20 Jahre Watergate! Im Interview mit Ulrich Wombacher

Eine der beliebtesten Berliner Clubinstitutionen feiert ihr 20-jähriges Bestehen: Das Watergate! Seit seiner Gründung im Jahre 2022 befindet sich der Club stets am Puls der Zeit, balanciert geschickt zwischen Tradition und Moderne, und tischt uns nicht zuletzt Woche für Woche fabelhafte Line-ups auf, die das vielfältige Musikprogramm des Watergate untermauern. Wir haben mit dem Mitbegründer Ulrich Wombacher gesprochen.

Hallo Uli! Anlässlich des Jubiläums habt ihr euch eine ganze Menge einfallen lassen: Es gibt Partys, Compilations und reichlich Mode sowie Accessoires. Gebt uns doch mal einen kurzen Überblick über die Highlights.

Wir haben das 20-jährige Jubiläum des Clubs schon im Sommer mit einem zweitägigen Open Air eingeläutet. Die Open Airs waren immer fester Bestandteil unseres Jahresplanes und gerade im Hinblick auf den damals noch  sehr unsicher erscheinenden Herbst wollten wir die warme Jahreszeit bei gutem Wetter nutzen und es traditionell am Sage Beach krachen lassen. Dann kamen die ersten Clubevents an den Wochenenden hinzu. Mit Laurent Garnier und Charlotte De Witte ging es los, Recondite und Maceo Plex folgten, heute ist es Acid Pauli, der den runden Geburtstag gespielt und in den nächsten Wochen kommen noch Solomun, Anja Schneider und Sven Väth als Specials hinzu. Um den Jahreswechsel haben wir dann auch noch ein paar Überraschungen geplant. International waren und sind wir ebenfalls sehr aktiv und hatten 20 Jahre Stages auf diversen Festivals, wie Exit, Tomorrowland, Pangaea sowie eine Reihe an Showcases weltweit. Da sind natürlich viele Künstler und Künstlerinnen aus dem engsten Watergate Umfeld dabei, von Biesmans über JAMIIE, Kristin Velvet, DJEFF, Adana Twins, WhoMadeWho usw…Es war ein schöner Sommer!

Auf Watergate Records erscheint, wie auch die runden Geburtstage (10. und 15.) zuvor, eine limitierte Compilation mit exklusiven Tracks befreundeter Künstler und wir launchen im November unsere 20 Jahre Kollektion in Kollaboration mit  dem Berliner Streetwear Brand Irie Daily.


Wir blicken zurück auf den 26. Oktober 2002 – das Watergate eröffnet. Wie ist die Idee zum Club entstanden und wie waren die Anfänge?
Wir waren damals keine Neulinge in Sachen Musik, hatten schon jahrelang Events in Off Locations oder Clubs wie dem WMF gemacht. Unter dem Namen hard:edged waren wir, damals in anderer Konstellation, schon bekannt und hatten ein gewisses Following. Allerdings hatten wir null Erfahrung in Sachen Clubbetrieb und mussten erst schmerzvoll lernen, was es beutetet einen Laden regelmäßig und mit Konstanz zu bespielen. Die Idee zum Club kam eigentlich, als das damalige WMF mal wieder umziehen musste und auch unsere Zukunft in diesem Club nicht mehr sicher war. Eine neue Location musste irgendwie her. Die Idee, gleich einen ganzen Club aufzumachen erscheint aus heutiger Sicht sinnvoll, damals war es ein irre Idee und ein Wagnis.

Hat sich an eurer musikalischen Ausrichtung in den letzten 20 Jahren etwas verändert? Wie würdet ihr den typischen Watergate-Sound beschreiben?

Wir haben uns immer als Spiegel der aktuellen Trends in elektronischer Tanzmusik begriffen. Früher war das sehr klar und soundtechnisch viel näher beieinander. Heute hat sich die Musik und die Szene soweit entwickelt und in Stilen aufgefächert, dass unser Programm sich entsprechend auch breiter aufstellen kann. Watergate Sound ist immer tanzbar, nie zu verkopft, anspruchsvoll im Sound, positiv im Gesamten, wie ein gutes Essen in etwa. Danach bist du satt, glücklich und ohne Bauchweh.

Foto: GoodBy Productions

Was denkt ihr, ist das Faszinierende am Watergate? Rein optisch setzt man sich ja durchaus vom typischen Berliner Techno-Club ab, oder?

Nun, wir sind damals angetreten, um etwas Neues zu wagen. Typisch Berlin hatten wir schon in den Neunzigern zum Genüge erfahren und gelebt und es sollte anders werden. Weg von den Zwischennutzungen, raus aus den Kellern, hin zu einer Location, die auch „Berlin“ ist, aber halt mal aus einer anderen Perspektive und mit neuen Ansätzen. Auch Club braucht Veränderung und für uns war es ein optimaler Weg in eine Situation, in der wir uns ganz der Kunst widmen konnten und nicht ständig mit Existenzsorgen zu kämpfen hatten. Die kamen dann später auch wieder, aber so ist es wohl nunmal. Watergate ist ein Experiment, daß es geschafft hat international Anerkennung zu finden mit seinem Konzept. Wir haben sehr früh die Notwendigkeit einer immersive Lichtinstallation in unserer Location erkannt und mit dem Team und den Jungs von Room Division die LED Decke „erfunden“. Das hat uns sicher speziell gemacht. Irgendwo haben wir da zu einer Zeit einen Trend gesetzt, wo andere noch Scheinwerfer mit Glühbirnen an die Decke geschraubt haben. Das macht uns in Kombination mit der verglasten Front und dem Blick und den Reflexionen auf der Spree schon unverwechselbar, zu einem Original. Daneben haben wir immer viel Wert auf ein vielfältiges, qualitativ hochwertiges und international relevantes Programm gelegt. An diesem Anspruch haben wir seit 20 Jahren nichts geändert und sehen es auch als unbedingtes Muss für einen Club unserer Reichweite mit dem Anspruch auf kulturelle Relevanz.

Während der Clubschließungen wart ihr Vorreiter im Bereich Virtual Clubbing. Wie fällt euer Resümee zu diesem Projekt/Versuch aus und: Mit welchen Ambitionen seid ihr in den Neustart gegangen?

Wir haben mit Freunden gemeinsam damals eine Platform gebaut, die das Potential hatte mehr als nur „Stream“ zu sein. Schon kurz nach den pandemiebedingten Schließungen entwickelt sich ja eine wahre Streaming-Manie. Ob es nun aus Wohn- oder Schlafzimmern oder leeren Clubs kam, überall mangelte es am interaktiven Erlebnis zwischen den Zuschauenden. Im Club geht es ja auch sehr viel darum ein Miteinander zu erleben. Die Musik ist wichtiger Bestandteil, aber halt auch nicht alles. Dieses soziale Element haben wir bei YWO (so hieß die Plattform) versucht mit Chatrooms, Türstehern, die auf die Etikette achten und anonyme Belästigungen ahnden, einem virtuellen Austritt auf der Terrasse oder privatem Stelldichein auf dem Klo, zumindest annähernd abzubilden. Es hat erstaunlich gut funktioniert, aber konnte im Ergebnis dem Cluberlebnis nicht nahe genug kommen. In dem Moment, wo Menschen in real zusammentreffen könne wählen sie immer diese Option. Unter Pandemiebedingungen und mit geschlossenem Club war es dennoch eine schöne Erfahrung und ein Ausflug in etwaige Möglichkeiten der Zukunft, wäre aber in der Weiterentwicklung einfach zu aufwendig und kostenintensiv gewesen. Als wir wieder öffnen konnten war die Idee bereits im Regal der „unfinished projects“ abgelegt.  Den Versuch unternommen zu haben und die Erfahrungen und Lehren hieraus wollte ich aber nicht missen.

Von links nach rechts: Die Watergate-Gründer Ulrich Wombacher, Niklas Eichstädt und Steffen Hack – Foto: Marie Staggat

Die „Watergate 20 Years“-Compilation erscheint am 25. November.

www.water-gate.de

Beitragsbild: Tina Dubrovsky

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