von The Rapture und andere meiner Lieblingsmusiker. Ein paar wirklich gute Momente hatten wir beim Austin City Limits Music Festival am zweiten Wochenende, die Menge war einfach nur überdreht. Wilmington war ziemlich interessant, ein großes, fast ausverkauftes Amphitheater. Outside Lands, die erste Etappe der Tour, war auch fantastisch. Ich glaube, wir haben vor 40 oder 50.000 Leuten gespielt – das war verrückt. Es gibt eine Menge Erinnerungen, die ich für immer behalten werde.“ Für die kommenden Wochen stehen einige DJ-Sets auf seiner Agenda, ehe es im Januar wieder auf Tour geht: „Ich werde in meinem Proberaum sitzen und meine Gitarre, mein Klavier und meinen Gesang auf Vordermann bringen. Ich werde einen kleinen Urlaub machen, mich ein bisschen ausruhen, in meiner Küche kochen und in meinem eigenen Bett schlafen (lacht).“

Aus dem FAZEmag 141/11.2023
Text: Triple P
Foto: Andrew Rosas
www.instagram.com/poolside