Zeltak – Vom Lehrerpult zum DJ-Pult

Zeltak – Vom Lehrerpult zum DJ-Pult

Wer seinen erst fünften professionellen Gig vor einer Crowd von 20.000 Menschen spielt, der muss eine Menge richtig gemacht haben. Die Rede ist vom Paderborner Hard-Techno-Durchstarter Tobias Ebel alias Zeltak. Der jüngst von Reinier Zonneveld in den höchsten Tönen geadelte DJ und Produzent nimmt mit seinem Label Revised Records in aller Regelmäßigkeit die Beatport-Charts auseinander und releast in einer beeindruckenden Frequenz Banger für Banger, die auf gefeierten Imprints wie Suara oder Filth on Acid landen. Nach rund einem Jahr haben wir Zeltak erneut zum Interview getroffen.

Hi, Tobi. Seit unserem letzten Gespräch hat sich bei dir eine Menge getan. Du spielst mittlerweile regelmäßig Gigs und richtest den Fokus nicht mehr ausschließlich aufs Producing. Wie kam es zum Sinneswandel?

Ich habe mir Gedanken gemacht und bin zu dem Entschluss gekommen, das Auflegen nochmal mit frischem Elan anzugehen. Tatsächlich hat sich die Freude dann von Gig zu Gig gesteigert und ich bin sehr glücklich über meine Entscheidung. Da waren einige Momente dabei, die mir gezeigt haben, dass ich gerade am richtigen Ort bin. Zudem haben sich auch meine alltäglichen Umstände geändert.

Definitiv. Du warst damals mitten im Referendariat an einer Schule und hast dich letztlich für die Musik und gegen eine Laufbahn als Lehrer entschieden. Wie schwer ist dir dieser Schritt gefallen?

Das Referendariat war nichts für mich. Ein veraltetes und realitätsfernes System hat sich für mich einfach nicht richtig angefühlt und auch mein Körper hat mir klare Signale gesendet. Der Abbruch war folglich die logische Konsequenz und gewissermaßen erzwungen. Es war keine Entscheidung gegen eine Lehrerlaufbahn, sondern viel mehr gegen das Referendariat. Ich arbeite derzeit nebenbei als Grundschullehrer und unterrichte Sport an einer kleinen Privatschule.

Im Nachhinein lässt sich resümieren, dass dies wohl die richtige Entscheidung war. Das sieht man auch am Erfolg deiner Releases.

Absolut, ich habe noch keine Sekunde an der Entscheidung gezweifelt, und alles fühlt sich sehr natürlich an. Eine Woche, nachdem ich mein Referendariat abgebrochen hatte, kam ich in Kontakt mit Reinier Zonneveld und auch darüber hinaus haben sich mir viele weitere Türen geöffnet: ein Release auf Suara, das Opening-Set beim Free Your Mind x Kingsday und meine herzliche Aufnahme bei Filth on Acid, wo ich Teil der neuesten „Stamp Collection“ sein durfte.

Zonneveld scheint sehr große Stücke auf dich zu halten. Das betonte er zuletzt nochmals in einem Interview mit „Mixmag“. Wie sieht eure Zusammenarbeit derzeit aus?

Aktuell planen wir ein Treffen in seinem Studio, um Projekte zu finalisieren und neue Tracks zu produzieren. Darüber hinaus darf ich auf dem Karren Maar Festival spielen, wo Reinier versucht, einen Weltrekord für das längste Live-Set aufzustellen, und auch auf Filth on Acid tut sich etwas. Hier sind weitere Zeltak-EPs geplant.

Du hast es eingangs bereits erwähnt: Zonneveld war es auch, der dich auf das Free Your Mind x Kingsday Festival in Breda lotste. Zusammen mit deinem Label-Buddy Stan Christ hast du dort das Opening vor über 20.000 Menschen gespielt. Ist das dein bisheriger Favorit unter deinen Gigs?

Das war definitiv eine Erfahrung. Ich war sehr aufgeregt, da ich zu diesem Zeitpunkt erst vier Gigs gespielt und noch nie vor so vielen Menschen aufgelegt hatte. Das war schon ziemlich überwältigend. Mein Lieblingsgig war allerdings in der Rotunde Bochum auf der Escape-Veranstaltung. Die Energie in einem Boiler-Room-Setup ist eine ganz andere Geschichte, als wenn man auf einer riesigen Bühne meilenweit von der ersten Reihe entfernt steht.

In den letzten Wochen und Monaten konntest dir einen ersten echten Eindruck von der Hard-Techno-Szene machen. Wie lautet dein Fazit?

Es ist deutlich entspannter, als ich es erwartet hätte, da die meisten Künstler*innen und Veranstalter*innen ein ähnliches Mindset teilen. Dennoch gibt es Szenarien, in denen sich die Beteiligten gegenseitig eher destruktiv beeinflussen. Ansonsten habe ich aber nicht viel zu meckern. Ich freue mich immer sehr darauf, die unterschiedlichen Artists und Teams kennenzulernen.

Wie nimmst du die Entwicklung des Genres wahr? Man spricht heutzutage ja gern vom sogenannten „New School Sound“. Kannst du das für uns ein bisschen ausdifferenzieren?

Auch ich würde mich zu dieser Kategorie zählen. Der „New School Sound“ ist für mich durch eine Mischung aus Hard-Techno und anderen Genres gekennzeichnet. Insbesondere tranceartige 16tel-Bässe sind gerade stark im Kommen. Carv hat mit seiner „Say My Name EP“ sicherlich zu dieser Trendwende beigetragen. Darüber hinaus werden aktuell viele Hardcore- und Hardstyle-Samples benutzt, um für zusätzliche Härte und ordentlich Punch zu sorgen. Auch Elemente aus Drum & Bass und Breakbeat tauchen immer häufiger auf.

Was braucht deiner Meinung nach ein guter Rave?

Ich feiere es, wenn es eine Art musikalische Reise gibt, also viel Variation, auch zwischen den Genres. Den ganzen Abend nur ein Genre zu hören, wird mir manchmal etwas zu eintönig. Eine Mischung aus Groove, Hard-Techno und Trance ist für mich perfekt, idealerweise auf verschiedenen Floors. Viel wichtiger sind aber die Menschen auf dem Rave. Rücksicht, Respekt und ein Gefühl von Miteinander sind die Grundpfeiler für eine geile Party. Nur so entsteht das nötige Gefühl von Sicherheit, um die Nacht richtig genießen zu können.

Und was geht gar nicht?

Einige Dinge, die im normalen Cluballtag häufiger auftreten, sind für mich absolute No-Gos. Es ist ein Rave und keine Brunft. Niemand möchte ungefragt angefasst oder angegafft werden. Unverantwortlichen und übertriebenen Konsum sehe ich ebenfalls sehr ungern.

Im Juni hast du dir eine kleine Auszeit genommen. Wie nutzt du die freie Zeit?

Ich produziere so gut wie jeden Tag, mir wird also nicht langweilig. Ende Juni geht es für mich als Besucher zum Fusion Festival und ansonsten heißt es: Sport, Sport, Sport und viel Zeit mit den Liebsten verbringen.

Die Rückkehr hinters Pult erfolgt dann in Form eines echten Krachers – auf der Rave-The-Planet-Parade in Berlin. Erzähl uns mehr.

Mit Rave The Planet geht ein kleiner Wunsch in Erfüllung, besonders weil es erst mein neunter Gig sein wird. Ich werde dort auf dem Wagen der HIVE-Crew spielen, für die ich bereits auf einer Party in Bochum aufgelegt habe. Im Anschluss kam dann die Anfrage für die Parade und ich war natürlich sofort dabei. Vielen Dank an NOTMYTYPE dafür! Ich glaube, es wird scharf. Eine kleine Überraschung habe ich auch mit im Gepäck. Zudem freue ich mich, einige Bekannte aus Berlin zu treffen und diesen Moment mit ihnen zu teilen.

Steil voran geht es auch mit deinem Label Revised Records …

Das Label ist derzeit echt am Eskalieren. Wir sind auf Beatport das erfolgreichste Hard-Techno-Label der letzten drei Monate und belegen über den Zeitraum der letzten zwölf Monate sogar den zweiten Platz. Gerade Hits wie „Trepidation“ von Stan Christ oder „Say My Name“ von Carv tragen einen maßgeblichen Teil dazu bei. An dieser Stelle auch ein Shoutout an Per Pleks, der uns mit Bangern versorgt. Revised ist eine echte Herzenssache.

Ein abschließender Ausblick auf den Rest des Jahres?

Die Reise in der nächsten Zeit wird spannend. Ich bin erst kürzlich dem Roster der Phantom Booking Agency beigetreten und komme somit zum ersten Mal in den Genuss professioneller Unterstützung. 2024 wird zudem unsere erste Revised-Labelparty im Complex Maastricht stattfinden.

Zeltaks „Getting Close“-EP ist am 23. Juni auf Suara erschienen.

Aus dem FAZEmag 137/07.2023
Text: Hugo Slawien
www.instagram.com/zeltak_techno