Russlands große Techno-Festivals holen sich Support aus dem Westen. Das gefällt nicht jedem.
Das Outline, das vom 18. bis 24. Juli stattfand, ist eines der führenden russischen Techno-Festivals dieses Sommers. Mehr als ein Dutzend prominenter westlicher DJs folgten dem Ruf des Geldes und traten dort auf.
Ein weiteres Festival für elektronische Musik, das Signal, findet vom 15. bis 19. August in Nikola-Lenivets, südwestlich von Moskau, statt. Auch hier tummeln sich im Line-Up Acts aus allen möglichen westlichen Staaten.
„Alle westlichen Künstler, die dort auftreten, normalisieren den Krieg und das russische Regime“, sagt Maya Baklanova, eine ukrainische Aktivistin, die jahrelang in der Kiewer Musikszene tätig war.
Baklanova stelle fest, dass immer mehr westliche DJs, angelockt durch die, wie sie sagt, hohen Gagen, bereit seien, in Russland aufzutreten. „Ich sehe einen totalen Mangel an Bewusstsein, Ignoranz und Gier bei einigen in der elektronischen Szene.“
Der deutsche DJ AtomTM, auch bekannt als Atom Heart, bezeichnet die Kritik an seinem Auftritt in Russland als „Hetzkampagne“. „Ich halte mich für einen zutiefst un- oder besser gesagt trans-politischen Menschen.“
Vor vielen Jahren habe er beschlossen, den Weg zu gehen, durch Musik echte menschliche Verbindungen herzustellen. „Im Gegensatz zur Politik, die ein Modus der Trennung ist, habe ich mich für die Musik entschieden, die ein Modus der Vereinigung ist“, so der DJ auf seiner Website.
Leere Worte, bedenkt man, dass es für den Kreml wichtiger denn je ist, zu demonstrieren, dass westliche Künstler immer noch bereit sind, nach Moskau zu reisen und so zu spielen. „Als ob nichts passiert und Russland nicht isoliert ist“, sagt Baklanova und verweist auch auf Rapper Kanye West.
Einige der vom Observer kontaktierten DJs verteidigten ihre Teilnahme an Outline mit dem Argument, dass Kunst und Musik über die Politik hinausgehen und als Brücke zwischen den Kulturen dienen sollten, selbst in Zeiten des Konflikts.
Ignorieren tun sie dabei allerdings, dass Russland gegen unabhängige Musik, Theater und Medien vorgeht und diese staatlich kontrolliert werden. Kurz gesagt: es herrscht Zensur. Unzählige Künstler haben das Land deshalb bereits verlassen müssen.
„Outline ist kein Underground-Festival der Gegenkultur, das sich offen gegen den Krieg wendet“, sagt Baklanova und verweist auf die Sponsoren der Veranstaltung. „Die teilnehmenden ausländischen DJs senden ein falsches Signal an alle russischen Antikriegskünstler, die im Gefängnis sitzen oder nicht nach Russland zurückkehren oder dort auftreten können.“
Zu den deutschen Acts, die von den Veranstaltern im Line-Up aufgeführt zählen u.a. auch ASA, The Waves aka Maayan Nidam, Natalie Ann aka Blackmoon77, Mick Wills, Federico Molinari (Argentinier mit deutschem Pass) und Thomas Melchior.
Hier einige weitere Künstler aus dem Westen, die in Russland auftreten oder dies noch tun werden:
Nuir, Cabanne, Sacha Mambo, Doubting Thomas (alle aus Frankreich)
A.G (Belgien)
Daniel Bell (USA)
Giovanni Verrina, Gaja (beide aus Italien)
Gianni (Chile)
Manuel Cotta, Helio, Tiago (alle drei aus Portugal)
Mihael Simic (Schweiz)
Piticu, Prichindel (Rumänien)
Magda (Polen)
San Proper, WNDRLST (beide Niederländer)
Nenad Marković (Serbien)
Bad Zu (Spanien)
Aoki Takamasa (Japan)
Diaki (Mali)
Tengger (Süd-Korea)
Elias Sternin (Uruguay)
Hayk Karoyi (Armenien)
Quelle: The Guardian
Das könnte dich auch interessieren:
Solidarität mit der Ukraine: Keine russischen Acts auf dem Sziget Festival