Stefan Gubatz – Über eine lange Distanz

„Die graue Stadt am Meer“ – so betitelte einst Theodor Storm seine Heimatstadt Husum. Und so trist und ausweglos das vielleicht im ersten Moment klingt, so spannungsvoll und faszinierend wirkt das auf Stefan Gubatz, der ebenfalls in der nordfriesischen Stadt aufgewachsen ist und den die dortige Atmosphäre auch bei seinem musikalischen Schaffen immer wieder beeinflusst. So jetzt auch auf seinem Debütalbum „Distanz“, das dieser Tage auf telrae veröffentlicht wird.

Die musikalische Früherziehung begann im Kindesalter mit einem Casio Keyboard und führte Stefan zu diversen Bands einem Amiga 500 und nach und nach zu immer mehr Hard- und Software für elektronische Musik. Es entstanden so seit der Jugend viele hundert Tracks in seiner Freizeit, denn hauptberuflich ist der Grafiker, dies aber auch im weiten Feld der elektronischen Musik. „Ich wolle schon immer Musik machen, habe aber– natürlich auch auf das Drängen der Eltern hin – den konservativen Weg eingeschlagen, etwas mit Hand und Fuß zu lernen.“ Eine Einstellung, die er bis heute beherzigt und die den kreativen Musikoutput in keinster Weise eingeschränkt hat. Dennoch war der Weg zum ersten Album recht steinig, da die Tracks meist gar nicht zusammenpassten, er von Genre zu Genre sprang und so jedes Mal einen neuen roten Faden auslegen musste, dem er dann doch nicht folgte. „Es passte einfach nicht zusammen, das habe ich auch immer wieder bedauert“, bis es dann doch schließlich funktionierte. Es war vor mehr als vier Jahren im Wartebereich des Flughafens von Bologna, der Rückflug von einem DJ-Gig hatte Verspätung. Diese Orte, wie Inseln im hektischen Luftverkehrsbetrieb zwischen Abflug und Ankunft, haben eine sehr spezielle Atmosphäre, die den 33-Jährigen nachhaltig in diesem Moment beeinflusste. Es entstand der erste Track des Albums, da war er sich sofort sicher: „Als ich den Track fertig hatte, da kam er mir so vertraut vor und ich habe sofort gemerkt, dass man das ausbauen kann und das da was wartet, was produziert werden will“, beschreibt er die Situation. Schließlich entstand im Anschluss innerhalb eines Jahres das ganze Album und nur kurze Zeit später nahm die Geschichte ihren Lauf, als er im Studio von Emanuel Geller von Salz war und dort mit Riley Reinhold ins Gespräch kam, der mit seinem Label Traum Schallplatten im Büro nebenan saß. Stefan drückte ihm kurzerhand ein Demo in die Hand, und so kamen sie zusammen. Riley hatte konkrete Pläne für ein Dubtechno-Imprint und nun einen Mitstreiter gefunden, mit dem der Launch umgesetzt wurde. telrae ging im im August 2010 als 10Inch-Label an den Start, für das er das Artwork übernahm, Tracks und Remixe und jetzt auch das erste Album ablieferte – doppelte Premiere.

„Egal, was genremäßig bisher auch immer war, atmosphärische Weite fand ich immer toll“, definiert Stefan das Element, das sich durch die Platte zieht, um Dubtechno mit Ambient-Klängen zu verschmelzen. Und obwohl das Werk gerade erst kurz vor der Veröffentlichung steht, macht er sich schon intensiv Gedanken über den Nachfolger: „Ich will was Neues machen, fände es schrecklich, mich zu wiederholen. Und ich möchte vor allem keine Erwartungen erfüllen. Aber ich möchte auch, dass es dem ersten folgt, dass die Linie weitergeführt wird. Schwierig.“ Hoffen wir nur, dass der rote Faden schnell gefunden ist und wir nicht allzu lange auf Album #2 warten müssen. / Tassilo Dicke

www.gubatz.net

FAZE 010/12.2012