Das Jahr 1993 war vermutlich nicht das Jahr, in dem wir Kontakt aufnahmen, aber es war das Jahr, als sich The Advent gründete. Ein Act, der schnell für Furore sorgen sollte und dessen Name unweigerlich mit dem Technosound der 90er-Jahre verbunden ist, was auch die Labels zeigen, auf denen das damals aus Cisco Ferreira und Colin McBean (aka Mr G) bestehende Duo veröffentlichte. Heute wird The Advent von Ferreira alleine geführt und damit ist er nach wie vor enorm populär und umtriebig. Sowohl als Liveact, wie auch im Studio. Auf Cari Lekebuschs H-Productions Label wurde gerade ein neues Album namens „Sonic Intervention“ veröffentlicht.
Seit dem Vorgänger ist tatsächlich schon einige Zeit verstrichen, dass man sich fragt: Warum eigentlich? „Bei Alben brauche ich für gewöhnlich immer eine ganze Weile zur Vorbereitung“, erklärt uns Cisco die lange Zeitspanne. „Bei den letzten waren das jeweils über fünf Jahre. Nachdem ich auf H-Productions ein paar Platten veröffentlicht hatte, redete ich mit Cari über ein mögliches The Advent-Album und darüber, welche Einfälle ich dafür so habe. Meine Hauptidee war, alle meine Musikstile auf einem Longplayer zu vereinen. Denn die Vorgänger widmeten sich stets nur einem Stil, etwa Techno, Electro oder Tech House. Daher ist ‚Sonic Intervention‘ das erste Album, das all meine Einflüsse widerspiegelt. Hinzu kommt, dass jene Fans, die mich schon seit den 90ern kennen jetzt älter sind und all die Veränderungen mit mir mitgemacht haben. Ihnen gebe ich damit auch etwas zurück.“ In der Musikindustrie selbst war Cisco Ferreira schon vor dem Start von The Advent aktiv. Ende der 80er arbeitete er etwa als Toningenieur für das britische Jack Trax Label, das für Releases von legendären Acts aus Chicago und Detroit bekannt war. Blickt er heute auf die vielen Jahre im Business zurück, kommt er natürlich nicht umhin, manche Veränderung wahrzunehmen. „Dadurch, dass die Künstler heute Computer verwenden, ist es für sie viel einfacher geworden, Musik zu produzieren. Die Studiotechnologie hat sich ganz offensichtlich dahin entwickelt. Früher war ‚digital‘ nur etwas, das man der Musik hinzugefügt hat. Mit Hardware und analogem Equipment zu arbeiten war eher eine Herausforderung, was es für mich auch interessant machte, sich dazu zu motivieren, ins Studio zu gehen und Tracks zu erschaffen. Die Veränderungen der Industrie haben es heute einfacher für die Künstler gemacht und die Software ist für alle zugänglich. Aber das ist nicht immer gut, denn dadurch erscheint auch viel miese Musik und jeder nutzt die gleichen Programme und Techniken. Somit geht die Persönlichkeit eines Künstlers verloren …“ Man merkt dem Briten die Leidenschaft an, mit der hinter der Musik steht und die, wie er betont, sein Hauptantrieb ist. „Ohne Leidenschaft verlierst du den Hunger“, sagt er dazu treffend. „Meine allererstes Veröffentlichung hatte ich 1987/88 auf Ferrari Records (R&S Records), und ich empfinde immer noch so wie damals. Natürlich hat man auch Tage, an denen nichts herauskommt, und man ist frustriert. Aber da setzt dann die Leidenschaft wieder an. Und je mehr man in Studiozeit und Musik investiert, desto mehr verbesserst man sich. Das ist das Tolle an elektronischer Musik, deine Vorstellungskraft ist dein Schlüssel zum Machen und Erschaffen.“
Wie von Ferreira erwähnt, kredenzt er mit dem neuen Album jetzt eine besondere Reichhaltigkeit an Stilen elektronischer Tanzmusik. Das wirft andererseits wieder die Frage auf, wie wichtig musikalische Variation allgemein für ihn ist: „Ich denke, dass es bei Alben prima ist, seine Produktionstechniken auszudehnen und andere Stile auszuprobieren. Gut bei einem Album ist ja, dass man Ideen erforschen kann und dann schaut, wohin es einen führt. Bei Electro finde ich es schön, dem Genre, das mich zur Studioproduktion brachte, etwas wiederzugeben. Ich machte wirklich in B Boy’ing und Graffiti. Und Electro war der Soundtrack zu dieser Zeit. Vergiss niemals, wo du herkommst! Durch Techno zu meinen Studioanfängen und mit Derrick May zu arbeiten und zu reisen, lernte ich wirklich sehr viel darüber, wo die Musik herkam. Detroit öffnete 1987 für mich das Tor. Damals steckte die Szene in UK und Europa in Kinderschuhen. Es gab keine Festivals, Raves oder Warehouse Parties.“ Dass jemand mit einer so schillernden Vergangenheit intensiv über die Materie zu sinnieren versteht, belegt auch das Gespräch mit unserem Magazin deutlich. Mit dem Titel des neuen Werks „Sonic Intervention“ verbindet The Advent dann eine bestimmte Vorstellung. „Ein Albumtitel ist immer wichtig, bereitet er doch die Stimmung der Platte und der musikalischen Reise, auf die du dich begeben willst. Als Produzenten mischen wir stets die Dynamiken des Klangs und kreieren Schall, daher machte es für mich Sinn, das im Albumtitel widerklingen zu lassen, denn ich schuf all diese Styles von Musik, die für dieses Projekt zusammenkamen, und jeder hatte seinen eigenen Effekt auf das Gefühl des Albums.“ Ein Schlüsselmoment für die Platte war für The Advent die Erkenntnis, die Arten von Musik anzusteuern, die ihn in der Vergangenheit beeinflusst haben und somit mehr Stile zu verbinden als zuvor. „Es ist immer wichtig, eine Vision zu haben, besonders bei Alben. Denn damit kann man sein Publikum mit auf Reisen nehmen. Mit ‚Sonic Interventions‘ mache ich nun genau das.“ Neben Cari Lekebusch, Paris Da Black Fu und Jason Fernandes ist auch Industrialyzer mit an Bord der neuen Platte. Mit diesem, bürgerlich Ricardo Rodriguez, hat Cisco auch schon in den vergangenen Jahren gearbeitet, was langjährige The Advent-Beobachter vielleicht etwas verblüffte. „Bevor ich mit Ricardo zu arbeiten begann, produzierte ich immer alleine. Es gab keine Kollaborationen. Ich war ein reiner Solokünstler, und nachdem Colin McBean und ich uns trennten, dachte ich auch nicht daran, mich mit jemand anderem zusammenzuschließen. Doch nach vielen Jahren der Soloarbeit war es an der Zeit, etwas Neues zu beginnen. Damals durchlief die Technoszene einen Wandel in Richtung Minimal/Tech House und ich wollte den gleichen Weg, den viele gingen, nicht auch noch mit The Advent beschreiten. Nachdem ich dann Ricardo bei ein paar Events in Holland getroffen und er mir einige Demos geschickt hatte, entschied ich mich dafür, sein Lehrmeister zu werden und zusammen mit ihm neue Ideen auszuprobieren. Das ‚Wiedererfinden‘ des Technosounds, von dem ich dachte, dass er der Szene fehlte, dauerte allerdings etwas. Doch nach ein paar Jahren des Experimentierens im Studio hatten wir unser erstes Release als The Advent & Industrialyzer auf meinem Label Kombination Research und später auf Drumcode, 1605 und Mb Elektronics. Wir erhielten viel großartigen Zuspruch darauf und so entstand unser Sound.“
Kurz und knapp – The Advent zu:
Reisen
Handgepäck ist ein Muss für mich.
Oldschoolklänge
Analoge Synths, saubere Distortion.
Die Clubszene in UK
Früher war sie episch, schön zu sehen, dass sie jetzt wieder aufsteigt.
Digitales Auflegen
Jeder kann jetzt DJ werden.
Cari Lekebusch
Nordischer Technomeister, der die schwedische Szene der Welt nahegebracht hat.
Lieblingsdrum
Die 909.
Das verrückteste Technopublikum der Welt
Die Ungarn.
Technische Probleme
Schlechte Kabel.
Vocals in Technotracks
Funktionieren nicht immer.
Zusammenarbeit
Kombination Research.
Divas
Egos.
Melodie oder Bassline zuerst?
Bassline.
Die Zeit bei Jack Trax
Unvergessen.
Größter Erfolg
4th Sign mit CJ Bolland & Elements Of Life
Experimente
Bei Techno geht es um Experimente
Am meisten überbewerteter Musikstil
Kommerzieller Radio One Dance Music Mist.