Ronald Christoph – Im Einklang mit dem Groove

Als Produzent, Musiker, Live Act und Labelbetreiber ist Ronald Christoph aus Berlin nicht nur seit Jahren enorm umtriebig, sondern wird auch auf internationalem Parkett gefeiert. Mit Gigs rund um den Globus und Releases und Remix-Produktionen auf Labels wie Cocoon, Kater Mukke, Exploited und International DJ Gigolo Records hat er sich über die Zeit eine weltweite Fangemeinde erspielt. Mit Millionen von Plays auf seinen Streamingportalen und einer beachtlichen Werkschau an Vinyl- und Digitalreleases von Techno, über House bis Downtempo aus über 20 Jahren Aktivität in der Szene ist Ronald Christoph voller Tatendrang und rief erst kürzlich sein zweites Label ins Leben.  

Zum Einstieg drehen wir die Zeit ein wenig zurück. Gab es einen essentiellen Moment, der Dich zur elektronischen Musik und zum Produzieren sowie als Live Act vor Publikum gebracht hat?

Es war 1994. In meiner damaligen Heimatstadt Kamenz gab es einen Technoclub, der von DJs und enthusiastischen Jugendlichen betrieben wurde. Die Feuerwache. Ich denke, dieser Crew verdanke ich 95% meiner Initialzündung. 5% kam durch meine Liebe zu elektronischen Musikinstrumenten und von Platten wie Oxygene von Jean-Michel Jarre. 

Du blickst auf mehr als zwanzig Jahre Musikbusiness – welche Lehren ziehst Du aus der Zeit und welche besonderen Momente werden Dir wohl ewig im Gedächtnis bleiben?  

Was wir an unserer Subkultur hier haben, dürfen wir uns nicht kaputt machen lassen. Dafür lohnt es sich zu kämpfen. Auch für das Publikum. Denn für 15 Euro eine ganze Nacht zu wirklich geiler Musik abraven zu können, ist kein Selbstläufer. Ich finde es verrückt, eine Karriere in der Technoszene nach dem Abbild bekannter Popstars aufzubauen. 

Der schönste Moment, in dem irgendwie alles passte und ich vor Glück ständig weinte, war für mich meine Geburtstagsparty im Juli 2009.  Die Maxi-Single „Underground Limbo“ war ein paar Tage vorher erschienen und bei mir klingelte alle 10 Minuten das Telefon, weil sie überall auf der Welt gerade so gefeiert wurde. 

Wie, würdest du sagen, hat sich dein Musikgeschmack in dieser Zeit entwickelt?  

Er ist immer, nach meinem Gefühl, immer besser geworden. Das Spektrum wird immer breiter und ich suche eigentlich eher nach Perlen, als nach Stilen.

International bekannt wurdest Du unter anderem auch durch Deinen Track „Take Off, Baby!“ – der bis heute viral rund um den Globus läuft. Kann man so etwas planen?

Leider kann ich das nicht und möchte es auch nicht unbedingt. Ich ziele also nicht auf einen bestimmten Impuls.

Du hast über die Jahre auf international bekannten Labels veröffentlicht. Was ist Dir bei der Zusammenarbeit mit einem Label besonders wichtig?

Wenn ich als Projektpartner, Featuring oder Co-Produzent erscheine, bin ich da manchmal gar nicht so stark involviert. Wenn ich es als Einzelkünstler betrachte, sollten die Labels nach meiner Auffassung gut vernetzt sein. Die Großen sind das meist. Ich erhoffe mir auch auch eine gewisse Offenheit für die Wünsche der Künstler. Toll ist es, wenn man gut in den Zeitplan eingebunden wird. Dann bekommt man die wichtigen Phasen des Releases früh genug mit und kann die eigenen Aktivitäten dazu koordinieren.

Auf Deinem eigenen Label Evamore released Du ebenfalls kontinuierlich. Was hast Du mit dem Label in 2022 geplant?

Mein Release „More Reactive“ steht direkt in den Startlöchern. Es ist ein melodiöser, energetischer Detroit House Track. Es sind für dieses Jahr aber noch mindestens zwei oder drei weitere Releases auf Evamore geplant. Es bleibt spannend.

Nun hast Du auch ein neues Technolabel an den Start gebracht. Was hat es mit „Gottart“ auf sich?

Gotthard ist ja mein zweiter Vorname. Und so ist es auch mit dem Label. Es soll meiner zweiten, härteren, raueren Seite eine Heimat geben. Halbtaktloops, Polyrhythmen und industrielle Hallen.

Du hast in wirklich vielen Clubs und Festivals in Europa als Live Act performed – in welche Städte und Länder würdest Du gerne noch reisen um zu spielen?

Ich würde sehr gern wieder in Russland spielen. Ich mag die Menschen dort und es tut mir in der Seele weh, wie wenig wir gerade voneinander mitkriegen. Das darf nicht so bleiben! Europa war immer ein Pulverfass und gerade knirscht es wieder gewaltig. Auch vor dem ersten Weltkrieg gingen die Probleme von einem Land aus, welches gerade einen neuen Weg suchte und innerlich zerrissen war. 

Damals Serbien, heute ist es die Ukraine. Diese Probleme werden sich alle politisch lösen lassen. Das dauert eben. Wir aber müssen Frieden halten, sonst werden wir grausame Zeiten erleben! Lasst uns sofort einen friedvollen Kulturaustausch ins Leben rufen, nach Russland fliegen und Freunde finden.

Und wie sehr hat Dich die Pandemie als Künstler bisher getroffen?

Es wird bei mir noch Jahre dauern, bis die Folgen kompensiert sind. 

Was steht für Dich in der nächsten Zeit an?

Es wird weitere Releases von Steve Cole und Ronald Christoph auf Gottart geben. Mit dem aufstrebenden, sehr talentierten Berliner House DJ Philipp Frueh haben wir einige sehr geerdete New-York-House Tracks gebastelt. Diese werden wir noch ab Mai auf Ghorucz Recordings veröffentlichen. Ganz zeitnah erscheint auch der Track Lost Soul mit dem britischen DJ Ben Spalding auf seinem Label Puzzles Project.

Ronald Christoph auf Spotify