Rony Seikaly – The Spin Doctor

Credit: Ton Gomes

14,7 Punkte, 9,5 Rebounds und 1,3 Blocks pro Spiel. So die beeindruckende Statistik, die der libanesisch-US-amerikanische Basketballer während seiner zwölfjährigen Karriere in der NBA hinlegte. Seine 2,08 Meter Körpergröße steckte dabei in zahlreichen, glamourösen Trikots wie denen von Miami Heat, Golden State Warriors und New Jersey Nets. Bekam er während seiner aktiven Zeit als Spieler den Namen des Spin Doctor verliehen, sieht es ganz danach aus, dass Rony Seikaly auch in der elektronischen Szene einen wahren Siegeszug hinlegt. Seit über einem Jahrzehnt ist er nunmehr in der globalen House-Szene aktiv und hat dabei schon zahlreiche ikonische Venues gespielt und auf Labels wie Subliminal, Yoshitoshi, Moon Harbour, Saved und Suara releast. Nun erscheint am 6. Mai mit „Moonwalk“ sein Debüt-Langspieler auf seinem eigenen Label Stride. Und lang ist in diesem Fall wörtlich zu nehmen, präsentiert Seikaly auf dem Doppel-Album doch sage und schreibe 26 Titel, darunter Kollaborationen mit Künstler*innen wie Sean Combs aka der berühmt-berüchtigte Diddy, dem venezolanisch-iranischen Urban Artist Sasha, Ahlux und anderen.

Zu hören gibt es über zwei Dutzend Titel voller atmosphärischem, deepem und eingängigem House, mit dem sich Seikaly bereits in den letzten Jahren einen Namen im elektronischen Kosmos machen konnte: „Es ist eine eklektische Ansammlung von Tracks, die ohne Einschränkungen von Genre-Schubladen oder Ähnlichem entstanden ist. Musik, die ich fühle, und das Resultat ist eine House-Musik-Story, die aus meinen tieferen Gefühlen in dem Moment entstanden ist.“ Dabei sieht er „Moonwalk“ auch als eine Art Reise: „Darum ging es in meiner Musik schon immer. Ich mag Musik, die eine Geschichte erzählt, und dieses Album ist eine besondere. Angefangen hat alles während des Lockdowns. Ich hatte viel Zeit und habe mich monatelang im Studio eingeschlossen, ohne mich um etwas anderes kümmern zu müssen. Ich kam in einen guten Rhythmus und beschloss, ein Doppelalbum zu machen. Es war eine tolle Erfahrung, die ich wirklich genossen habe.“ Im Studio ergab er sich schlichtweg dem Flow, begann die jeweiligen Titel entweder mit den Percussions, den Vocals oder der Bassline: „Ich glaube fest daran, dass man sich entweder weiterentwickelt oder recht schnell keine Rolle mehr spielt. Ich mache meine Musik nicht danach, was gerade angesagt ist und wer was spielt. Ich arbeite an Ideen, die ich aus meinem Inneren heraus erschaffe und die daher sehr persönlich sind, sozusagen ,out of the box‘. Mein Musikgeschmack ändert sich oft, also versuche ich, mich ständig weiterzuentwickeln und nie in meiner Komfortzone zu bleiben.“

Besonders die Deep-House-Hymne „Ephemeral“ kann dabei als Paradebeispiel seiner persönlichen Weiterentwicklung angesehen werden. Aber auch die Kollaborationen mit Diddy und Sasha: „Für den Song mit Sasha wollte ich einige der Latin-Vocals einfließen lassen, melodisch und gleichzeitig ansteckend. Was Diddy angeht, so sind wir schon eine Weile befreundet und haben schon seit einiger Zeit darüber gesprochen, etwas zusammen zu machen. Die perfekte Gelegenheit ergab sich also, als ich ihm erzählte, dass ich an meinem Debütalbum arbeite.“ Und auch wenn das Werk gerade erst in den Startlöchern steht, sind bereits zahlreiche namhafte Remixe geplant: „Ich freue mich riesig auf die neuen Interpretationen und zu sehen, was so großartige Künstler*innen mit meinen Originalen anstellen. Wir haben Paco Osuna, Joseph Capriati, Andrea Oliva, Black Circle, Davide Squillace, Mathias Tanzman, Davi, Furcoat und viele mehr.“ Ansonsten arbeitet der in Miami ansässige Seikaly an weiterem Output für sein Label: „Wir haben viele spannende Veröffentlichungen und Kollaborationen in diesem Jahr und im Jahr 2023 vor uns. Ich möchte, dass das Label für Künstlerinnen und Künstler da ist, die sich nicht scheuen, über ihren Tellerrand hinauszuschauen und ihren eigenen Stil zu entwickeln. Außerdem freue ich mich riesig auf meine Shows u.a. bei Circoloco, im Pacha mit Bedouin und im Heart mit Guy Gerber sowie auf viele andere Gigs in Mykonos.“

Aus dem FAZEmag 123/05.22
Text: Lisa Bonn
Credit: Ton Gomes
www.instagram.com/ronyseikaly