Im Jahr 2021/2022 entschied der Stadtvorstand in Neustadt an der Weinstraße, wie auch im Anschluss der Stadtrat einstimmig, dass das Areal in der Winzinger Straße 10 als Sondergebiet für kulturelle Nutzung in den neu aufzustellenden Bebauungsplan „Winzinger Spange“ eingearbeitet werden soll. Es herrschte in der Stadt genereller Konsens darüber, dass an diesem Ort Kultur nachhaltig etabliert werden soll. Aufgrund des Beschlusses konnten sich Interessierte mit einem Konzept bewerben, von den vier Bewerber*innen wurde schließlich ein Konzept am Ende einstimmig, fraktionsübergreifend vom Hauptausschuss der Stadt Neustadt ausgewählt. Das war die Geburtsstunde der Socu e.V. und später auch der Soku GmbH. Auf dem 7000 Quadratmeter großen, ehemaligen Bahngelände befinden sich insgesamt drei Gebäude sowie weitere Flächen, die allesamt unterschiedlich genutzt werden, bzw. für Kunst-, Kreativ- und Kulturprojekte umgebaut werden. Wir haben mit Hardy Heller, seines Zeichens DJ, Produzent und Label-Chef von Ohral und ebenfalls im Projekt involviert, gesprochen.
Hardy, erzähle uns über das Soku-Areal. Im Clubgebäude gibt es bis zu drei Floors, aber das ist bei Weitem noch nicht alles. Korrekt?
Das stimmt, ja. Der Club nimmt nur einen kleinen Teil des uns zur Verfügung stehenden Areals ein. Das Gelände hat über 7000 Quadratmeter und wurde um 1920 herum erbaut. Neben dem Club gibt es zwei weitere Gebäude. Eine Halle, die vorher als Bushalle diente, wurde mittlerweile in ein Konzerthalle verwandelt. Allerdings ist hier noch einiges zu tun bevor sie bespielt werden kann. Das dritte Gebäude dient als Vereinsheim. Die Idee ist hier, beispielsweise Kreativwirtschaft und Vereinen eine Heimat zu geben, auch um spannende Synergie-Effekte zu initialisieren. Ansonsten beinhaltet das Gelände einen ziemlich tollen bewaldeten Garten und einen großen Innenhof, welche wir auch für Events im Sommer nutzen.
Es fühlt sich an, als herrsche aktuell wieder ein enormes Clubsterben. Umso erfreulicher ist es, dass solch ein großes Gelände kulturell bespielt wird bzw. werden soll. Wie ist es überhaupt dazu gekommen?
Einerseits hat sich unsere Heimatstadt Neustadt durch die entsprechenden Gremien mit Stadtvorstand, Hauptausschuss und Stadtrat dazu bekannt dieses Areal einer dauerhaften kulturellen Nutzung zuzuführen. Dies sogar – wenn ich mich recht entsinne, ich bin selbst Mitglied des Stadtrats – einstimmig. Nach dem Commitment der Stadt konnte man sich mit einem Konzept bewerben und unseres wurde am Ende des Tages unter mehreren ohne Gegenstimmen gewählt. Auf der anderen Seite, da die Nummer ein absolutes Mammutprojekt ist, bedurfte es auch diverser Personen, die eben entsprechend Leidenschaft, Willen, Visionen mitbringen sich einem solchen Projekt zu stellen.
Wie ist euer Team aufgestellt und welchen Background haben die jeweiligen Protagonist*innen bei euch und wie habt ihr zueinander gefunden? Ihr seid Verein aber auch GmbH.
Politische Prozesse dauern ja gerne ein paar Tage. Neustadt hat auf Grund seiner Größe den Vorteil, dass „man sich kennt“. So fanden sich schnell Leute, die an dem Projekt mitwirken wollten, bei regelmäßige Treffen ein umfangreiches Konzept erstellten. Unsere Motivation liegt dabei vor allem darin, da wir selbst fast alle Neustädter*innen sind, unserer Heimatstadt einen Mehrwert zu geben. Entsprechend haben wir uns als gemeinnützigen e.V. gegründet, später teilte dann unser Steuerberater mit, dass bei unserem Vorhaben unbedingt Minimum eine GmbH mitgedacht werden sollte. Von einem schon Jahre aktiven Konzertveranstalter, einem Kulturberater, einem renommierten Handwerker, einem professionellem Schlagzeuger, einem professionellen Partygänger, einer GmbH – die im Bereich Entwicklung von 3D Sound aktiv ist – bis hin zu mir – mit Background A&R & Eventmanagement unter dem Trademark Ohral – ist da vieles geboten. Das ist aber auch nur die halbe Wahrheit, denn auch wenn wir schon ein paar waren, ohne unsere zahlreichen weiteren Helfer*innen wäre das alles, was wir bis dato schon bewegt haben, kaum realisierbar gewesen.
Wie ist eure grundlegende Idee, beziehungsweise Vision?
Wir wollen einen besonderen Ort in und für Neustadt erschaffen und ihn für viele erlebbar machen. Inhaltlich setzen wir uns wenig Grenzen, dafür aber sehr auf Diversität. Zwischenmenschliche Begegnung und Kultur nachhaltig erlebbar machen ist uns sehr wichtig. Communities, regionalen Künstler*innen, Vereinen, Kultur eine Heimat geben, sie zusammenbringen. Vor allem aber wollen wir Andere für die Sache begeistern, die Flamme an die nächste Generationen weitergeben.
Ihr hattet bereits einige renommierte Gäste vor Ort. Erzähle uns von den ersten Events.
Unser erstes Event war im Herbst 2022. Nachdem wir schon fleissig auf dem Gelände gerührt hatten kam die Idee auf, dass „malochen“ in der Gemeinschaft zwar auch was hat, aber so eine Party halt doch auch schön ist. Schnell waren wir bei der Headline „Under Construction“ und bei unseren Corporate Identity Farben schwarz und gelb. Diese Farben signalisieren was bei uns Sache ist: Baustelle samt Fortentwicklung. Ich ging dann schlicht auf diverse Communities und Locals aus der Region zu, vor allem auch die ganz jungen um – entsprechend unserem Credo – etwas gemeinsam zu bewegen. Die erste Party mit lokalen Künstler*innen war direkt mit einem Einlassstop gesegnet. In der Folge haben wir dann Locals regelmäßig die Möglichkeit gegeben sich bei uns zu entfalten. Andererseits, auf Grund meiner persönlichen Freundschaften & Netzwerk konnten wir auch namhafte Künstler*innen zu uns in die wunderschöne Pfalz lotsen. So waren z. B. Extrawelt, Marco Resmann, Anna Reusch, Marc DePulse, Dilby, Gorge die 3000Grad Crew mit Molle, Stephan Zovsky, Jpatterson und mehr bei uns. Da wir jetzt nicht über die ganz große Kapazität im Club verfügen, setzt dies natürlich voraus, dass solche Artists einfach auch Bock haben uns, unser Projekt und generell die Basis unserer Szene zu unterstützen und nicht Festivalmondpreise aufrufen. Danke an der Stelle unbedingt dafür. Rückmeldung war dann auch regelmäßig, dass wir eine tolle, diverse, bunt gemischte Feiercrowd haben. Des Öfteren waren wir im ersten Jahr „sold out“.
Wie hat sich das Projekt daraufhin entwickelt?
Es war ein schönes Gefühl, zeitgleich war aber auch klar: das Projekt ist riesig und quasi jeder Cent wird benötigt, um das Gelände weiter zu entwickeln. Sound, Licht, Lüftung, Bagger, Baumaterialien. Wie gesagt, neben Events haben wir auch immer, quasi durchgängig eine wilde Baustelle am Laufen, um das Projekt voranzutreiben. Elektronische Musik ist auch nur ein Teil dessen, was bei uns passiert: so hatten wir bereits auch tolle Live-Konzerte im Bereich Blues, Country aber auch Indie, Pop und Rock, genauso wie Events speziell für Jugendliche und Kindern. Fazit kann nach etwas mehr als einem Jahr nur sein, dass wir einerseits sehr dankbar unseren Helfer*innen und Gäst*innen für deren Support sind – das hätte alles auch viel schlechter laufen können. Dass es aber auch ein extrem forderndes, zeit- und kostenintensives Projekt ist, das auch die nächsten Jahre mindestens genau diesen Support brauchen wird, um uns allen dieses Kleinod nicht nur zu erhalten, sondern es auch kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Was ist konkret für die nächsten Wochen und Monate geplant?
Im elektronischen Bereich wird es neben Locals auch wieder ein paar Highlights wie Karotte, Anna Reusch, den legendären UMEK aus Slowenien, Klanglos, A.N.A.L., EAT THE BASS aus Berlin und viele mehr geben. Total spannend auch hier, dass wir eine Helferin in unserem Team haben, die einfach Lust auf Booking hatte und ganz spontan in die Bütt gesprungen ist, um mal eben einige der Künstler zu buchen. Wie beschrieben geben wir Locals gerne eine Möglichkeit, lassen motivierte Leute mitwirken. Kürzlich gab es auch einen DJ-Workshop für Jugendliche bei uns. Binnen Stunden waren die Plätze vergeben. Das Leuchten in den Augen der Jugend zu sehen – phänomenal. Eine Teilnehmerin ist inzwischen volljährig, sie wird dann bald auch ihr Debüt bei uns geben, als Warm-up bei Anna Reusch.
Wie sieht generell die Zukunft auf dem Gelände aus?
Wir werden noch Jahre daran Spaß haben, das Gelände weiter zu entwickeln, da sind wir alle sehr klar. Wir begreifen es als Reise und sollten wir hinten fertig sein, sind wir sicher, dass wir vorne wieder Dinge neu machen wollen werden (lacht).
Aus dem FAZEmag 143/01.2024
Text: Triple P
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