
Der aus Indonesien kommende Xin Lie ist sicherlich kein gewöhnlicher Künstler. Von Hardcore-Punk über traditionelle sundanesische Darstellungskünste hin zur elektronischen Clubkultur, in der die Elemente aus den vorherigen Subkulturen mit einfließen, verwirft die Musik Xin Lies Konventionen und erschafft damit einen experimentellen, industriellen Charakter mit starker Individualität – was im Debüt-Longplayer des DIY-Musikers zur Geltung kommt.
Diannov Pamungkas, so der bürgerliche Name des Produzenten und DJs Xin Lie, stammt aus dem Hochland der indonesischen Stadt Bandung, in der Provinz West-Java. Mit dem dort ansässigen DJ-Kollektiv C*SSS moderierte er zunächst Radiosendungen und gab sein Debüt als DJ schließlich auf Hardcore-Punk-Shows, die er schon seit Kindheitstagen kannte. Auf seine Kindheitstage bezogen sich auch spätere Aufführungen von Reak / Kuda Renggong, einer regionalen Darstellungskunst, die eine Reitergruppe involviert. Anschließend lebte Xin Lie sein künstlerisches Potenzial anhand von speziellen Ledertrommeln aus, sogenannten Dogdog. Seine eigene Drum-Spielart sampelte er daraufhin und verband diese mit Club-Sounds – der heutige Werdegang Xin Lies in die Clubkultur war geboren.
Das Resultat offeriert uns das Ausnahmetalent auf seinem Debüt-Album, das gut vier Jahre nach den ersten EP-Releases erscheint. Raue, industruelle, elektronische Club-Sounds treffen auf Punk-Elemente und ausgefeilte Rhythmik. Hypnotisch, experimentell, anders.
Es ist das Ergebnis einer Zeit, die durch eine Informationsflut übersättigt ist. Das Werk versteht Xin Lie als Auffangbecken dieser modernen Welt, in der sich Moderne und Tradition verbinden – so wie in Xin Lies Heimatstadt und seinen verschiedenen künstlerischen und musikalischen Einflüssen der Vergangenheit. Oder wie die Kulturanthropologie sagen würde: die Globalisierung ist an jedem Punkt lokal – Glokalisierung. Wie es in Indonesien auch mit westlichen Fernsehserien an vielen Orten im multikulturellen Indonesien ist, die auf eine eigene Weise in einem eigenen kulturellen Kontext mit westlichen Inhalten konsumiert werden, so rezipiert und produziert Xin Lie auch anscheinend elektronische Musik und die Clubkultur auf seine ganz eigene Art. Der Output: extrem spannend.
Neben den bereits erwähnten Elementen fügt der Künstler auch akustische Elemente aus dem Alltag mit ein, wie etwa Gesprächsschnipsel oder Umgebungsgeräusche. Xin Lie erschafft damit ein Album, dass sich irgendwie für den Dancefloor eignet und irgendwie auch nicht – eine authentische, künstlerische Eigeninterpretation, die verschiedenste Einflüsse zusammenbringt und daraus etwas Neues entstehen lässt.
Xin Lie über sein Debüt-Werk: „Da die meisten von uns heute in einer informationsgesättigten Welt leben, fühlt sich dieses Album wie eine Reflexion darüber an, wie die moderne Welt klingen könnte, wenn sie ihr eigenes Chaos durch einen einheitlichen Schrei verarbeiten würde….Stellen Sie sich Folgendes vor: Sie bewegen sich durch Ihre täglichen Routinen – alltäglich, sich wiederholend – und plötzlich verändert die Musik Ihre Perspektive. Sie macht das Gewöhnliche zu etwas Surrealem, als würde es sich in Echtzeit selbst dekonstruieren, in Fragmente zerfallen oder völlig neue Formen hervorbringen.“ (aus dem Englischen übersetzt)
Hier könnt ihr bereits in einzelne Tracks des Albums reinhören und das Werk digital oder als Vinyl vorbestellen:
Tracklist „Xin Lie“
- DAWUH
- NGALENGKAH
- TUMUWUH
- NYEUNGEUT LAUT
- PAPAIT NU AMIS
- LIMPEUR
- MIRENG LEUWEUNG
- PARAT
Das Album „Xin Lie“ von Xin Lie erscheint am 27. Januar 2025 via Dance Data.
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