There’s More To Life Than … (März)


Angehört von baze.djunkiii (Intrauterin Recordings/nitestylez.de)

… silence. Denn auch wenn kontemplative Stille durchaus etwas Beruhigendes und Angenehmes haben kann, ist die Verunreinigung eben jener durch das Phänomen Geräusch die elementare Grundlage des Business, in dem wir uns bewegen.

Ähnlich meditativ wie in der Stille an sich geht es auf der neuesten Veröffentlichung des Labels Voluntary Whores zu, das allen Drone- und Ambientliebhabern mit der Katalognummer 003 ein C105-Tape – ja, liebe Kinder: 105 Minuten Musik auf einer Audiocassette – des neuen, bislang noch etwas rätselhaften Projektes Nogociella serviert und damit nicht nur extrem tiefenentspannte Musik, sondern zum wiederholten Male auch ein begehrtes Sammlerobjekt liefert. Limitiert auf nur 40 Exemplare weltweit – wie gewohnt in 7Inch-Plastiktasche mit zwei Fotos und einer partiell grenzwertigen Beigabe auf derenWiderlichkeitsfaktor an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden soll. Aber nicht umsonst lautet der Titel „Quando Comincai A Vomitare“ – und ja, es geht ums Kotzen und um andere recht unglaubliche Dinge wie nichtexistente Kirchen und verschwindende Menschen. Auch wenn die Musik für sich allein gestellt das nicht vermuten lässt.

Das genaue Gegenteil zur vorgenannten musikalischen Meditation liefert das österreichische Spezialimprint für hyperkaputte Musik jeglicher Art mit seiner jüngsten Veröffentlichung. Die Rede ist von Micky Napalms “Toxic Elements“, die seit Anfang des Jahres via Hirntrust Grind Media ihre Runden in den eingeweihten Zirkeln dieser Welt dreht. Fies verzerrter IndustrialNoiseHop in toxisch grünem 7Inch-Vinyl mit gewohnt grenzwertigem Coverartwork, das – ebenso wie die Musik – weder für nervenschwache noch für minderjährige Menschen wirklich geeignet ist. Wer allerdings mit einer gesunden Vorliebe für zerfetzte Nervenzellen gesegnet ist, darf an dieser Stelle beherzt zugreifen, denn das „Grind“ im Labelnamen liesse sich auch problemlos durch „Gore“ ersetzen und die Krankheit hat System.

Partiell laut und ungewohnt tanzflächentauglich geht es auf dem ersten Release des neuen Label Raketenbasis Haberlandstrasse zu, auf dem Betreiber und Littlebrutalravebastard Sascha Schierloh in halber LP-Länge unter den Tarnnamen Bidol Cath und Rgyeue DF seiner Leidenschaft für verquasten Techno härterer Grade frönt und seinen legendären Track „Guck Mal Ihre Beinchen An Wie Ein Schwein“ sogar von Industrial-Legende Xotox remixen lässt. Auf der Flipside findet sich dann ein von Michael Nowicki aka Panzerboy666 aka Cosmo Woslowski produziertes Electronica-Medley mit wahnwitzigen 19+ Minuten Spielzeit. Raketenbasis Go!Go! Go!

Eine große Überraschung ist auch das schon im Dezember auf R&S Records veröffentlichte MPIA3-Album „Your Orders“, das nach dem meines Erachtens eher schwachen Neustart des Labels zum ersten Mal wieder eine Form gesunder roher Härte und die damit eng verbundene Ekstase zurück in den Katalog der legendären Plattenfirma bringt. Die sechs Tracks auf Doppelvinyl strotzen mit ihren hochkomprimierten Bassdrums nur so vor Kraft und dekliniert das Thema Acid zwischen reduziert und clubbig-verspult mit Chicago-Einfluß bis hin zum zerstörerischen Bunkerbrecher und bretthartem IndustrialElektro mit kreischenden 303-Linien einmal komplett durch. Völlig unerwartet wartet R&S hier mit dem Mut und der Klasse längst vergangener Tage auf und katapultiert sich mit nur einem Release zurück auf meine persönliche Watchlist. Massivst.